Ranking aller Ghostface Killah Alben

pokusa

Gold Status
Joined
Aug 7, 2011
Messages
6,913
Angespornt durch die herausragenden Threads von @Score_ (E40) und @SnoopDeVille (Snoop Dogg) möchte ich auch mal meinem Lieblings-MC GHOSTFACE KILLAH huldigen. 5er-Skala mit halben Sternen und so, ihr wisst Bescheid. Ich werde sehr viel abwixxen und wohl auch Track-by-Track-Reviews bei den meisten Platten machen. :emoji_muscle:

img_14756xk3l.png


RANKING

  1. Supreme Clientele (5/5)
  2. Fishscale (4,5/5)
  3. Ironman (4,5/5)
  4. Bulletproof Wallets (4/5)
  5. The Pretty Toney Album (3,5/5)
  6. 718 (Theodore Unit) (3/5)
  7. Put It On The Line (mit Trife Da God) (2,5/5)
 
Last edited:
Danke für die Props. :thumbsup:
Geistergesicht auf jeden Fall toller Kandidat für diese Kategorie. Einer der wenigen Rapper, der von sich behaupten kann dope Alben in drei unterschiedlichen Jahrzehnten gedroppt zu haben. Gutes Gelingen. :emoji_sparkles:
 
41ozbjryr7l._ql70_ml2tsjb9.jpg


Ironman
VÖ: 29.10.1996


★★★★☆

Diese ganze Wu-Tang-Wissenschaft möchte ich euch allen natürlich ersparen, aber ein bisschen Hintergrundwissen ist schon notwendig, um „Ironman“ richtig einordnen zu können. Bei dieser Platte handelt es sich nicht nur offiziell um Ghostface Killah’s Solodebüt, sondern auch gleichzeitig um die letzte Solo-LP, die im Rahmen des berühmten 5-Year-Plans von RZA veröffentlicht wurde. Wir befinden uns also schon mehr oder weniger am Ende des legendären Wu-Tang-Runs, ab 96/97 haben dann Bad Boy und Shiny Suit Raps das Game übernommen.

Ironman ist keine Soloplatte im klassischen Sinne, sondern eher eine Art Sampler, auf dem verschiedene Artists des Clans vertreten sind – besonders prominent natürlich Raekwon, der zusammen mit Cappadonna sogar auf dem Cover als offizielles Feature verewigt ist. Da schließt sich hinsichtlich Tony Starks und dem Chef also der Kreis zu „Only Built 4 Cuban Linx“. Raekwon ist auf 13 von insgesamt 17 Tracks vertreten und hat mit dem sehr gelungenen „The Faster Balde“ auch einen Solotrack am Start.

Raekwon ist prinzipiell auch der Showstealer dieser Platte. Mitte der 90er war er halt mal wirklich in seiner absoluten Prime und all seine Parts sind Volltreffer, mit denen auch Ghostface nur hier und da mal mithalten kann. GFKs verrückte Raps kamen auch erst ab der zweiten Platte wirklich zum Vorschein, auf Ironman hat er noch an seinem Stil und Vokabular gefeilt, wobei das Niveau natürlich schon recht hoch ist.

Cappadonna hat auf „Winter Warz“ den überlangen Part seines Lebens, von dem er gefühlt noch bis heute zehrt. Er ist jetzt nie mein Fall gewesen und ein herausragender Cappadonna-Part ist schlussendlich „nur“ ein ordentlicher, wenn man das jetzt mal allgemein betrachtet. Neben GFK und dem Chef fällt er natürlich hörbar ab, aber er liefert hier eine seiner besseren Performances.

