Die Welt Hört Mich (2006)
Im Jahr 2006 legt Casper nicht nur einen denkwürdigen Auftritt bei „Feuer über Deutschland“ im 4XL-Shirt hin, sondern auch sein erstes Solo-Album (bzw. Mixtape) vor. Der Kontrast zu dem generischen „Rap Art War“ könnte kaum größer sein, „Die Welt Hört mich“ erscheint wie schon die Debut-EP auf 667 und ist in allen Belangen ein kurioses Machwerk.
Auf der einen Seite rappt Casper zu T.I., Fat Joe oder Dipset-Beats Zeilen wie
„Ich F*** wie ein Pferd und bin ausgezeichnet wie Etiketten“, schreit in Hooks „WHAT??!“ („Klatschtüte“) oder bellt einfach („Abriss“) und mutet mit Reruns a la
„Ich steh um Zehne vor der Hauptschule / Meine Jungs: Zehne von der Hauptschule / Starten eine Szene vor der Hauptschule / Schlagen los, verteilen deine Zähne vor der Hauptschule“ („Caspers Stadt“) fast schon wie eine Parodie des ein Jahr zuvor erschienenen „Die Linke und Rechte Hand Gottes“ von Snaga & Pillath an. Das Ganze ist überwiegend richtig gut gerappt und auch die Features (Kollegah, Lump, Pimpulsiv) können überzeugen, zu der Beatauswahl passen außerdem die zahlreichen Vergleiche, die auf US-Popkultur anspielen. Diese Tracks machen ungefähr zwei Drittel des Tapes aus, dass Casper zunächst als der „Emo-Rapper“ bekannt war, lag mit Sicherheit – neben seinem Äußeren – an dem übrigen Drittel.
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Mitte des 00er-Jahre – ein paar Jahre vor 2000Lace etwa – hatten sich Dienste wie Spotify noch lange nicht etabliert (bzw. waren noch nicht einmal entwickelt) und Musik die über MySpace / rappers.in (!) hochgeladen (und von Fans wiederum auf YouTube gestellt) wurde, hatte auf dem Schulhof durchaus eine gewisse Relevanz. Auf den genannten Plattformen gab es
erschreckend viele Rapper, die auf kitschigen Piano-Beats schmalzige Zeilen über gebrochene Herzen gerappt haben, zum Teil hatten diese Songs sechsstellige Abrufzahlen. Heute unvorstellbar, damals war das aber quasi ein eigenes Subgenre. In genau diese Kerbe schlagen auch die „deeperen“ Tracks auf die Welt hört mich, v.a. „Lippenlesen“ und „Rasierklingenliebe“. Gerade letzteres wurde dann auch mustergültig wie oben beschrieben adaptiert, Fan-Uploads wie dieser finden sich von dem Track noch haufenweise auf YouTube:
Die beiden genannten Tracks finde ich dann aber doch noch erstaunlich okay gealtert. Bei Zeilen wie „Meine Haut aus Glas bricht, wenn deine Blicke Steine werfen“ kann man zwar schon die Stirn runzeln, aber das hatte ich wesentlich schlimmer befürchtet. Für „Druck“ gilt dasselbe, die recht ähnlich klingenden „Kippenpause“ und „Blute mich durch“ sind sogar heute noch ganz okay hörbar und sorgen für ein wenig Abwechslung.
Natürlich ist das als Spaßprojekt entstandene „Die Welt Hört Mich“ 15 Jahre später ein wenig aus der Zeit gefallen, aber es macht nach wie vor enorm viel Spaß das Tape durchzuhören und das ist für Deutschrap-Releases aus dieser Zeit ja nicht unbedingt häufig der Fall. Ich bin bei diesem Tape auf Casper aufmerksam geworden und habe es sicher jahrelang gehört, für mich ein persönlicher Classic.
4/5
Exclusive Mixtape (2007)
Ich war mir zunächst nicht sicher, ob ich mir im Rahmen dieses Rankings auch noch einmal das „Exclusive Mixtape“, das damals auf
www.killcasper.de (haha) veröffentlicht wurde, anhören sollte, aber als mir wieder einfiel, dass das das Release war, auf dem sich Casper als den „Mack mit den rosanen Shirts“ bezeichnet:
Auch dieses Tape ist wieder ein ziemlich wilder Mix. Es enthält 3 Tracks aus „Die Welt hört mich“, das Snippet zu ebendiesem Tape, Tracks aus Pimpulsiv-Releases (darunter der Brecher „Komm mal ran“), diverse Exclusives (für das FORUM von killcasper.de oder zum zweijährigen Jubiläum von HIPHOPSTYLEZ.DE xddd), die dokumentieren, warum man froh sein kann, dass Casper für sein Tape davor nicht auf deutsche Produzenten gesetzt hat. Außerdem: Ein guter Track mit Lump (Straße, du Respektperson), einen Jaheim-Remix, der gar nicht mal so schlecht ist und einen Track mit Timi Hendrix und Animus (!). Wirklich bewerten kann man das Ganze in diesem Rahmen nicht unbedingt sinnvoll, ist auf jeden Fall mal interessant zu hören.
keine Wertung
Die .zip enthielt damals auch einige graphische Meisterwerke, die ich euch an dieser Stelle natürlich nicht vorenthalten will: