Dietmar Wischmeyer: Wohnmobile
Wenn Ferien sind in diesem Land, wackeln sie mit einer unförmigen
weißen Kiste mit 60 km/h auf den Strassen herum und zwingen mich zu
halsbrecherischen Überholmanövern. Dämlich glotzen sie aus dem
Hymen-mobil immer auf der Suche nach einem Stück unberührten
Strassenbegleitgrüns, wo sie ihre Chemotoilette auskippen können.
Urlaub ist für solche Menschen undenkbar, wenn sie nicht ihren
kompletten muffigen Haushalt auf 4 Rädern mit sich herumschleppen
können. Als ob ihre Wohnung nicht schon widerwärtig genug
eingerichtet wäre, schleifen sie die abstoßende Ästhetik ihrer
Lebensbewältigung sogar bis ins Ausland, um die letzten Sympathiereste
für die Deutschen in allen Winkeln der befahrbaren Erde mit Stumpf und
Stiel auszurotten. Noch das winzigste Pyrenäenkaff, die kleinsten
Lofoteninseln, die von der deutschen Wehrmacht verschont geblieben
sind, werden von der weißen Freizeittruppe niedergewalzt. Keine
Bruchsteinmauer in Südfrankreich, keine Hecke in Irland, hinter die
nicht ein Freizeitlanzer gekackt hat. Die Generalwohnmobilmachung
erfasst alljährlich hunderttausende der Bekloppten und Bescheuerten
und stürzt sie in einen Taumel vorzivilatorischen Benehmens. Da sie
die eigene, plüschige Privatheit am Haken hinter sich herziehen,
bewegen sie sich in ihrem Selbstverständnis unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Frech parken sie ihren Sven-Haedin oder Erriba vor
dem Straßburger Münster, verlassen des Morgens im grün-lila
Plastikstrampelanzug mit einer Klorolle unterm Arm den muffigen Wagen
und kacken hinter die Kathedrale. Haben wir eigentlich 2.000 Jahre
christliches Abendland mit Ach und Krach durchgezogen, damit am Ende
des Jahrtausends in Plastik eingeschweißte Freizeitzombies hinter
unsere Kulturdenkmäler kacken? Nach dem frugalen Frühstück
aufgewärmter Raviolidosen zuckelt die weiße Freizeitflotte wieder
über die Strassen. Um möglichst viele einheimische Autofahrer durch
dämliches Gegendanklotzen zur Weißglut zu bringen. Gern wird auch
mitten auf einer Kreuzung geparkt, um durch dilettantisches
Kartenstudium die nächste Sehenswürdigkeit ins Stuhlgangkataster
einzutragen. Und wenn man schon mal hält, könnten vielleicht die
Kinder schon mal in den Graben kacken, oder was meinst Du, Papa?
Manchmal stehen sie auch am Straßenrand und zurren die Ladung fest. 4
Mountainbikes, 3 Surfbretter, 2 Kajaks, eine Enduro und riesige
Plastikballons, in denen sie Alkohol nach Skandinavien schmuggeln oder
billigen Fusel aus Frankreich importieren. Mama, wie isses. Wenn wir
schon mal halten, könntest Du im Grunde auch mal eben hinter die
Leitplanke kacken. Irgendwann im August oder September kehren sie
zurück von ihren Expeditionen ins Tierreich und werden wieder zu ganz
normalen Menschen, die morgens ins Büro- oder in die Fabrik gehen. Die
Flotte des Grauens steht dann im Wartestand auf der grünen Wiese.
Hektarweise veröden so genannte Caravan-Center und Wohnmobilhändler
die Ortsausgänge unserer Städte. Und am Sonntagvormittag schleichen
sie schon wieder zwischen den geparkten Kisten herum und überlegen und
rechnen, mit welchem Monster sie in der nächsten Saison anderen
Menschen den Urlaub versauen. Ja, und da wir gerade hier sind, Mama.
Was meinst Du, wollen wir schon mal jetzt direkt hier hinter den
Wohnwagen kacken?