Neben Cappadonna sind auch Method Man, U-God, Masta Killa und Inspectah Deck vertreten. Ersterer hat auf „Wu Will Survive“, das auf der CD fälschlicherweise als „Box in Hand“ bezeichnet wird, einen krassen Part. Auch er war Mitte der 90er in seiner Prime meiner Meinung nach, wobei er eigentlich bis heute sehr konstant abliefert. Winter Warz erschien schon ein halbes Jahr vorher auf dem Soundtrack zum Film “Hip Hop Hood – Im Viertel ist die Hölle los”. Der eigentliche Track Box in Hand musste wegen Sample-Clearance-Problemen gestrichen werden, aber man hatte zu wenig Zeit, das Artwork noch entsprechend anzupassen. Angeblich ist der Song jedoch auf ganz, ganz frühen Pressungen noch zu finden.

Die meisten Wu-Tang-Mitglieder hatten ganz eigene Alleinstellungsmerkmale. Ghostface, der auf 36 Chambers nicht aus Zufall den ersten Verse spittet, ragte in den Anfangszeiten in erster Linie durch seinen extrem hungrigen Rapstil heraus, der beinahe schon so klang, als würde er das Mikrofon und alle Hörer anbrüllen. „Protect Ya Neck“ von der Chambers Platte hat auch einen legendären GFK Part. Zudem waren seine Lyrics schon immer sehr Slang-lastig. In den ersten Jahren seines Schaffens waren seine Texte zuweilen mit diversen Five Percent Nation Referenzen versehen, im Rahmen dessen Wörter und Städte umgedichtet und neu interpretiert wurden (New Jersey ist beispielsweise „New Jerusalem“).

Daneben ist GFK für seine diversen Heist-Songs bekannt, in denen er teils aberwitzige und extrem detailliert beschriebene Einbruchsszenarien zeichnet, die oftmals schiefgehen. Diese Tradition hält bis heute an und findet auf Ironman mit „260“ ihren Anfang. Am Ende fand die Bande statt Kokain nur „Cheese from New Zealand“ vor HAHA.

Ghostface ist natürlich auch für seine diversen Ladylover und Sex-Tracks berühmt-berüchtigt. Auf Ironman ist alles naturgemäß etwas „rougher“, um es mal harmlos auszudrücken – denn „Wildflower“ ist Frauenverachtung in Reinform. Hochgradig fragwürdig, aber extremst unterhaltsam vorgetragen mit diversen WTF-Lines.

„Remember when I long-dicked you and broke your ovary?“

„I fucked you while you was bleeding, held you down in malls / Sexually, you worshipped my dick like a cross“

„My dick's the bomb, baby, marvelous hot steak / Plus, I'm conceited, Starks make the biggest ho call rape“


Die definitiven Classics, über die jeder spricht, wenn es um Ironman geht, sind neben 260 und Winter Warz auch „Daytona 500“, auf dem RZA das ausgelutschte „Nautilus“ sampelt. Ein temporeicher, energischer Rap-Banger mit Baarrss ohne Ende.

Soundtechnisch klingt Ironman schon etwas anders als die anderen Wu-Tang-Platten aus der Zeit. Ghostface ist ein bekennender Soul und R&B Fan, weshalb hier vermehrt Samples aus den entsprechenden Genres auftauchen. Das sind jetzt keine besonders kreativen Picks, aber Jackson 5, Otis Redding und Co. gehen halt immer. Zumal man Mitte der 90er solch einen Sound auch noch nicht gehört hat, also ist das kein Kritikpunkt meinerseits. Zudem sind die Staten Island Legenden „Force MDs“ mit gelegentlichen Gesangseinlagen vertreten. Das war sicherlich eine Herzensangelegenheit für Tony Starks.

Neben dem Motown, Stax & Hi Records Stuff gibt’s wie gewohnt Blaxploitation und obskure Shaolin-Kung-Fu-Karate-Einspieler. Hier geben „The Usual Suspects“ und „The Education of Sonny Carson“ ein übergeordnetes Thema vor.

Das Highlight auf Ironman ist ohne Frage „All That I Got Is You“, in welchem Ghostface seiner Mutter huldigt und authentisch plus detailliert as fuck seine Kindheit schildert, die durch Geldnot, Hunger, Struggle und Erniedrigungen geprägt gewesen ist. Der Song steht nicht nur im krassen Kontrast zum Rest, sondern ist gleich einer der besten Tracks seiner Art und geht tief unter die Haut. Die unsterbliche Mary J. Blige hievt den Song endgültig auf ein ganz hohes Level.

