Welche Argumente hast du denn gegen Lissabon?
Na da könnte man Seiten füllen. Aber mal abgekürzt. Diese Sache ist sicherlich die größte Farce in der europäischen Nachkriegsgeschichte und wenn einen nicht sowieso gar nichts mehr wundern würde, dann könnte man nur staunen über die Verbissenheit, mit der unsere sogenannten demokratischen Politiker und freien Medien die dümmsten Plattitüden wiederkauen um diese Farce zu verteidigen und rechtfertigen.
Wie jeder weiß ist der EU-Verfassungsentwurf 2004/5 zwei Referenden unterzogen worden, die beide scheiterten. Dann wurde dieser Verfassungstext 1:1 so wie er war mit "Vertrag von Lissabon" überschrieben (die Änderungen beschränkten sich im Wesentlichen auf Äußerlichkeiten wie dass der EU-Außenminister nun "Hoher Vertreter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" heißt und nicht mehr Außenminister, wobei er im Sprachgebrauch aber sowieso weiterhin Außenminister genannt wird). In den beiden Ländern, in denen die Verfassung scheiterte, befragte man das Volk nun nicht mehr und flugs gab's auch Zustimmungen aus NL und F. Dummerweise musste jetzt in Irland ein Referendum gehalten werden und dies scheiterte, sodass bei jedem Anlauf für die Annahme der EU-Verfassung/Lissabon-Vertrages bislang alle Volksbefragungen scheiterten, 100% Ablehnungsquote also. (Die Politiker stellten das natürlich andersherum dar: Alle Länder bis auf NL und F hätten zugestimmt; 2008 hätten 26 Länder dafür und nur IRL dagegen gestimmt, wobei dies natürlich jeweils die einzigen Länder mit Volksbefragung waren).
Anstatt nun mal verschämt in sich zu gehen und sich zu fragen, wie weit man in Punkto Volksverarschung eigentlich gegangen war und wie man aus dieser Quittung zu lernen habe, ging die Show einfach weiter wie bisher, man wiederholte das Referendum einfach nochmal und erhöhte die Propaganda ins Unermessliche, und o Wunder diesmal klappte es also. Hätte es diesmal nicht geklappt, hätte man wohl entweder halbjährlich abstimmen lassen, bis irgendwann mal ein Ja herausspringt, oder man hätte das gleiche Spiel wie zu Beginn wiederholt, den Verfassungsvertrag dieesmal in "Übereinkommen von Gunzenhausen" umbenannt und diesesmal halt gar keine Volksabstimmung durchführen lassen.
Man kann von keiner Regierung verlangen, freiwillig auf Volksverarschung und autoritärer Durchsetzung von was immer sie will gegen jeglichen Willen der Bevölkerung zu verzichten, da muss man davon ausgehen, dass das jede versuchen wird, aber dass es dann noch unabhängige Medien und Experten gibt, die das dann bereitwillig demokratisch nennen, ist schon Realsatire. Anders ausgedrückt: Der König von Saudi Arabien macht auch, was er will, aber er sagt dann konsequenterweise auch wenigstens nicht, seine Regierung wäre demokratisch.
Jedenfalls meinen viele Leute, man müsse Dinge wie diese Verfassung halt egal wie durchsetzen, weil sie halt aus irgendeiner objektiven Vernunft heraus nunmal notwendig wären. Und um in Zeiten der Globalisierung handlungsfähig zu bleiben und blabla Wirtschaftskrise und Klimawandel und Nationalstaaten sind überholt und blablabla. Alles Unsinn und leere Parolen. Aber selbst wenn das stimmen würde, wäre es kein Argument. Denn wenn irgendeine objektive Notwendigkeit dazu berechtigen würde, vermeintlich effiziente Maßnahmen auch gegen demokratische Normen durchzusetzen, dann kann man gleich eine wohlmeinende Diktatur aus einem Politbüro und einem Expertenstab einführen.
Zum Inhalt könnte man auch noch Seiten schreiben. Die meisten wissen ja eh nichts darüber außer das, was sie von irgendwo nachlabern, nämlich, dass die EU damit moderner und "effizienter" und handlungfähiger und mitunter sogar demokratischer und was noch alles werden würde, was natürlich alles Blödsinn ist.
Aber selbst wenn im Vertrag gar nichts beschlossen worden wäre und er nur leere Seiten enthielte, wäre allein sein Zustandekommen Grund genug, die Veranwortlichen vor Gericht zu bringen. Dass der Vertrag alle demokratischen Prinzipien effektiv schwächt, kommt da noch hinzu. Das würde aber an dieser Stelle zu weit führen.