Kein Mann wer Gedichte schmäht: Der Gedichte-Thread

Sollten Gedichte sich reimen?


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Resumé von Adolf Endler (Vater von Julius Endler / Hiob)

Bis heute kein einziger Seepapagei in meinen vielen Gedichten
(Stattdessen schon wieder’n Dutzend Fadennudeln im Bart);
Auch dem Sabberlatz nicht das ärmste Denkmal gesetzt in Vers oder Prosa,
So wenig wie der Elbe-Schiffahrt oder der Karpfenernte bei Peitz.


Geschiebemergel dagegen ja!, fast zu häufig die Rede von diesem
(Und meistens mit Fadennudeln im verwahrlosten Bart)!
Nicht vergessen die Gelbhalsmaus, nicht fehlt die sogenannte Naschmarktfassade!
Selbst Sägeblätter, selbst Kühlhaus-Eier weiß ich irgendwo untergebracht.

Indessen nicht der kleinste Seepapagei in meinem Scheiße-Gesamtwerk!
Um ehrlich zu sein: Das Gleiche gilt für den Hüfthalter oder den Kronenverschluß.
Und wie konnte ich fünfzig Jahre lang das Wörtchen "Wadenwickel" verfehlen?
Es gibt keine ausreichend lichte Erklärung für das und für dies und für das.

"Darf ich dir die Fadennudeln aus dem Bart nehmen?"
(Sagt Georg Maurer.)
 
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Stefan George

Komm in den totgesagten Park und schau


Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade -
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.

Dort nimm das tiefe gelb - das weiche grau
Von birken und von buchs - der wind ist lau -
Die späten rosen welkten noch nicht ganz -
Erlese küsse sie und flicht den kranz -

Vergiss auch diese letzten astern nicht-
Den purpur um die ranken wilder reben -
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.
 
Stefan George

Der Krieg

Zu jubeln ziemt nicht: kein triumf wird sein ·
Nur viele untergänge ohne würde ..
Des schöpfers hand entwischt rast eigenmächtig
Unform von blei und blech · gestäng und rohr.
Der selbst lacht grimm wenn falsche heldenreden
Von vormals klingen der als brei und klumpen
Den bruder sinken sah · der in der schandbar
Zerwühlten erde hauste wie geziefer ..
Der alte Gott der schlachten ist nicht mehr.
Erkrankte welten fiebern sich zu ende
In dem getob. Heilig sind nur die säfte
Noch makelfrei versprizt – ein ganzer strom.
 
AN DIE NACHGEBORENEN
von Bertolt Brecht

1

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich satt zu essen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt
Bin ich verloren.)

Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich es dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.

Ich wäre gerne auch weise
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!



2

In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legt ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit
Die Sprache verriet mich dem Schlächter
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.


3

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.

Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

Dabei wissen wir ja:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.



***
 
Last edited:
Stefan George

Der Krieg

Zu jubeln ziemt nicht: kein triumf wird sein ·
Nur viele untergänge ohne würde ..
Des schöpfers hand entwischt rast eigenmächtig
Unform von blei und blech · gestäng und rohr.
Der selbst lacht grimm wenn falsche heldenreden
Von vormals klingen der als brei und klumpen
Den bruder sinken sah · der in der schandbar
Zerwühlten erde hauste wie geziefer ..
Der alte Gott der schlachten ist nicht mehr.
Erkrankte welten fiebern sich zu ende
In dem getob. Heilig sind nur die säfte
Noch makelfrei versprizt – ein ganzer strom.
Toll!
 
GOETHE : Selige Sehnsucht

Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Ueberfällt die fremde Fühlung
Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsterniß Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt,

Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und Werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

* * *​
 
Man kann im Internet sehr gut nachverfolgen, wie wenig z.B. Textbattles an der Tastatur mit Rap zu tun haben und wie deren Vertreter kläglich scheitern, sobald sie sich an einer mündlichen Umsetzung ihres Getippsels versuchen.
Gruß an die Tunten aus dem Rhymecypher, die sich die Hände wund tippen, aber noch nie einen Song recordet oder mal live performt haben.