„Check it, fifteen of us in a three bedroom apartment /
Roaches everywhere, cousins and aunts was there“

„Seven o'clock, pluckin' roaches out the cereal box“

„Things was deep, my whole youth was sharper than cleats /
Two brothers with muscular dystrophy, it killed me“


Zusammengefasst ist Ironman ein sehr gutes Album mit starken Raps und Artists, das nur gegen Only Built und Liquid Swords das Nachsehen hat. Man kann es sich auch heutzutage noch vom Anfang bis zum Ende ohne Probleme geben und einen hungrigen GFK sowie eine Prime-Raekwon abfeiern, dazu RZA-typische Beats mit für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen Soul-Samples. Die LP ist zwar nicht revolutionär oder herausragend in irgendeiner Disziplin, aber man muss festhalten: Ghostface’s Solodebüt ist eine definierende Wu-Tang-Platte und kommt mit allen Stärken daher, die man Mitte der 90er von dem Camp kannte. Wenn jemand Ironman als die beste Wu-Tang-Soloplatte bezeichnet, kann ich das nachvollziehen.







 
Last edited:
Das Force MDs Feature wurde ja erwähnt, hier auch nochmal der Track, für mich eines der Highlights des Albums. Der Beatswitch (der 2. Beat wurde auf dem zweiten Killa Beez Album wiederverwertet)! :thumbsup: Und der ist auch nicht bei Spotify zu finden, darum poste ich den hier nochmal rein.



Ist wahrscheinlich auch eines der Alben, das ich am häufigsten gehört habe, für mich ein Classic und auf einer Stufe mit OBFCL und Liquid Swords aus der Ära.
 
Last edited:
kannste einfügen, dein Link scheint aufgepitcht...und kürzer

Also ich bin jetzt nochmal extra den Bootleg Stuff durchgegangen und diese Extended Version liegt definitiv nirgends vor. Deine gepostete Variante muss von einem Promo kommen und dürfte auch noch nicht lange bekannt sein. Hat mich schon gewundert, eigentlich kenne ich von Ghostface so fast alles...

Ob das gepitcht war weiß ich nicht, hab ehrlich gesagt irgendein Youtube Video verlinkt. :emoji_new_moon_with_face:
 
Last edited:
Ja Mann, das Tape ist doch auf youtube ersichtlisch.

Hakan hat generell nur Edelstuff.
 
Sehr schön, endlich ein Ghostface-Ranking:).
Kann in dem Zusammenhang definitiv das Abgenerde der AllISeeIsBlinkinLights-Crew empfehlen:



Und dazu noch die Version von "All That I Got Is You" mit der Wu Lady Tekitha


Ghostface ist definitiv mein Lieblings-MC vom Clan und mE derjenige, der am konstantesten abgeliefert hat.
 
Schönes Review zu "Ironman". :thumbsup:
GFK ist mein Fav vom Clan, von der ersten Welle der Solos ist es aber das für mich schwächste Album. Wo OB4CL, erste ODB oder "Liquid Swords" noch Alben mit einem richtugen Konzept waren, die den Hörer in die Welt des Rappers entführten, so wirkt "Ironman" für mich "nur" wie ein Sammelsurium von allerlei Tracks, die RZA und GFK halt zusammen gemacht haben. Kamen aber trotzdem viele gute Tracks dabei heraus. Mein persönlicher Fav ist "Motherless Child", kennt man evtl auch vom "Sunset Park" OST.
 
auf das ranking freue ich mich sehr. ich bin tatsächlich gar kein riesen fan von wu-tang, finde deren geschichte aber sehr interessant. habe auch schon mehrfach versucht mir alle frühen werke anzuhören, hab das dann aber nie konsequent durchgezogen. bin halt dann was 90er mucke angeht doch immer wieder im süden und westen hängen geblieben.

