Gestern Nacht zufällig im Buch das ich aktuell (Herfried Münkler "Der große Krieg 1914-1918") lese drauf gestoßen:
"Wie stark die Kriegswirtschaft auf lange Sicht auch immer zur Aufweichung der traditionellen Geschlechterrollen beigetragen haben mag kurz- oder mittelfristig wurden diese durch die sozialpsychologischen Auswirkungen des Krieges zunächst wieder gefestigt, beendete der Krieg doch die 'Krise der Männlichkeit' von der in der Vorkriegszeit häufig die Rede gewesen war.
Gemeint war damit auf der einen Seite die Erosion der männlichen 'Herr im Hause" Position, der Anspruch junger Frauen aus bürgerlichen Kreisen, zu studieren und danach Berufe auszuüben, die bislang Männern vorbehalten waren (Maschinenbau?), und auf der anderen Seite Seite ein zunehmend unklares männliches Rollenverständnis."
Das nur mal um klarzustellen, dass diese Debatte nichts neues ist und damals wie heute eher auf dem Komplex von Neandertalern basiert. Denn die damaligen Argumente für eine Rückkehr zu traditionellen Geschlechterrollen werden euch überraschen.
"Weil die Geburtenrate während des Krieges überall zurückging, in Frankreich erteilte man um dem abzuhelfen ab 1917 regelmäßig Fronturlaub, und angesichts der hohen Verluste, wurden Frauen zudem verstärkt an ihre Rolle als Gebärerin erinnert und im öffentlichen Diskurs darauf verpflichtet."
Wie wir sehen, hat sich die Argumentation der Neandertaler über all die Jahrzehnte nicht gewandelt.
Nun mögen einige denken, dass solch konservatives Geschwätz nicht weiter dramatisch ist, allerdings haben die Konservativen schon immer Unheilvolles angerichtet. So natürlich auch in diesem Fall.
"An der Front und nach Kriegsende in den Freikorps beziehungsweise Schlägerformationen konnten sie ihre familienaversen Männlichkeitsbilder ausleben, ohne dabei durch weibliche Einsprüche gestört zu werden. In dieser Hinsicht haben die mentalitätsgesschichtlichen Folgen des Krieges dessen sozialgeschichtliche Auswirkungen überdauert, und die politische Geschichte der Weimarer Republik hätte ohne den Männlichkeitskult, fraglos ein Erbe des Krieges, einen anderen Verlauf genommen."