Ich finde Gedichte aber halt irgendwie Quatsch. Für mich ist ein Gedicht wie ein Songtext, der nicht aufgenommen wurde oder wie ein Drama, das man liest, anstatt sich die Aufführung anzuschauen oder wie ein Drehbuch zu lesen, anstatt den Film zu sehen.

Irgendwelche Versmaße, Reime etc. hatten doch den Grund, dass man sich das leichter merken und es singend vortragen konnte, weil es ursprünglich nicht dafür gedacht war, nur gelesen zu werden, weil die Bevölkerungsmehrheit sowieso nicht lesen konnte.
 
Das gilt aber andersrum auch: Der Text wird als Text veröffentlicht, so kann er vom Lesenden vertont werden. Das kann Vorlesen sein, Singen oder musikalisch hinterlegt, ohne in Konflikt mit einer offiziellen Version zu geraten. Da die meisten Dichter keine Musiker sind, liegt das nahe. So kann dann über Jahrhunderte, sollte das Gedicht zum Gesang taugen, sich eine essenzielle Version durchsetzen. Goethe hat >1500 Writing Credits auf Discogs und die Liste ist bestimmt nicht vollständig.

Von der Perspektive aus ist vielleicht das aufgenommene Lied dasjenige, das nie vollendet wurde. Denn die Konsumenten kennen die Worte und die Noten nicht wirklich, sie haben nie gelernt, es zu singen oder zu spielen, und es stirbt mit der nächsten Neuerung im Musikformat, wenn es nicht übertragen wird. Gedicht- und Gesangsbücher sind da langlebiger.

Und Dramen werden die wenigsten je aufgeführt, das ist ein Luxus angesehener Künstler und in Schauspielerkreisen beliebter. Macht aber nichts, man kann sie sich beim Lesen gut vorstellen - oft besser als eine mittellose Aufführung tatsächlich wäre.
 
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An Kindes Statt
von Erich Fried

1.
Frauen die kinderlos waren
und unfruchtbar von den Strahlen
gingen mit ihren Männern ins Exhumatorium
Sie rochen Karbol
und lasen die Transparente
BESSER EIN TOTES KIND
ALS GAR KEINEN KINDERSEGEN!

Von den teuersten waren manche
noch wie lebendig
der Durchschnitt aber war verfärbt
oder etwas fehlte
doch auch die ärmsten Pflegeeltern gingen nicht leer aus
für sie gab es unentgeltlich
Kindertöpfchen voll Knochen

Ein Transparent am Ausgang
verkündete KINDER FÜR ALLE!
Sie schoben ermutigt
unter den trächtigen Wolken
die Kinderwagen mit ihren umwickelten Kindern
oder sie trugen die Töpfchen
und nannten sich Vati und Mutti

2.
In der Nacht träumte eine der Frauen
ein ganzes Märchen:
Ihr Mann flog auf einer Rakete ans Ende der Welt
und östlich der Sonne
fand er den Brunnen des Wachstums
und westlich vom Mond
fand er den Brunnen des Lebens
und sprang auf die nächste Rakete
die drüben aufstieg
auf der anderen Seite der Welt
und kam wieder zurück
und wickelte vorsichtig das Kind aus den Tüchern
und besprengte es
mit Wasser des Wachstums und Lebens

Da lebte es auf
als ob das Kind sich bewegte
da wuchsen Maden wie gelenkige Kinderfinger -
und die junge Pflegemutter
fuhr schreiend auf aus dem Schlaf
und wusch ihr totes Kind
mit verläßlichen scharfen Essenzen
 
Für den weißen Kardinal

Rudyard Kipling - The White Man's Burden
Take up the White Man's burden -
Send forth the best ye breed -
Go bind your sons to exile
To serve your captives' need;
To wait in heavy harness
On fluttered folk and wild -
Your new-caught sullen peoples,
Half devil and half child.

Take up the White Man's burden -
In patience to abide
To veil the threat of terror
And check the show of pride;
By open speech and simple,
An hundred times made plain,
To seek another's profit,
And work another's gain.

Take up the White Man's burden -
The savage wars of peace -
Fill full the mouth of famine
And bid the sickness cease;
And when your goal is nearest
The end for others sought,
Watch Sloth and heathen Folly
Bring all your hopes to nought.

