Ranking aller Casper-Alben [Müsli Sohn Edition]

Bestes Casper-Album bzw. Album mit Casper-Beteiligung?


  • Umfrageteilnehmer
    69
Unzerbrechlich für mich all time classic.
Wir alle sind Kunst, gezeichnet vom Leben
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XOXO (2011)

Ende 2010 wird der Vertrag bei Selfmade aufgelöst, Casper unterschreibt bei FourMusic. Die Erwartungshaltung ist aber ungebrochen gigantisch, auch weil diverse Live-Aufnahmen von „Kontrolle/Schlaf“ kursieren und ein eigener Hype um diesen Song entsteht – heute auch nur noch schwer vorstellbar, irgendeine Seite (juice.de sogar vielleicht?) veröffentlicht sogar einen Artikel a la „Die 5 meist erwarteten Deutschrap-Songs 2011) oder so, das war dann u.a. „Kontrolle/Schlaf“, irgendwas von Olson Rough, haha.

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Zwischenentwürfe der Platte – damals noch für Selfmade – klingen laut Casper eher nach Drake. 2010 trifft er den Produzenten/Drummer Steddy (mit Referenzen wie Bushido und Udo Lindenberg) und den Indie-Musiker Daniel Schaub und sie beginnen gemeinsam den Sound für das zu entwerfen, was später mal XOXO wird. Casper beschreibt das Vorgehen im juice-Interview so: „Ich sage Steddy, was ich mir vorstelle. Steddy übersetzt das für Schaub in Musikersprache, und dann bietet Schaub wiederum so vier, fünf Sachen an.“

Wenn man kritisch an die Beschreibung des Sounds von XOXO herangehen will, könnte man sagen: Man merkt den Instrumentals dieses Vorgehen an. Die Produktion ist nicht große Synthese aus allen möglichen Musikstilen, zu der sie oft verklärt wird, da kann Casper noch so oft Modern Life Is War zitieren. Er selbst führt als die großen musikalischen Vorbilder für das Album oft The XX sowie diverse Post-Rock-Bands an, zumindest Letzteres hört man den auf Hochglanz polierten Versatzstücken auch an, im Gesamtbild klingen die Arrangements dann aber stellenweise eher nach den späten Linkin Park. Die Ausproduktion ist dafür ziemlich fett und detailverliebt und weil auch nicht jedes Instrumental dem entspricht, was man mittlerweile als den XOXO-Signature-Sound erkennen würde, ist das Ganze auch ziemlich abwechslungsreich, deswegen würde ich insgesamt auf dieser Ebene von gelungener Arbeit sprechen.
Tatsächlich sind es direkt die ersten 3 Songs, die sich musikalisch ein wenig abheben. „Der Druck steigt“ ist deutlich einfacher arrangiert als der Rest des Albums, „Blut sehen“ (produziert von Dexter) klingt … anders und ist mit das klassischste Rap-Instrumental auf XOXO. Die beiden Tracks (mit den Alternativtiteln „Die Vergessenen“ Teil 1 und 2) harmonieren ganz gut miteinander und funktionieren als Opener, trotz der bedeutungsschwanger-diffusen Texte. Mit „Auf und Davon“ folgt dann auch direkt einer der Hits des Albums, auch hier ist die musikalische Untermalung sehr Hip Hop mit einem richtig geil geflippten „How To Dress Well“-Sample. Wenn man ehrlich ist, reißt Casper auch hier textlich keine Bäume aus, aber das Gesamtbild stimmt einfach. Ebenfalls etwas unkonventionell klingt im Album-Kontext das auf mich ein wenig wie eine MGMT-Kopie wirkende „So perfekt“ mit einem völlig uninspiriertem Casper-Part, der von Marteria ist wenigstens unfreiwillig komisch. Ein Song wie eine H&M-Werbung.

Unter den übrigen Anspielstationen finden sich mit „Michael X“, „Das Grizzly Lied“ und „Die letzte Gang der Stadt“ Nummern, die im Klischee-Phrasen-Bingo zwar nicht unbedingt leer ausgehen, aber unterm Strich dennoch enorm gut gemacht und in tollen Bildern erzählt sind. Im Titeltrack „XOXO“ geht das dagegen nicht so gut auf, das Gesamtergebnis funktioniert aber immer noch, „Alaska“ dagegen überspannt den Bogen dann doch etwas zu sehr und klingt beinahe schon wie eine Parodie. Ebenfalls weniger gelungen finde ich „230409“, nicht einmal wegen des Instrumentals, das sogar ziemlich cool ist, sondern eher, weil das Ganze für mich weder besonders packend noch revolutionär erzählt wird. Muss man nicht zwingend skippen, aber würde ich als einzelnen Song nie anmachen. So ähnlich ist es auch mit „Lilablau“, die Atmosphäre die Musik und Text hier gemeinsam erzeugen sollen geht einfach nicht auf, der Song wirkt insgesamt eher deplatziert.
Das Album schließt dann mit „Kontrolle/Schlaf“, Caspers Meisterstück, völlig ohne übertrieben kitschig oder sonst irgendwie peinlich zu sein. Das Prelude passt auch sehr gut.

