Ende des vergangenen Jahres lag dann endlich das ersehnte Schreiben des Generalbundesanwalts am Bundesgerichtshof in Högers Briefkasten. Nur stand nicht das drin, was sich die Parlamentarierin erhofft haben dürfte: Ihre Anzeige wurde in allen Punkten zurückgewiesen. »Nach Auswertung der hier vorliegenden Abschlussberichte der verschiedenen nationalen und internationalen Untersuchungskommissionen und weiterer Quellen ergeben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Begehung verfolgbarer Straftaten zum Nachteil deutscher Staatsangehöriger«, heißt es in dem achtseitigen Brief trocken. Das Aufbringen der Flotte habe keinen strafbaren Angriff »gegen die Zivilbevölkerung als solche oder einzelne Zivilpersonen« dargestellt, weil das israelische Vorgehen allein »die Übernahme der Kontrolle über die Schiffe« bezweckt habe, »aber nicht die Schädigung von Einzelpersonen«. Dass es zu Blutvergießen kam, sei dem Umstand zuzuschreiben, dass etliche Passagiere den israelischen Soldaten »Widerstand entgegenbrachten«, der in »erheblicher, organisierter und gewaltsamer Weise« ausgeübt worden sei.
Überhaupt, so befand der Generalbundesanwalt, seien die Schiffe keine zivilen Objekte gewesen, sondern vielmehr militärische Ziele, »die nach den Regeln des humanitären Völkerrechts angegriffen werden durften«. Der »Gaza-Flottille« sei es nämlich nicht in erster Linie um die Lieferung von Hilfsgütern gegangen, sondern darum, die Seeblockade vor dem Gaza-Streifen zu brechen. Zudem habe insbesondere die Besatzung der »Mavi Marmara« sich geweigert anzuhalten und mit Gewalt versucht, die Aufbringung und Durchsuchung zu verhindern. Durch all dies habe sich die Flotte »aktiv gegen eine militärische Maßnahme« gewandt und sei dadurch »zum Beteiligten am Konfliktgeschehen« geworden. Die Anwesenheit von Zivilisten an Bord habe ändere daran nichts.