Take up the White Man's burden -
No tawdry rule of kings,
But toil of serf and sweeper -
The tale of common things.
The ports ye shall not enter,
The roads ye shall not tread,
Go make them with your living,
And mark them with your dead !

Take up the White Man's burden -
And reap his old reward,
The blame of those ye better,
The hate of those ye guard -
The cry of hosts ye humour
(Ah slowly !) towards the light:-
"Why brought ye us from bondage,
"Our loved Egyptian night ?"

Take up the White Man's burden -
Ye dare not stoop to less -
Nor call too loud on Freedom
To cloak your weariness;
By all ye cry or whisper,
By all ye leave or do,
The silent sullen peoples
Shall weigh your Gods and you.

Take up the White Man's burden -
Have done with childish days -
The lightly proffered laurel,
The easy, ungrudged praise.
Comes now, to search your manhood
Through all the thankless years,
Cold-edged with dear-bought wisdom,
The judgement of your peers.
 
so schwuchteln wie hier im thread sind der grund warum deutschland kein player mehr ist international

ich hab beim kaken bessere lyrik als jeder deutsche dichter zusammen
 
if you have never
stood with the oppressed
there is still time

lift them - rupi kaur


:emoji_bear::emoji_deciduous_tree:
 
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Waldgänger von Rolf Schilling

TRITT ein und nimm die Binde von den Augen,
Dies ist der grüne Tempel deines Traums:
Wo Flügel sirren, Rüssel Nektar saugen,
Holunder sich im Stürzen hellen Schaums
Verströmt, soll dir zum Stab die Hasel taugen,
Und Natter beugt als Hüterin des Saums,
Verjüngter Haut, auf der die Siegel blinken,
Ihr Haupt, vom Tau des ersten Tags zu trinken.

Durchs grüne Reich geh als der Namengeber
Auf Fährten, deinem Traum zutiefst vertraut,
Bemiß die Milch dem Wolf, die Wurz dem Eber,
Schmück deinen Helm mit Purpur-Knabenkraut,
Dem Seidenglänzer wie dem Wolkenweber
Zoll deinen Spruch, und auf der Schlangenhaut
Entziffre, was die Stifterin der Bünde
Im Herzen hegt, und was sie wünscht, verkünde.

Zuerst wirst du, die Blicke an den Boden
Geheftet, als der Bilder Souverän,
Im Halm das Haar, im Hexen-Ei die Hoden
Des Hirsches und im Schaft den Speer erspähn,
Wo dich das Moos verlockt mit feuchten Loden,
Schlüpf in den Fels, die Sporen auszusän
Des Lichts, und schwimmt der Schwan vor deinem Nachen,
Fährst du gefeit aus jeder Höhle Rachen.

Wer sich im Eichwald nach dem Einblatt bückte,
Hab auch der Nester in den Wipfeln acht,
Wen Adlerfarn und Rosmarin entzückte,
Der hegt in seinen Waben reiche Tracht,
Und daß dir glücke, was noch keinem glückte,
Hoffst du: daß dir das Einhorn in der Nacht
Erscheine, dich entrückend an die Quelle,
Die Silber sprüht auf Lamm- und Widderfelle.

Nicht nur dem Erz im kühlen Grottendämmer,
Nicht nur der Tiefe bist du zugewandt,
Als Schild am Weiher und als Schilf-Durchkämmer
Hältst du auf Molch und Otter deine Hand,
Wo dir von Amselsang und Spechtsgehämmer
Die Lichtung tönt, schling deiner Lilien Band
Zum Ring, und gilts, die Eiche zu ersteigen,
Bist du noch stets der erste in den Zweigen.

Lausch in die Höh, der Adler hat geschrieen,
Vom Wind verführt wirf ab der Erde Last,
Den glatten Stamm mit Armen und mit Knieen
Umklammernd, strebst du auf zum sichren Ast,
Bereit, noch weiter dich emporzuziehen,
Die harsche Hand zu krallen in den Bast,
Und aus dem Horst hebst du das Adlerjunge
Ans Licht mit festem Griff und jähem Schwunge.