"ironman" hab ich im letzten jahr zum allerersten mal gehört und im vergleich zu den debüts von rae und gza, die ja allgemein besser gehandelt werden, gefällt mir das album von ghost am besten. weiß nicht, ist halt irgendwie abwechslungsreicher und allgemein gefallen mir da echt einige tracks extrem gut. man muss dazu sagen, obwohl ich diesen shaolin-wu-sound immer mega interessant fand, hat mich das nie so krass gepackt.

reviews bitte so wie oben zusammenhängend schreiben, da erfährt man viel mehr vom feeling des albums und lässt sich auch besser lesen. bin persönlich kein fan von track by track reviews. :emoji_pray:
 
714bjwnupsl._sl1500_9wka2.jpg


Supreme Clientele
VÖ: 08.02.2000


★★★★★

Zwischen 1996 und 2000 ist eine Menge passiert beim Ironman und auch im Wu-Tang-Clan: Die einflussreiche Gruppierung manövrierte sich innerhalb kürzester Zeit ins Abseits, indem der zweite Schwung an Soloalben von Raekwon und Co. durchweg enttäuschte. Die kommerzielle Aufmerksamkeit galt Shiny Suit Raps von Bad Boy, Jay-Z und Roc-A-Fella, DMX und Ja Rule. Der düstere Sound wich einem elektronischen, mit welchem die Wu-Member offensichtlich nur wenig anfangen konnten.

Ghostface Killah hatte nach seinem Solodebüt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen: Sein Diabetes-Leiden verschärfte sich, zudem fürchtete sich der Teilzeit-Trinker und Angel-Dust-Raucher permanent vor einer potentiellen – wie kann es anders sein – AIDS-Infektion. Der Medizin der westlichen Welt misstraute er, weshalb er im Herbst 1997 nach Benin in Westafrika pilgerte und dort vier Monate in einem abgelegenen Dorf verweilte. Obskure Bush-Doktor-Behandlungen sind wohl nur die Spitze des Eisbergs gewesen: In Benin erlebte GFK, der außer seine Staten-Island-Hood noch nichts von der Welt kannte, nicht nur eine Art Wiedergeburt, sondern diverse surreale Momente.

„Wary of Western medicine, Ghostface flew to Benin to be treated by a bush doctor in a remote village several hours outside of Cotonou, the nation’s most populous city. Running water was non-existent. The inhabitants lived in mud huts and slept on the floor. When the RZA showed up to meet Ghostface, he saw his bandmate materialize in a dashiki, full beard, and unkempt hair puffed out.“

Zudem musste Ghostface 1998 inmitten der Aufnahme- und Produktionsarbeiten zur zweiten Soloplatte wegen illegalen Waffenbesitzes vier Monate auf Rikers Island schmoren. In der Zelle entstanden intensive Lyrics und formten den Charakter weiter.

„Check out the grays on the side of my waves
I grew those on Rikers Island
Stressed out, balled up in the cage“


All diese Ereignisse und neuen Erfahrungen führten schlussendlich zu dem einflussreichen Album Nummer 2: „Supreme Clientele“. Eine absolut wahnwitzige LP, die man nicht in Worte fassen kann, sondern einfach erleben muss, auch wenn man die Hälfte der Lyrics inhaltlich überhaupt nicht versteht und die Beats teilweise so ungewöhnlich sind, dass man schon beinahe von Avantgarde-Rap sprechen kann.

RZA, der sich aus den anderen Soloalben zu der Zeit weitestgehend herausgehalten hat und sich in sein komisches „Bobby Digital“ Projekte flüchtete, hat seine Fingerspuren auf der gesamten LP hinterlassen und sorgt für geniale Momente, wenngleich die anderen Produzenten JuJu (von den Beatnuts), RZA-Zögling Mathematics, The Blaquesmiths, Carlos Bess, Haas G, Six July von Bad Boy und Inspectah Deck himself für ebenso gelungene Instrumentals sorgen – die von RZA eben verfeinert wurden. GFK und das Wu-Mastermind verfolgten eine klare Vision mit übersteuerten, Soul-lastigen, verrückten Beats und Flips.

