Kommentar zu FC-Kapitän Mohamad
Besonders würdig
Von Christian Löer, 04.01.10, 22:34h
Die Berufung des wortkargen Verteidigers Youssef Mohamad ist nur auf den ersten Blick überraschend: Der Libanese überzeugt erstens durch Leistung und ist zweitens komplett frei von Allüren - dies macht ihn würdig, die Kapitänsbinde zu tragen.
Wenn sich ein schweigsamer Trainer einen weitgehend sprachlosen Kapitän aussucht, klingt das nach einer fortgeschrittenen Kommunikations-Defensive. Doch die erfrischend undemokratische Ernennung des Libanesen Youssef Mohamad zum Mannschaftsführer des 1. FC Köln durch Zvonimir Soldo ist nur auf den ersten Blick eine gewagte Trainerentscheidung.
Youssef Mohamad ist im Kölner Kader einer von nur zwei Spielern, die nicht zu ersetzen sind. Der andere ist sein 24-jähriger Nebenmann Pedro Geromel, der in seinem erst zweiten Jahr im deutschen Fußball noch kein tauglicher Kandidat gewesen wäre. Mohamad dagegen ist längst in Deutschland angekommen, weiß aber als Moslem libanesischer Herkunft nur zu gut, was es bedeutet, ein Fremder in einem fremden Land zu sein. Eine wichtige Eigenschaft für einen, der in einem multinationalen Gebilde wie der Mannschaft des 1. FC Köln auch für das Klima zuständig sein soll.
Als Mohamads einzige Schwäche gelten ausgedehnte Shopping-Touren durch die Boutiquen Mailands - eine lässliche Sünde für einen jungen Mann, der viel Geld verdient und kaum Zeit hat, es zu genießen. Ansonsten tritt der fromme Moslem als Profi ohne Tadel auf. Er trinkt nicht, achtet penibel auf seinen Körper, würde nie ein Training wegen kleinerer Wehwehchen auslassen. Selbst seine zunächst rebellisch wirkenden Tätowierungen sind den entscheidenden Koordinaten seines Lebens gewidmet: Mutter, Vater, Gott.
Wichtigste Eigenschaft des neuen FC-Kapitäns jedoch ist: Youssef Mohamad macht keinen großen Aufstand um seine eigene Person, was ihn davon abhält, von einer persönlichen Krise in die nächste zu stürzen; er hat extrem wenig mit seinem Ego zu kämpfen. Anders als etwa Vorgänger Milivoje Novakovic, der mit seinen Toren in den vergangenen Jahren wahrscheinlich den größten Anteil an den sportlichen Erfolgen der Mannschaft hatte, scheint Youssef Mohamad dem 1. FC Köln noch einen Tick mehr geben zu können als die bloße Top-Leistung auf dem Platz. Er hat in der Welt des Funktionieren-Müssens das Gefühl für die Mannschaft bewahrt. Mehr zu sein als nur ein herausragender Einzelkönner - das macht Youssef Mohamad zu einem besonderen Bundesligaspieler. Und damit zu einem würdigen Kapitän des 1. FC Köln.
Quelle:
www.ksta.de