Als mir eines Tages beim Öffnen des Kühlschranks die Banane entgegenkam, mir vor mein Schienbein trat, mich bespuckte und wegrannte, da dachte ich so bei mir, dass es mal wieder Zeit wäre einzukaufen. Also habe ich mir einen Einkaufszettel geschrieben, mit Sachen, die ich unbedingt benötige.
Ich machte mich auf zu meinem Automobil Marke Opel, um zum Supermarkt meines Vertrauens zu fahren. Die Sonne schien arabeskenzart durch das Blätterdach der vor mir sich aufbauenden Kastanienallee, die Vögel zwitscherten ihr lieblichstes Lied, der Duft der Freiheit durchströmte meinen Laib und die Vorfreude auf meinen Einkaufstag und der damit verbundene Genuss der erworbenen Köstlichkeiten steigerten meine Laune bis zum maximal Erreichbaren. Schon von weitem ortete ich den imaginären Heiligenschein über den Ort, der, klimatisiert, für mich den Himmel an Delikatessen symbolisierte.
Dort angekommen gestaltete sich das Suchen nach einem geeigneten Parkplatz schwieriger als zunächst angenommen. Mein ruhiges Gemüt ließ es nicht zu, dass ich, ähnlich wie die anderen Parkplatzsuchenden, raubtierhaft mein zuvor anvisiertes Revier zu erobern und zu verteidigen suchte. Eine halbe Stunde und etliche Stinkefinger später, hatte ich einen Parkplatz direkt vor dem Wareneingang des Discounters ergattert. Wie schön. Ich ging also guter Dinge zum überdachten Abstellort für Einkaufswagen und erfreute mich allerbester Laune. Die weiche Tönung des Sonnenstrahls kitzelte meine Seele und umschleierte meine Silhouette, so dass ich, im fieberhaften Rausch der Seichtigkeit, die Erhabenheit des Moments in sättigenden Tränen zu würdigen wusste. Mit dem rollenden Gefährt ging es nun Richtung Schiebetür, die den Eintritt in das Lebensmittel-Mekka darstellte.
Als ich den Wagen unter der Sperrung am Eingang schob, bemerkte ich eine Anomalie an der rechten vorderen Rolle. Auf den Pflastersteinen vor dem Supermarkt ist mir das nicht aufgefallen, wie ärgerlich. Also inspizierte ich die Rolle zunächst visuell und versuchte dann fachmännisch den Fehler zu beheben, in dem ich sanft daran rüttelte. 2 Sekunden später hatte ich das Dingen in der Hand. Wow, dachte ich mir, und begutachtete das Herstellungsland auf dem sich an der Unterseite befindlichen Produktionsaufkleber, Turkmenistan ´52. Nun ja, dachte ich, hol ich mir halt einen Neuen. Ich drehte also den Wagen um 180 Grad und versuchte auf demselben Wege, durch den ich in dieses Einkaufs-Etablissement gekommen bin, wieder zum Einkaufswagen-Sammelplatz zurückzugelangen. Mit recht schneller Geschwindigkeit versuchte ich die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Dabei machte ich die Entdeckung, dass sich die orangenen Kunststoff-Absperrungs-Begrenzer nur in eine Richtung drehen lassen. Physikalisch gesehen bewegte sich mein Körper mit 15 km/h in positive x-Richtung, mein Wagen jedoch stoppte mit 150 m/s2, so dass ich ungehemmt und ungebremst in meinen Wagen lief und mir die Griffstange in den Magen rammte. Nachdem ich mir nun die Blutkruste durch das eben Erbrochene vom Mundwinkel abgewischt habe, konnte der Einkaufsspaß beginnen.
Was stand also als erstes auf meinem Einkaufszettel: Buttermilch! Geschwind beförderte ich meinen Krüppel-Wagen zur Kühlabteilung. Schon von weitem erblickend, konnte ich den Buttermilch-Becher ausselektieren, den ich mit nach Hause nehmen würde. Dort angekommen, nahm ich ihn entschlossen aus dem Kühlfach und wirbelte ihn meiner Laune entsprechend umher, als sei ich ein Jongleur des legendären Zirkus Krone. Tja, der Becher war undicht. Die Hälfte des Inhalts lief mir fröhlich den Arm runter, während die andere Hälfte sich auf meinem Shirt breit machte. Wenn wir mal ehrlich sind, dann ist der Geschmack von Buttermilch zwar deliziös, der Geruch aber hingegen bestialisch. Dementsprechend erfreute ich mich des bei sommerlichen 35 Grad im Schatten fröhlich gedeihenden Gestankes. Ich stellte den entleerten Becher zurück ins Regal und entnahm einen Neuen, vorher aber genau nach ähnlichen Merkmalen betrachtend.