Ghostface entwickelte seinen Schreibstil dahingehend weiter, vornehmlich in Insidern, hochgradig seltsamen Vergleichen und Slang-Fetzen zu sprechen, die nur er selbst versteht. Er vergleicht seine Kunst dabei mit Gemälden: Wenn ein Maler einen fetten Klacks Farbe auf eine Leinwand haut, sehen 99,99% der Weltbevölkerung keinen Sinn dahinter – der Künstler aber schon, und darauf kommt es letztendlich an.

Der Opener „Nutmeg“, dessen Lyrics in Benin entstanden sind, ist einer der besten Eröffnungssongs aller Zeiten und bringt das Album in all seinem Wirrwarr perfekt auf den Punkt. Dieser Mann rappt in Rätseln und ich habe Ewigkeiten gebraucht, das meiste davon zu entschlüsseln (dank Genius geht das mittlerweile ganz gut). Legendär: „But Ton' Stizzy really high, the vivid laser eye guy / Jump in the Harley ride, Clarks, I freak a lemon pie“. Der Beat, einer der dopesten der Rapgeschichte, wurde übrigens von seinem Frisör (!) produziert – die einzigen Credits, die diese unbekannte Gottheit jemals für eine Produktion erhielt.

„One“ ist einer der bekanntesten Ghostface-Tracks überhaupt und beschreibt in kreativer und detailverliebter Art und Weise seine Hood. Der Track kommt mit bizarren Essensvergleichen daher: „We at the weed gate waiting for Jake, we want eight ravioli bags“ oder „Rhymes is made of garlic“ Lachkick. Die Verses sind FEUER, genauso wie das nach vorne trabende Instrumental, das einen Hauch Pimp-Shit versprüht.

Kurz zum Thema Pimp-Shit: GFK sportete in diesen Jahren fast schon lächerliche Pelzmäntel, Hüte und auch diese Adler-Bracelets. Seine ganze Erscheinung war einfach völlig krank und nahm dem Cam’ron’schen Dipset Style einiges vorweg. In einem dieser Outfits sprach Ghostface auch einmal über seine Erkenntnisse aus Benin: „Fuck all this Tommy Hilfiger, Polo…all this shit…they don’t give a f0ck about none of that over there. […] They might be f0cked up, money-wise, but trust me, them muthafuckas is happy, man. Them ni66as in harmony ‘cause they got each other.” WTF!

„Saturday Nite“ ist ein Story-Track, der reale Ereignisse aufgreift: Der Wu-Tang-Clan wurde Ende der 90er vom FBI wegen des Verdachts auf illegalen Waffenverkauf observiert. Sie schmuggelten sogar einen V-Mann-Fake-Manager in den Clan hinein, der aber aufflog. Auf dem Song beschreibt der Wallabee Champ, wie er an einem Samstagabend von entsprechenden Autoritäten belästigt wird. Hochgradig unterhaltsam.

„Ghost Deini“ ist ein Representer, der in der Hook 2Pac, Biggie und Marvin Gaye huldigt. Hier macht er klar, dass er zurück ist und den Clan quasi im Alleingang relevant hält.

„How the fuck was y'all niggas thinkin'?
You think I fell off the ledge?
The legendary Ghost Deini might be dead?
Never, impossible, pull out black burners like tonsils“


„Apollo Kids“, die bekannte zweite Single, lässt das Tag Team mit Raekwon wieder aufleben und liefert treffsichere, stark homophobe und Slang-heavy Bars. „Chicken and broccoli, Wally's look stink!“

Auf „Grain“ flippt RZA zwei Samples mit Scratches, alte Chamber-Feelings kommen wieder hoch. Ghostface rappt mal wieder in Rätseln: Papst Johannes Paul der II. hat das dickste Bling Bling, Queen Elizabeth streichelt sein Bein und er hinterlässt von seinem Whopper einen Ketchup-Fleck auf ihrem Kleid. Oder so. Ghostface’s Flow ist unfassbar. „Buck 50“ ist der erste Posse-Cut auf dem Album, geht soundtechnisch in eine ähnliche Richtung und wartet mit starken Verses von Method Man und Redman auf (Cappadonna fällt hörbar ab). GFK hat hier einige krasse Lines, z.B. die weiter oben genannte „Check out the grays“.

