Also, tut mir leid, ich hab in meinen Abi-Zeiten privat den Faust gelesen, ja, auch den zweiten Teil, und muss sagen, dass sowohl sprachlich, als auch inhaltlich das Werk ein Meisterwerk ist. Dies lässt sich sicher nicht über all seine Werke sagen, ein kitschiger Werther, oder die langweiligen Wahlverwandschaften sind nicht unbedingt das Gelbe vom literarischem Ei, aber nichtsdesdo Trotz sehr gut geschrieben. Von seinen Gedichten will ich besser gar nicht erst anfangen, nimmt sonst kein Ende mit den Lobpreisungen.
Fab, alter Literaturexperte, was hat es mit den Gerüchten auf sich, Goethe selbst hätte sehr schäbig geschrieben, sein Verleger und Lektor hingegen seine Werke stets mit letztem Schliff versehen? Ich hab in meiner Ausgabe von Wilhelm Meisters Wanderjahre ein recht langes Nachwort, wo das handschriftliche Skript genauestens analysiert wird, daraus geht eigentlich hervor, dass nur wenige Wörter und nur eine Hand voll Sätze von seinem Verleger überarbeitet wurden und das stets mit Goethe in Absprache.
Das Argument, Goethe würde so gelobt werden, weil er so alt wäre und daher eine grössere Hinterlassenschaft habe, ist Stumpfsinn. Ja, Goethe war alt, aber bereits in seinen jungen Jahren war er ein anerkannter und grosser Dichter, Napoleon verneigte sich vor ihm, als er Deutschland erobert hatte, und er war lange vor dem Schreiben eines Faust I+II als der wohl grösste Autor anerkannt. Die Grösse der Hinterlassenschaft hat keinerlei Relevanz für den Wert eines Dichters, damals wie Heute nicht, meine Hesse-Sammlung, sowie meine Tolstoi-Sammlung sind nicht weniger gross als die Werksammlung von Goethe, die bei mir lagert, ein Balzac hat wesentlich mehr geschrieben in sehr viel kürzerer Zeit, was ihm eher zum Laster wurde, denn zum Segen, denn wer kennt Heute wie damals schon sämtliche Werke von Balzac? Ein Heinrich von Kleist hat wesentlich weniger geschrieben als die genannten Herren, dennoch haben seine Werke nach wie vor einen hohen Wert und er ist als Dramaturg und Autor einer der Grössten in Deutschland.
Möchte man Goethe vergleichen, dann bitte nicht mit Schundautoren wie Lovecroft oder Stuckrat-Barre. Da zieht lieber einen Dostojewski, einen Balzac, einen Tolstoi oder Dumas heran. Aus dem deutschen Raume gibts dann höchstens noch Lessing, Schiller (den älteren), Ludwig Tieck, Hebbel und Konsorten, die man mit Goethe irgendwie vergleichen könnte. Aber da kommen nur wenige ran. Tieck in seiner "Verkehrten Welt" vielleicht und Schiller mit seinen späteren Gedichten. Der wohl einzige, den man mit Goethe gleichstellen könnte, ist Shakespear, den sogar Goethe in seiner Zeit sehr bewundert hat, obwohl er ihn anfangs recht kritisch gegenüberstand.
@Hakan: Der Syntax der Verse in Faust ist eigentlich sehr leicht lesbar und weisst nur wenige Lücken auf. Hör Dir mal die Aufnahme der Inszenierung mit Gründgens als Mephisto an, wenn Du Schwierigkeiten hast die Verse zu lesen.
Man darf nicht vergessen, dass Faust ein Theaterstück ist, ich hatte beim Lesen keine Probleme damit.
Naja, naja, einige mögen die klassische Literatur halt, andere können damit nichts anfangen. Sie aber rigoros abzuwerten ist relativ schwach, man nimmt sich dann doch recht viele Bildungswege im Vorfeld.
PEACE!!!