2001 (1999)
Das Album:
Hintergrund: Sieben Jahre waren seit seinem wegweisenden Klassiker The Chronic vergangen bis ein Nachfolger erschien. Das war so nicht geplant schließlich sollte über Death Row The Chronic II erscheinen mit California Love als erste Single, aber der Weggang von Death Row verhinderte dies. Hinzu kamen kreative Blockaden und Lustlosigkeit, so dass es einem neuen Einfluss bedurfte, um in Dr. Dre wieder das Feuer auszulösen. Dieser neue Einfluss war Eminem, den er im Jahr zuvor bei Aftermath unter seine Fittiche nahm. Die Zusammenarbeit mit Eminem inspirierte Dre extrem, da beide im Studio sehr gut harmonierten und er hatte wieder richtig Lust sein Können der Welt zu zeigen. Zudem verspürte er bei manchen Fans und Kritikern gewisse Zweifel, ob er noch so wie bei The Chronic abliefern kann und so wollte er mit seinem Album alle wieder umhauen. Da er über genügend finanzielle Ressourcen und Kontakte verfügte, konnte er bei 2001 seine Vision voll umsetzen. Dazu holte er sich einen ganzen Haufen Leute mit ins Studio, die er wie ein Komponist einsetzte. Er engagierte diverse Musiker wie z. B. Scott Storch, der bereits bei The Roots in Erscheinung getreten war, am Keyboard und Mike Elizondo am Bass, um sich Melodien im Studio vorspielen zu lassen. Wenn er etwas hörte, was ihm gefiel, wurde gemeinsam mit Mel-Man weiter daran gewerkelt bis Dre mit dem Resultat zufrieden war. Nur für The Message war nicht das Duo Dr. Dre und Mel-Man verantwortlich, sondern Lord Finesse. Für die Texte waren als Ghostwriter unter anderem Jay-Z, Royce Da 5´9 und natürlich The D.O.C. am Start. Featureparts gab es von den Künstlern seines Labels und der halben Elite der Westcoastrapper. Das Album sollte wie ein Film sein, daher das Intro und die Skits. Wie Dre sagte: „Everything you hear is planned. It’s a movie, with different varieties of situations. So you’ve got buildups, touching moments, aggressive moments. You’ve even got a ‘Pause for Porno.’ It’s got everything that a movie needs.“
Meine Wertung:
10/10 - Dr. Dre wollte mit dem Album beweisen, dass er immer noch der Chefarzt ist, wenn es um geile Beats geht und das ist ihm bei 2001 eindrucksvoll gelungen. Nicht nur verpasste er dem G-Funk-Sound ein Update, mit welchem sein Sound seine Eingängigkeit behalten hatte und gleichzeitig noch mehr knallte, sondern legte auch den Grundstein für seine wahnsinnigen kommerziellen Erfolge in den kommenden Jahren. Sein Gespür für einprägsame Harmonien hatte nicht nachgelassen und sein Drang zum Perfektionismus führten dazu, dass die Beats auch nach 22 Jahren noch zünden.
Bereits beim ersten Track The Watcher kann man erahnen, dass die beiden besten Beats für Snoops No Limit Top Dog ein Vorgeschmack auf den neuen Sound des Doktors waren. Kräftige Basslines, Synthesizersounds und knackige Drums sorgen für einen dicken Sound, welchen man in dieser Art bis dahin von niemand anderem bekommen hatte. Dre reichen dann bei The Watcher auf dieser monströsen Grundlage solide eingerappte Parts aus, um das Album mit einer Bombe starten zu lassen, weil auch die Hook von Eminem und Knoc-Turn’al unfassbar gut ins Ohr geht.
Weiter geht es bei Fuck You mit funkigen Licks und Drums wie Peitschenhiebe sowie einer Ohrwurmhook. Mit Snoop und Devin The Dude sind dann auch für die Thematik die richtigen Gäste eingeladen. Der Beat erschien mir damals bei den ersten Durchgängen eher unspektakulär, hat sich aber extrem gut gehalten und funktioniert einfach.
Still D.R.E. ist ein massiver Hit und wird nicht umsonst als einer der besten Beats aller Zeiten bezeichnet. Ein brutal treibender Pianoloop von Scott Storch garniert mit klassischen Sounds aus dem Dre-Universum, der auch nach 200 Durchgängen unmittelbares Kopfnicken bei mir auslöst. Die Rapparts von Dre, welche von Jay-Z geschrieben wurden, sind dann auch noch ziemlich geil und in der Hook ist die Kollabo mit Snoop schlichtweg unschlagbar. Einfach ein unfickbarer Klassiker!
Bei Big Ego´s sind eigentlich nur die Helikoptersounds verwirrend obwohl doch laut Einführung mit einer Cessna geflogen wird. Ansonsten ist der unglaublich knallende Beat in Kombination mit Hittmans kräftiger Stimme direkt das nächste Highlight auf dem Album. Je öfter ich das höre umso besser wirds.
Kann ein Gesangspart auf einem Rapsong viel geiler sein als der von Nate Dogg auf Xxplosive? Meines Erachtens nicht! Gut, die Lyrics mögen den Frauenrechtler zwar etwas aufstoßen, aber muss mich das stören, wenn Nate Dogg einfach Nate Dogg ist? Nein, denn dazu hat Nate Dogg als Sänger einfach zu viel Flair und die lässigste Stimme aller Hooksänger. Kurupt und Six2 passen auch gut auf diesen genialen Beat, der wieder mit einem recht simplen aber hoch effektiven Funk-Loop daher kommt und dem mit synthetischen Hintergrundsounds das gewisse Etwas verliehen wird. Was für eine Granate!
