Trotz der vielen Warnungen aus der Wirtschaft droht einer Studie zufolge zumindest kurzfristig kein Fachkräftemangel in der Industrie. Dafür seien „in Deutschland kaum Anzeichen zu erkennen“, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Dies ergebe sich aus der aktuellen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, aus der Einkommensentwicklung sowie aus den Studenten- und Absolventenzahlen.
„Keine wissenschaftlichen Verfahren“
Studienautor Karl Brenke kritisierte Untersuchungen, die einen Fachkräftemangel belegen sollen. Bislang seien „keine wissenschaftlichen Verfahren bekannt, die angesichts der Komplexität des Arbeitsmarktgeschehens“ geeignet seien, die Größe einer möglichen Fachkräftelücke zu berechnen.
Gegen einen akuten Fachkräftemangel spreche unter anderem, dass der in der Krise begonnene Arbeitsplatzabbau in der Industrie „gerade erst zum Stillstand gekommen“ sei, schrieb Brenke. Noch im August habe die Zahl der Beschäftigten in dem Sektor um gut 300 000 unter dem Vorkrisenniveau gelegen. Die Arbeitsmarktsituation in den meisten technisch-naturwissenschaftlichen Berufen habe sich seit 2008 verschlechtert. „Bei fast allen Fachkräften ist die Zahl der Arbeitslosen höher als die Zahl der offenen Stellen.“
Mehr Studenten
Auch beim Nachwuchs kann das DIW keinen Mangel erkennen. Die Zahl etwa der Ingenieurstudenten sei nach einer vorhergehenden Stagnation seit 2007 „sprunghaft gestiegen“. Das gleiche gelte in anderen wichtigen Fächern wie in der Humanmedizin, Mathematik und in den klassischen Naturwissenschaften. In all diesen Fächern sei die Zahl der Studenten deutlich stärker gewachsen als die Zahl der Studenten insgesamt. Das gleiche gelte für die Zahl der Absolventen in diesen Fächern. Bei der Ausbildung von Facharbeitern bleibe unter dem Strich die Vermutung, „dass die Unternehmen nur deshalb nicht mehr ausbilden, weil sie dies wegen eines ausreichenden Fachkräfteangebotes nicht müssen“.