Compton (2015)
Das Album:
Hintergrund: Bereits in 2001 kündigte Dr. Dre das nächste Soloalbum namens Detox für Ende 2002 an. Es sollten nicht wieder 7 Jahre bis zum nächsten Soloalbum vergehen. Wie er sich irrte. 14 Jahre später war das Album immer noch nicht erschienen, dafür aber das Konto sehr gut gefüllt. Zudem nahm sein musikalischer Output gefühlt immer mehr ab, so dass die Allgemeinheit kein Album mehr von ihm erwartete. Dann kam in 2015 der Knall: Dre legte das Kapitel Detox endgültig ad acta und kündete stattdessen eine Zusammenstellung namens Compton an. Trotz zahlreicher Studiosessions mit den damals größten Namen im Rapgame konnten die Aufnahmen für Detox den perfektionistischen Dr. Dre nicht überzeugen. Sein eigener Anspruch war mit jedem Soloalbum etwas Neues zu schaffen und ein anderes Level zu erreichen. Die geleakten Tracks, wovon
Kush trotz Akon noch einer der Aufregendsten war, legten nahe, dass Detox vermutlich nicht an die beiden vorangegangenen Klassiker anknüpfen würde können - insofern war der Rückzieher nachvollziehbar. Gehört hätte man das Material trotzdem mal gerne in ordentlicher Qualität und sei es nur auf einer Lost Tracks-Zusammenstellung. Die Inspiration für Compton bekam er während den Dreharbeiten für das sehenswerte NWA-Biopic Straight Outta Compton. Mehr Zusammenstellung als Soloalbum, war nicht nur die Featureliste wie bei ihm gewohnt sehr ausführlich, sondern auch die Produzentenliste war schier endlos und befreite ihn offensichtlich von der Last der Perfektion, welche er bei Detox noch auf seinen Schultern spürte.
Meine Wertung:
8/10 - Wer eine Fortsetzung von 2001 oder aufgrund des Namens des Albums ein G-Funk-Album erwartete, wurde vom Sound des Albums gnadenlos enttäuscht. Das Soundbild entspricht eher dem Zeitgeist der 2010er-Jahre und stellte die Rapwelt nicht auf den Kopf wie das die Vorgänger taten. War jedoch der erste Schock überwunden, konnte der geneigte Hörer auch Gefallen an der musikalischen Untermalung finden. Focus, Bink, DJ Khalil, DJ Dahi, Dem Jointz und Cardiak machten ihre Arbeit ordentlich und stellten gemeinsam mit Dr. Dre eine qualitative Grundlage für die Vocals sicher. Besonders heraus sticht jedoch DJ Premier, der bei Animals seinen besten Beat seit Jahren beisteuerte und somit diesem Legendentreffen den würdigen Rahmen verpasste. Bei Animals kommen dann auch exemplarisch zwei weitere Stärken des Albums zum tragen. Zum Einen war Dr. Dre inhaltlich deutlich gereift und klang dennoch hungrig und zum anderen wurde bei den Features wieder mal ein gutes Gespür bewiesen. Anderson.Paak war zu diesem Zeitpunkt noch ein eher unbekannter aufstrebender Künstler, welcher auf Compton nicht nur bei Animals, sondern auch bei It´s All On Me echte Highlights schuf und später mit dem wunderbaren Album Malibu uns eine echte Perle schenkte. Kendrick Lamar hatte mit To Pimp A Butterfly gerade das beste Album des Jahrzehnts abgeliefert und zeigte auch hier, dass ihm die Krone des besten Rappers der 2010er-Jahre gehört. Absolut herausragend was er auf Genocide, Gone und Deep Water ablieferte. Auch die alten Weggefährten Ice Cube und Snoop Dogg hatten richtig Lust und steigerten sich deutlich gegenüber den in Vorjahren gezeigten Leistungen. Xzibit und The Game gehen bei Zusammenarbeiten mit Dr. Dre auch immer. Eminen dagegen wieder mit einem grenzwertig geisteskranken Part („I even make the bitches I rape cum“). Das Feature von Cold 187um war eine seit langer Zeit überfällige Geste und sorgte für Besänftigung in der G-Funk-Erfinder-Debatte. Für Jon Conner und King Mez schien der Durchbruch gelungen, wobei sich das nur bei ersterem bewahrheitete.
Aus diesen Bestandsteilen ist ein durchgehend gutes Album mit einigen Highlights und ohne unhörbare Ausfälle entstanden, welches sicher zu den besseren Alben in den letzten 10 Jahren zählt. Für die Höchstwertung oder fast die Höchstwertung reicht es für mich aber nicht aus, da zu viele Songs für mich gut, aber nicht herausragend sind. Die volle Punktzahl würde ich nur Animals und Talking To My Diary geben. Dazu noch eine Reihe 9/10 Songs wie Genocide, It´s All On Me, All In A Day´s Work, Loose Cannons und Issues. Der Rest ist in meinen Augen im Schnitt eher so 7/10-Material. Macht dann insgesamt für mich eine gute 8/10-Wertung.
Beste Tracks: Genocide, It´s All On Me, All In A Day´s Work, Animals, Talking To My Diary