Nach den ersten Durchgängen war damals What´s The Difference mein Lieblingstrack vom Album. Zum Einen lag das an dem wuchtigen Beat, wo der stampfende Bläserloop gemeinsam mit den harten Drums und den aus der Zusammenarbeit mit Eminem bekannten Moog-Sound zu einem explosiven Gemisch wird, und zum anderen an den Gastauftritten von Eminem und Xzibit. Dazu haut auch die Hook von Phish, der nicht als Feature aufgeführt ist und ansonsten auch weitestgehend unbekannt blieb, ordentlich rein. Bis heute gibt es meinerseits hier wenig auszusetzen und den Beat finde ich nach wie vor monströs gut.
Ich kann gar nicht mehr aufhören über die instrumentale Unterlage zu schwärmen, denn mit dem Hittman als Feature führenden Light Speed passiert direkt das nächste beattechnische Wunderding. Ein Beat der in seiner Entspanntheit High macht und mich schweben lässt.
Das Tempo wechselt dann heftig zu Forgot About Dre, wo Dr. Dre und ein hervorragend aufgelegter Eminem sich das Mikro teilen. Der Beat war ehrlicherweise nie mein Favorit auf dem Album, geht aber natürlich mehr als klar. Am Mikro gibt es zudem ausgezeichnete Leistungen.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie mich The Next Episode komplett weggehauen hat beim ersten hören. Ich war direkt der Meinung, dass das der heftigste Beat überhaupt und das Trio Dre, Snoop & Nate sowieso die coolsten Musiker auf der Welt sind. Wie sehe ich den Track heute nachdem ich ihn neben den eigenen Alben-Durchläufen den Track gefühlt auch bei 90 % aller Rappartys hören durfte? Den Beat finde ich immer noch äußerst effektiv und noch lange nicht nervig, die Parts empfinde ich heutzutage aber als etwas dünn, wobei dies ja leider inzwischen modern ist.
Bei Let´s Get High gibt der Titel den Inhalt eigentlich schon vor, insofern muss man hier von Dre, Kurupt, Hittman und Ms. Roq keinen Tiefgang erwarten. Der Beat basiert auf einem Sample von The Fatback Band, was später auch YG bei Still Brazy gute Dienste leistete. Kein Ausfall aber auch kein Highlight.
Ein Highlight ist für mich dagegen der nächste Track namens Bitch Niggaz. Super entspannter Beat auf den Snoop Dogg perfekt drauf passt und auf dem Hittman glänzen kann. Dazu Vocalcuts in der Hook. Hat von seiner Magie überhaupt nichts verloren.
Murder Ink ist eine sehr roughe Nummer. Ms. Roq fand ich hier immer ein wenig besser als Hittman. Track ist okay, viel mehr muss man dazu nicht schreiben.
Das große Zusammentreffen von Rappern aus Los Angeles auf Some L.A. Niggaz ist so gut, wie es das Lineup (u. a. Kokane, Xzibit, King T & Defari) vermuten lässt. Einziger Wehrmutstropfen ist, dass MC Ren die Einführung leider nur einredet und kein Rappart hat. Anonsten ist das eine großartige Nummer. Ein göttlicher Beat von Dre, der hier in der Hook die klassischen G-Funk-Elemente wieder stärker hervor stechen lässt und alle Parts, die allesamt mit einem Verweis auf klassische Westcoast-Tracks anfangen, bieten etwas. Dazu wiedermal eine starke Hook. Brutal gut!
Starke klassische G-Funk-Elemente gibt es auch bei Houswife, wo Dre, Hittman und Kurupt eines ihrer Lieblingsthemen bearbeiten. Der Beat ist ein echtes Brett und gerade Kurupt passt da ausgezeichnet drauf. Die Texte waren hier für mich ehrlicherweise immer eher zweitrangig, weil es einfach ingsgesamt so sauber tönt.
Hittman rappt auf dem Album gefühlt mehr als Dr. Dre. So ist Ackrite dann eigentlich auch ein Solotrack von ihm, der von Dr. Dre und Mel-Man produziert wurde. Ist unspektakulär solide.
Spektakulärer ist Bang Bang mit seinem heftig wummernden Beat und einer Hook, die sich irgendwo zwischen nervig und Ohrwurm einpendelt. Spektakulär ist auch wie Hittman hier den Beat killt. Knoc-turn'al zeigt sich hier auch als vielsprechendes Talent. Mochte den Track schon immer.
Zum Schluss gibt es den großen Stilbruch mit The Message. Der Beat von Lord Finesse hat einen ostasiatischen Hauch und darauf - unterstützt durch den soulfullen Gesang von Mary J. Blige - betrauert Dre den Tod seines Halbbruders Tyree. Ein sehr guter Abschluss des Albums.
Insgesamt ist es für mich das am besten produzierte Rapalbum aller Zeiten. Die Mischung aus Funk, Souleinflüssen und Härte entspricht voll und ganz meinem Geschmack. Auch die Hooks sind stellenweise einfach grandios. Dass die Skits eher überflüssig sind (und damit das Filmkonzept nur bedingt auf geht) und inhaltlich mehr hätten gehen können, wiegt angesichts der Qualität der Beats für mich nicht so sehr. Für mich persönlich war es auch sehr wichtiges Album, war es doch eines der ersten, welches ich mir käuflich erworben hatte und prägte meinen Musikgeschmack in den kommenden Jahren wesentlich mit. Vielen Dank Herr Andre Young für dieses Machwerk!
Beste Tracks: The Watcher, Still D.R.E., Big Egos, Xxplosive, What´s The Difference, Bitch Niggaz, Some L.A. Niggaz, The Message