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XOXO hat zur Folge, dass Rapper wie Prinz Pi oder Chakuza (!) sich nun auch als richtige Musiker begreifen wollen und es ist denke ich auch nicht übertrieben zu sagen, dass dieses Album die Initialzündung für den schrecklichen deutschsprachigen Singer-Songwriter-Radiopop a la Max Giesinger darstellt. Trotz dieser unerfreulichen Nachwirkungen muss man XOXO allein schon für die Ambition und den Mut respektieren der in die Entstehung dieses Album geflossen ist, es wäre vermutlich leichter und ebenfalls erfolgreich gewesen „Hin zur Sonne 2“ zu machen. Wie schon sein Vorgänger schwächelt XOXO dann und wann auf textlicher Ebene und nicht jeder Song funktioniert, dennoch ein Meilenstein. Auch wenn sich der Text stellenweise liest, als würde ich das Album nicht mögen: 4/5


So perfekt / Auf und Davon (2011)


Zu den beiden Singles erscheinen Maxi-CDs (!), die insgesamt 5 neue Tracks enthalten, von denen, wenn mich nicht alles täuscht, zumindest „Guten Morgen Herzinfarkt“ auf dem Album landen sollte, das später zu XOXO wurde. Ebenso wie „Radar“, „Unfassbar“ und „Kreis“ behandelt der Song die Begleiterscheinungen des kürzlich erlangten Ruhms und/oder Caspers Standing in der Scene (CashmoVoice). Die Instrumentals sind dabei relativ klassische Rap-Beats, die Songs selbst zeigen ein weiteres Mal, dass Casper ein Thema auch mehr als einmal gut aufbereiten kann. Der Track „Wilson Gonzales“ ist based. keine Wertung
 
Zuletzt bearbeitet:
Die b-seiten sind auf der gerade releasten re-edition der xoxo vinyl jetzt auch mit drauf
 
Find XOXO ganz schlimm. Is nicht nur die Blaupause für diesen Alman-Popschlager, sondern auch bewusst so wenig HipHop wie möglich, weil das 2010 nicht lief. Kann ich drauf verzichten.
 
kontrolle/schlaf ist mit michael x auf jeden fall am besten gealtert

beide sind meiner meinung nach großartig geschrieben und haben einen festen platz in der hall of fame deutschsprachiger songs keine kappe
 
Hinterland (2013)

Nur etwas mehr als 2 Jahre muss man auf den Nachfolger von XOXO warten, und das obwohl Casper quasi ununterbrochen tourt. Durch den großen Erfolg des Vorgängers müsste er machen dürfen was er will, von daher kann „Hinterland“ nur richtig gut oder richtig schlecht werden, oder?

Zumindest auf textlicher Ebene fällt der Bruch aber eher sanft aus. Das „Hinterland“-Konzept des Albums, eine Art Coming-Of-Age-, „wir müssen raus hier“-Thema, das man ja schon von den beiden Vorgängern kennt, nimmt hier natürlich einen großen Platz ein (zum Beispiel im Titeltrack oder in „Im Aschregen“). Hier schafft es Casper zwar sich nicht allzu offensichtlich wiederholen, wirklich neue Impulse kann er hier aber auch nicht setzen. Auch Beziehungen („20qm“, besser: „Lux Lisbon“), Familienunglücke („Ariel“) oder Karrierebetrachtungen („Ganz schön okay“, „Endlich angekommen“, beides keine Höhepunkte) zählen mal wieder zum Themenrepertoire. Mit „Jambalaya“ sollen dann die Fans erster Stunde zufriedengestellt werden, „La Rue Morge“ muss man wohl als Experiment verstehen. Hier ist also alles im Rahmen des Erwartbaren, allerdings fehlt dem Ganzen unterm Strich doch irgendwie die Dringlichkeit von „Hin zur Sonne“ oder XOXO und wirkt ein wenig beliebiger.