Als ich nun wieder meinen Einkaufs-Navi zu betrachten anfing, erblickte ich aus dem Augenwinkel eine ältere, leicht schrullige Dame mit ihrem Wagen auf mich zu rollen, dabei nach links zu den Tiefkühlprodukten schauend. Wie süß, dachte ich mir, und wendete mich wieder des Studiums meiner Einkaufs-Tour zu. Kaffee, aha! Die Omi war indes weiterhin frontal auf dem Weg zu meinem temporären Standort, was mich, ehrlich gesagt, ein wenig nervös machte. „Die wird mich doch sehen? Aber sicher doch! Wie oft kommt es denn in solchen Stätten vor, dass man mit den Einkaufswagen kollidiert?“, beruhigte ich mich selber. Das alte Mütterchen bestätigte meine Theorie, in dem sie, kurz bevor es zu einer Berührung gekommen wäre, meinen Wagen geschickt umkurvte, wie ich es natürlich auch vernunftgemäß angenommen habe, um aber dann direkt ohne Umwege in meine Hacken zu rasen. „Oh, junger Mann, das tut mir leid, ich hab sie einfach nicht gesehen“, entschuldigte sich die alte Schachtel sofort. Wie konnte ich ihr böse sein? Der Schmerz ging ja im Nachhinein auch nach 2 Wochen von alleine weg. So etwas passiert schon mal im gehobenen Alter. Ich sagte der kurz vor dem Tode Stehenden, dass das nicht weiter schlimm sei und setzte meine Route fort. Der Kaffee war mein neues Ziel.
Dort angekommen, nahm ich mir den Kaffee von der Palette, dabei aus Fehlern lernend und die Packung nach Defekten absuchend. „Wie soll denn bei Kaffee…? Na ja, Schwamm drüber“, dachte ich mir mit der einen Hand vor dem Kopf schlagend und mit der anderen die untere Magengegend massierend, die sich, aufgerufen durch den Wagenunfall, wieder negativ meldete, und beobachtete einen kleinen Jungen, der, dabei mich beobachtend, seiner Mutter etwas ins Ohr flüsterte. Kaum war ich mit meinem Mobil auf gleicher Höhe, da schallerte mir die Mama des Jungen so eine, dass ich rückwärts taumelnd in die Mais-Kidney-Bohnen-Konserven lief. Ich vernahm nur noch ein „Sie Schwein!“, ehe sich mir für einen kurzen Augenblick ein mir bekanntes Gefühl vorstellte, die Übelkeit. Dem Gesichtsausdruck des die Dosen aufsammelnden Mitarbeiters war zu entnehmen, dass dieser schon bis dato einen recht unglücklichen Tag hatte und meine Taumel-Aktion mit aggressiven Blicken kommentierte. Wieder aufrappelnd mit leicht benommenem Sinn verfolgte ich zuerst den Gedanken, der Frau mit ihrem kleinen Arschlochblag hinterher zu jagen, um zu erläutern, was dieser Hieb zu bedeuten habe. Aber ich hatte noch einiges zu erledigen und wollte mir meine immer noch stabil, wie ein Fels in der Brandung stehende, gute Laune nicht dem hooligan’schen Vandalismus einer militanten Prügel-Mutti verderben lassen, die obendrein noch den Anschein gemacht hat, nicht lange fackeln zu wollen.
Also ging die Reise durch die Regale weiter und zwar in Richtung Käse. Den Emmentaler bereits mit den Fingerkuppen fühlend, ertönte eine schon im ersten Ton nervige weibliche Stimme: „Wie können Sie nur?“. Verwirrt erbat ich um Aufklärung. „Käse essen, sie Schwein!“, bekam ich als Antwort. Ich fragte nach ihren Essens-Varianten, weil die mir meine nicht so freakig erschien. Die gerade der Pubertät entsprungene Schabracke antwortete mir: „Die armen Kühe werden von den deutschen Bauern missbraucht. Ihnen wird gewaltsam ihre Milch entnommen, um daraus dann Käse, Joghurts, usw. herzustellen. Das ist eine Schweinerei. Ich bin Veganerin“. Dem geistigen Nonsens nicht mehr folgend verließ ich den Tatort, um mich den Süßigkeiten zu widmen. Einem Gespräch lauschend erhaschte ich von einem kahlen Mann solche Fetzen wie „Ich will nur damit nur sagen, wenn wir sterben, dann sollten Chinesen und Spanier direkt in die Hölle. Dann sind wir alle viel glücklicher.“ Ich schaute mir den Unfall genau an, und stellte fest, dass sich dieser zur Zeit in der Resozialisierung befinden müsste, da er, seinem latenten Aussehen nach zu urteilen, mehr Dreck am Stecken hatte, wie ein Paradeschwein nach der Morast-Dusche und obendrein irgendwie seine Hand als Gesprächspartner fungierte. Mich beim observieren seiner Person ertappend ballte der mit seiner Hand kommunizierende Knochenvaporisierer seine Faust und streckte den Daumen in die Höhe, um ihn dann an seinem Hals von links nach rechts zeitlupenartig entlang zu ziehen. Die Interpretation seiner Hand-Akrobatik untermauernd machte er eine Schuss-Geste mit seinen Fingern und zeigte letztendlich, um alle Zweifel aus der Welt zu räumen, mit dem Zeigefinger direkt auf mich. Seine Gesten richtig deutend und um die gute Laune am Leben zu halten, beschloss ich, den Einkauf zu beschleunigen.