AFGHANISCHE POLITIKERIN SCHLÄGT ALARM
Millionen Afghanen werden das Land verlassen
Shukria Barakzai (43) erklärt, warum viele von ihnen nach Deutschland wollen
Schon jetzt sind Afghanen die viertgrößte Gruppe Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen (nach Syrern, Albanern, Kosovaren). Aktuell verlassen bis zu 100 000 Afghanen jeden Monat ihr Land.
Jetzt schlägt die afghanische Politikerin Shukria Barakzai (43) Alarm, dass es noch mehr werden!
BILD sprach mit der Parlamentarierin aus Kabul über den Exodus, der ihr Land heimsucht, über die Bedrohung durch die Rückkehr der Taliban, über ihr gefährliches Leben als Politikerin, die bereits zwei Anschläge überlebte, und darüber, warum sie Kanzlerin Merkel beim Frauengipfel in Berlin ein Armband geschenkt hat.
BILD: Im Moment verlassen bis zu 100 000 Afghanen monatlich das Land. Woher kommt dieser rasante Anstieg?
Shukria Barakzai: „Wir Afghanen sind müde vom Krieg. Die Menschen wollen in einer Gesellschaft leben, in der Gewalt und Kanonenfeuer nicht zum Alltag gehören. Sie wollen ein besseres Leben für ihre Kinder. Die Zahl derjenigen, die Afghanistan verlassen, hat sich seit 2014 verdreifacht. Es werden jeden Tag mehr.“
Warum werden es jeden Tag mehr?
Barakzai: „Der andauernde Konflikt, Gewalt, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung treiben die Menschen in die Flucht. Seit dem Abzug der Nato-Truppen greifen die Taliban wieder verstärkt an. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, die Bevölkerung zu schützen. Die Sicherheitslage ist katastrophal. Afghanen sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Sie fliehen aus Angst um ihr Leben. Und sie riskieren es dafür sogar. Wenn die Situation nicht besser wird, werden die Menschen bald nicht mehr zu Hunderttausenden das Land verlassen. Es werden Millionen sein!“
Und wenn die Taliban wieder an Macht gewinnen?
Barakzai: „Dann wird es uferlos! Man muss nur in unsere jüngste Vergangenheit schauen. Kabul-Provinz ist ein gutes Beispiel: Während der Taliban-Zeiten lebten hier weniger als 500 000 Menschen. Inzwischen hat die Provinz mehr als fünf Millionen Bewohner. Wenn die Taliban zurückkommen, wird die Region wieder ausdünnen.“
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