„Mighty Healthy“ ist die Lead Single des Albums und kommt mit einem verrückten, harten Beat daher, auf dem die Lyrics einmal wieder stellvertretend für all das konfuse Rumgehabe sind. So macht er Nonnen zu Five-Percentern und hetzt auch gegen Schwule. Viele Vergleiche zu zeitgenössischen Persönlichkeiten aus Sport, Fernsehen und Co. Ein sehr einflussreicher Track, von dem u.a. Kanye West stark inspiriert wurde.

„Stay True“ hat einen von Inspectah Deck produzierten Überbleibsel-Beat, den Ghost aber in unnachahmlicher Art an sich reißt. Es ist jetzt kein großes Highlight, eher eine Art Skit über die harten Straßen. „We Made It“ hätte ein Ghostface-Hit sein können, die Feature-Parts von Hell Razah, Superb und Chip Banks ziehen das Ding aber etwas herunter. Dennoch passt der Song perfekt in das Album hinein und der GFK Verse ist großartig, alleine schon der Einstieg…

„Yo, spotted at The Mirage, Ghostface swarmed by groupies
Mingle among stars, I come in cat, invades Mars
Highlight of the century, first bet placed upon entry
Fainted when the book mentioned me“


„Stroke of Death“ ist eine bekannte und einflussreiche Nummer, die bis heute oft genannt wird Der Beat ist geisteskrank: Die ersten Sekunden des Samples werden hörbar gescratcht, eine Herausforderung für jeden MC. Laut Raekwon hat sich Ghostface immer mit Absicht solche Beats gepickt, um sich selbst zu challengen. Hier zeigt sich, dass es GFK nie auf einen kommerziellen Hit abgesehen hat, sondern die Kunst im Vordergrund stand und er nicht zum massenkompatiblen Def Jam passte – aber bei den späteren Alben gibt’s mehr dazu.

„Malcolm“, in dem sich GFK fiktiv in die Rolle des Malcolm X hineinversetzt, ist für mich das Highlight auf der Platte. Staubtrockene Snares, minimal verarbeitete Samples mit vollem Fokus auf die Lyrics und den Flow. Er greift auch die Auseinandersetzung mit Mase auf, dem mal elegant von I-Cham der Kiefer gebrochen wurde. Mase war zu der Zeit einer der heißesten Acts überhaupt im Rap-Game, das gilt es zu beachten.

„Child’s Play“ ist ein immens unterhaltsamer Song über Schulhof-Romanzen und bringt mich immer noch ungläubig zum Lachen. Er verwendet so verniedlichende Kinder-Wörter wie „Ding-A-Ling“ statt C0ck und erzählt abstrus-witzige Geschichten aus dem vermeintlichen Alltag eines Heranwachsenden. „Paper trays, city wide test, made half a days / Shooting puppy water, might hump the pillow, dick a inch taller“ oder „Got jealous when she kissed Rob / I broke her Chick-O-Sticks“ HAHAHA, Gottverdammt.

„Cherchez La Ghost“ ist eine Art Radio-Single, die damals ein voller Erfolg war. Der Track lebt natürlich vom Gesang der mir unbekannten Dame, aber GFKs Flow ist krass, obwohl die Parts jetzt nicht herausragend sind. Das Video ist legendär, in welchem Tony einen knallgrünen Pelzmantel und einen Wrestling-Titel trägt, während er lässig durch einen Flur stolziert. Top!

