MK ZWO: Welche Chancen hast Du in Frankreich zu bleiben beziehungsweise welche Möglichkeiten gibt es für Dich wieder nach Deutschland zu kommen?
Afro-Hesse: Auf jeden Fall ist Hessen meine Heimat, dort leben alle Menschen, die mir etwas bedeuten: Meine Familie, die ich nicht mehr sehen kann. Meine Freundin, die ich alleine lassen musste. Und alle meine Freunde. Das ist alles so schrecklich und eine große emotionale Last. In Frankreich lebe ich jetzt illegal, weil die deutschen Behörden meinen Pass nicht rausrücken wollten. Die sagten mir, dass ich den Pass erst bei meiner Ausreise nach Algerien wiederbekomme. Aber was soll ich dort? Da war ich 13 Jahre nicht und habe überhaupt niemanden dort. Ich kann dort nicht über die Runden kommen, da ich kein Geld und kein Job habe. Im Prinzip wollen dort eigentlich alle weg, da ein Menschenleben nichts zählt. Wenn in Afrika ein Mensch getötet wird, ist das ungefähr so, als ob ein Insekt gestorben ist. Es interessiert einfach niemanden. In so einem Land kann und will ich nicht leben. Ich brauche meine Freiheit und so etwas gibt es da unten leider nicht. Der Krieg mit Frankreich liegt jetzt fast 40 Jahre zurück und Algerien hat seine Unabhängigkeit gewonnen. Das heißt aber noch lange nicht, dass jeder Algerier jetzt gut lebt.
MK ZWO: Hättest Du überhaupt eine Chance aus Algerien wieder ausreisen zu können (zum Beispiel nach Frankreich) oder würdest Du dann dort festsitzen?
Afro-Hesse: Erstens: In Algerien habe ich niemanden. Zweitens: Auf mich warten dort zwei harte Jahre Militärdienst. Noch viel schlimmer ist, dass ich die Sprache nicht lesen und schreiben kann. Nach dem Militärdienst heißt es dann verrecken, weil ich niemals wieder ohne Beziehungen aus Algerien ausreisen kann. Und wie soll man auch Beziehungen haben, wenn man 13 Jahre nicht mehr dort war?
MK ZWO: Was ist für die Zukunft geplant?
Afro-Hesse: Ein algerisches Rapalbum, ein deutsches Rapalbum, ein deutsch-französisches Ragga Album und ein internationaler Sampler. Außerdem werden öfters Lieder von mir mit guten Gästen im Internet zum Download bereitstehen (
www.afro-hesse.de, www.dacity.net und
www.mkzwo.com). Geplant ist des weiteren ein Video zu „Danke Deutschland Remix“.
Eine Liveband mit dem Namen Famile Roots habe ich auch gefunden. Wir haben schon öfter Shows zusammen gehabt. Es ist einfach genial dazu auf deutsch zu kicken - die Leute hier lieben es einfach. Am 8.1.2004 bin ich beim Fernsehkanal arte. Die haben mich bei einem Battle gegen einen französischen Ragga MC entdeckt, weil ich auf deutsch gerappt habe.
MK ZWO: Wie steht Dein jetziges Umfeld generell zu deutschen Rap?
Afro-Hesse: Für mich war es als deutscher Act schon immer ein Traum in einem anderem Land zu rappen. Aber das gerade die Franzosen so auf deutschen Rap abfahren, hätte ich nicht erwartet. Leider kennen die Franzosen nicht viel, nur bekannte Leute wie Samy Deluxe, weil die auf MTV laufen. Ich habe denen dann andere Sachen gezeigt und sie waren geflasht. Die Franzosen haben es im Übrigen sehr schwer mit dem Flow – es ist wirklich schwer einen guten Flow zu haben, wenn man Franzose ist. Dennoch gibt es viele dope MCs hier – eigentlich sau viele!