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Mindestens genauso interessant ist aber ohnehin die Frage, in welche musikalische Richtung das Album geht. Wie schon bei XOXO wird Casper durch ein Produzenten/Musiker-Duo unterstützt. Der eine ist der noch relativ unbekannte Markus Ganter, der vorher bereits Alben von Sizarr und Dagobert produziert hat, hab beides nicht wirklich intensiv gehört, aber rein von der Reputation gibt es da schon schlechtere Referenzen. Der andere ist Konstantin Gropper, Mastermind von „Get Well Soon“ (!) und deutsche Indie-Koryphäe. Das liest sich auf dem Papier schon sehr gut.
Das Ergebnis dieser Kooperation unterscheidet sich im Ergebnis sehr deutlich von XOXO. Auf Letzterem war die Herangehensweise mit den wuchtigen Drum-Patterns und selbst eingespielten Gitarrenelementen, die eher wie Samples verarbeitet wurden, noch sehr deutlich im Hip Hop verankert, „Hinterland“ klingt dagegen relativ organisch und ist in seinen Arrangements nochmal ein Stück ausgefeilter. Auch die Instrumentierung ist deutlich aufwendiger (bis hin zu Big-Band-Elementen in „Jambalaya“) und durch die stärkere Nutzung von Akustik-Gitarren wirkt das Album insgesamt wärmer.
Die Kompositionen selbst sind ein gutes Stück zeitgeistiger ausgefallen. Man merkt stellenweise schon sehr deutlich, dass Macklemore & Ryan Lewis, Mumford & Sons und auch Coldplay zu der Zeit der Entstehung von "Hinterland" große Erfolge hatten. Und um einen letzten Vergleich zu ziehen: Klar, auch XOXO war kein sperriges Noise-Album, aber „Hinterland“ ist stellenweise so leicht zugänglich wie beliebiger Radiopop. Immer ein wenig an der Grenze zum guten Geschmack (vgl. das „Oh oh“-Gesinge auf „20qm“), ist das Album in Teilen schon sehr seicht, erst im hinteren Drittel löst sich das ein wenig auf, was Songs wie „Ganz schön okay“ noch lange nicht zu guten Werken macht, ganz im Gegenteil.

Grundsätzlich würde ich auch gar nicht behaupten wollen, dass „Hinterland“ schlecht ist, aber man stellt sich schon die Frage, warum denn ausgerechnet ein ausgewiesener Musik-Nerd wie Casper (der im Video zu „Hinterland“ ein SSD-Shirt trägt) sich mit so einem so unspektakulär klingendem Album zufrieden gibt. Und irgendwie drängt sich auch die Frage auf, ob es für dieses Album einen Casper gebraucht hätte. Im seinem Vortrag ist im Vergleich zu den anderen Alben nämlich auffällig, dass viel mehr Singsang in die gerappten Strophen Einzug erhält und die Hooks sind in der Regel ebenfalls gesungen. Hätte Konstantin Gropper noch die Vocals übernommen, wäre man vielleicht sogar näher am Zielbild gewesen. Bleiben noch die Texte, aber die stehen hier deutlich weniger im Zentrum, als auf den Vorgängerwerken.
Andererseits ist der ein oder andere Refrain, nachdem ich das Album noch einmal gehört habe, wieder in meinem Kopf („Nach der Demo gings bergab!“), „Alles endet“ und „20qm“ sind irgendwie schmissig und ich mag die Atmosphäre von „Lux Lisbon“ oder auch „Hinterland“. Außer dem schon oben erwähnten Track mit Kraftklub muss man eigentlich keinen Song zwingend skippen. Ich bin bei der Bewertung von „Hinterland“ ein wenig ratlos, deswegen orientiere ich mich mal daran, wie oft ich es im Vergleich zu den anderen Releases gehört habe und vergebe mit 3/5 vielleicht einen halben Punkt zu viel und höre dafür erstmal „Blauer Samt“ um mein Gewissen reinzuwaschen.


Auz der Grvft (2015)

In Interviews mit Casper ist seit 2011 immer wieder die Rede von einem Rap-Release. Welche Form das Ganze haben soll, variiert je nach Antwort. Tracks wie „Halbe Mille“ oder auch der BMF Freestyle sorgen in unregelmäßigen Abständen immer wieder für Hoffnungen bei den Fans.

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Zusammen mit Markus Ganter und Montana Max (haha) als „Gloomy Boyz“ erscheint 2015 die EP „Auz der Grvft“ und 6 Jahre später muss man sich vielleicht eingestehen, dass das vielleicht am ehesten dem versprochenen Rap-Release entspricht.
Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist dieses Spaßprojekt jetzt ernsthaft zu besprechen und zu bewerten. Deshalb nur kurz Track für Track:
  • Duck Dich (Doom Gang): Beat ganz nett, Parts weak wie Schweinelaute
  • Keiner: Videoauskopplung und schlechtester Track, da stimmt leider gar nix
  • Schwarze Shirts & Jeans: Schon besser, Hook vielleicht etwas nervig auf Dauer, Parts aber cool
  • Lass die Scheine fliegen: Mit Nico K.I.Z. als Young Lit (lach), leider zu klamaukig
  • Tief und langsam: Bester Track, Montaner-Part könnte aber besser sein
keine Wertung

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Ich fand Hinterland so dermaßen scheisse bei Release, ist aber mit der Zeit immer besser geworden und finde das mittlerweile manchmal besser als XOXO
 
Hinterland einfach deutscher Pop wie er klingen sollte und weniger Ausfälle als hzs oder xoxo
 
Viel Liebe für Hinterland. Nur dieses gottlose Kraftklub Feature hätte es nicht gebraucht. Immer, wenn der Zottel HALLOOOHOHOO singt, möchte ich die Anlage zerstören.
 
Hinterland bin ich kein Fan von, aber hab gerade mal "Ganz schön okay" angeschmissen. Find das jetzt gar nicht so schlimm. :D Wobei das "HALLOOOHOHOO" schon belastend ist.
 
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