„Wu Banga 101“ ist zum Abschluss noch einmal ein klassischer Wu-Tang-Clan-Representer mit GZA, Raekwon, Cappadonna und Masta Killa. GZA hat einen sehr starken Part und Ghostface ist mal wieder verrückt beim Einstieg: "Bottles goin' off in the church, we broke the wine / Slapped the pastor, didn't know Pop had asthma“. Eine sehr schöne Kollabo.

Zu den Skits: Sie sind ganz witzig, aber auf Dauer skippt man sie natürlich wie bei eigentlich fast jedem Album. Dennoch sind sie dem „Film“, den GFK und RZA hier abspielen, sehr zuträglich. Erwähnenswert ist der "Clyde Smith" Skit, auf dem ein runtergepitchter Raekwon auf 50 Cent's "How to Rob" antwortet.

Das war jetzt mal der Versuch, eines meiner Lieblingsalben gebührend in Worte zu fassen, wobei das natürlich sehr schwer ist. Supreme Clientele ist eines der markantesten und besten Rap-Platten aller Zeiten, das mit den Soul-Samples direkt den Kanye-Sound inspiriert hat, der ab 2001 mit Blueprint das Game prägen sollte. Das Album hat so viele Artists und Heads generell beeinflusst, das kann man alles nur erahnen. Dennoch wird es nur selten genannt, wenn es um die besten Rap-Alben aller Zeiten geht. Ghostface performt mit einem aberwitzigen Rap-Stil voller kryptischer Begrifflichkeiten und Vergleichen. Der Flow ist on top, der Vortrag energisch, aggressiv, aber immer mit einem Augenzwinkern versehen.

Wenn man mit unterhaltsamen, verrückten Raps etwas anfangen kann und dazu auf soulige, warme, aber trotzdem harte und trockene Beats steht, ist Supreme Clientele wohl bis heute eines der besten Alben aller Zeiten, für mich auch Genre-übergreifend. Feinste Unterhaltung.





 
Last edited:
Hab mich schon gefragt, was du SC gibst, wenn Ironman eine 4.5 ist. Bin natürlich einverstanden. Sein bestes Werk imho
 
Starke Review, "wahnwitzige LP, die man erleben muss" fasst es perfekt zusammen. Der Einstieg zum 2. Verse von One, Wahnsinn -

Crash through, break the glass, Tony with the goalie mask
That´s the past , heavy ice Rollie laying on the dash

Erwähnenswert vielleicht noch die OG Version von Ghost Deini mit dem Beat von Ruthless Bastards von der ersten Killa Beez Compilation, finde ich sogar noch besser als die Albumversion. Bei Live-Auftritten rappt Ghost auch auf diesen Beat, zuletzt beim sehr empfehlenswerten Verzuz mit Raekwon.



Ebenfalls erwähnen kann man den Track Cobra Clutch, der ebenfalls auf Killa Beez - The Swarm gepackt wurde. Das ist einer der früheren Tracks, in denen Ghostface im Supreme Clientele-Style rappt.

 
Ich hab auch überlegt, ob ich - wie in so manch einem anderen Ranking Thread hier - mal auf Features und guten Sampler Stuff eingehe, sowie evtl. auch auf das endlos viele Bootleg Zeug. Aber das würde wohl den Rahmen sprengen.

Aus der Zeit vor Supreme Clientele gibt es auch noch zwei sehr gute Songs: Einmal mit der (mittelmäßigen) Charli Baltimore (die Olle, die ein Kind von Biggie hat...) und 97 Mentality von The Swarm, was (wie in den YT Kommentaren zurecht erwähnt) sehr an das aktuelle Griselda und Alchemist Zeug erinnert (GFK hat nur die Hook, aber Cappa war schon ganz gut Mitte der 90er im Gegensatz zu den 00er Jahren). "Stand Up" hat einen dopen RZA Beat und Ghostface flowt wie heiße Butter.


 
Last edited:
In The Rain ist auch - wie das meiste Zeug - auf der Hidden Darts drauf, die man sich oder so unbedingt zulegen sollte.
 
Back
Top Bottom