Deutschland wird sehr einsam sein
Von Joseph Zammit-Lucia
Vor Kurzem war ich mit einem tschechischen Freund essen. Er vertrat die Ansicht, dass Angela Merkel für ihre Haltung zum Thema Flüchtlinge und Immigration "ins Gefängnis gehöre". Dies ist zwar eine sehr extreme Position, doch mein Freund war fest davon überzeugt. Er argumentierte, dass die Kanzlerin die soziale Struktur des ganzen Kontinents im Alleingang und unwiederbringlich transformiert habe, indem sie unbegrenzter Einwanderung Tür und Tor geöffnet hat. Während die Sache mit dem Gefängnis natürlich nicht haltbar ist, hat sein Argument jedoch eine gewisse Berechtigung.
In einem Europa der offenen Grenzen beeinflusst eine Entscheidung eines Mitgliedstaats auf direkte Weise ganz Europa – wie sich jüngst gezeigt hat. Denn diese Entscheidung wurde im Alleingang von einer einzelnen Person in einem einzelnen Land getroffen und es gab keine europaweite Debatte oder Übereinkunft.
Ein Deutschland (oder ganz allgemein ein Land), das bei der Entscheidungsfindung keine Solidarität und Einigkeit mit seinen Partnern an den Tag legt, kann keine Solidarität bei der Implementierung der Konsequenzen dieser Entscheidung erwarten. Ich möchte hier weder der Entscheidung Angela Merkels beipflichten noch diese als falsch verurteilen. Doch Deutschland muss lernen, die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen allein zu tragen.