Schneeweiß im Flaum, im frühsten, sein Gefieder
Vermag zu blenden deinen Herrscher-Blick,
Du ahnst, daß ihm dein Wesen nicht zuwider,
Du siehst dein Los geknüpft an sein Geschick,
Du senkst ihn sanft in seine Wiege nieder,
Du ziehst dich aus der Schwebe scheu zurück
Und kommst herab, verwandelt und erhaben,
Zu prunken weiß im Samt des Adlerknaben.

Schreit ab den Waldsaum, sieh im Ried verschwistert
Die Knoblauch-Rauke mit dem Lerchensporn,
Pflück aus dem Gras, drin leis der Tritt erknistert
Des Wiesels, weiß den Aronstab, im Dorn
Des Brombeer-Strauchs hör, was der Wind dir flüstert,
Aus frischen Quellen speise deinen Born,
Auf daß, wenn Wildgeruch die Maiendüfte
Verschlug, der Ginster blüh aus deiner Hüfte.

Wo einst im Rausch das Zepter Pans du schwangest,
Kehr ein am Hort, und wende dich, der du
Des Waldes Wunder nie genugsam sangest,
Betört von Schwalbenwurz und Frauenschuh,
Zum Südhang wieder. Wo durchs Tal du drangest,
Schließt hinter dir Gestrüpp die Pfade zu,
Und nur der holdeste der Harnisch-Träger
Schwirrt vor der Stirn dir als der Traum-Aufpräger.

Im Schatten jener Eiche sollst du rasten
Zuletzt, Waldtaube lockt dich mit Gegurr,
Wo Falter dir die Wange sacht betasten,
Vergiß dich, Fäden spinn und Netze zurr,
Der Jäger reicht sein Waidwerk dem Erblaßten,
Hirschkäfer wallen auf im Brunst-Gesurr,
Und jenem, der im Gras die Schlange träfe,
Schwäng sie als Diadem sich um die Schläfe.

So streck dich aus mit samtenem Behagen
Am Saum des Feuers, wo mit Lefzen rot
Der Salamander wacht, laß Hörner ragen
Im Laub, dort gieß den Wein und brich das Brot,
Laß deinen Speer das Zelt der Sterne tragen,
Solang im Rispen-Silber Soma loht,
Und bis der Wächter seine Schar vergattert,
Blas in die Glut, vom Asche-Flaum umflattert.

Ein Hold-Arom von Zimmet und Zitrone
Wogt über Blütenhäuptern rosa-weiß,
Die Göttin öffnet ihren Schoß dem Sohne,
Daß Blut und Äther ihm die Flamme speis,
Wer dies erfuhr, der heischt nicht Hort noch Krone,
Wer hier versänke, säng der Sichel preis,
Und wo die Aschwurz ihren Glanz metallen
Entfacht, laß dich in ihre Fänge fallen.

Besteh die Huldin, die den Hain durchschreitet,
Und Boten, die dir Widder-häuptig dräun,
Und spür, die samtnen Schwingen sind gebreitet,
Am Spiel der Eulen sollst du dich erfreun,
Und wissend, daß im Zauber, der dich leitet,
Der Hüter zwölf sind und der Häupter neun,
Laß, eh der Duft verweh, die Nacht sich neige,
Die Muschel glühn, daß ihr der Gott entsteige.

Der Gott der Wälder noch, der uralt-junge,
Vom Busch, der brennt, einsog er das Arom,
Mit Mohn im Haar und Purpur auf der Zunge,
Hinflutend auf des Mondlichts kühlem Strom,
Er läßt sich nieder, löst im Adlerschwunge
Den Runen-Reif, und vor des Holders Dom
Im Asche-Flaum, im Adler-Flaum, im grauen,
Nimmst du das Gold des Traums aus seinen Klauen.
 
"Das ist ein Gedicht" für mich die schwächste Ausrede mit der Leute ihre Texte ohne ordentliche Reime und Punchlines entschuldigen wollen
 
Eduard Mörike
Der Feuerreiter
Sehet ihr am Fensterlein
Dort die rote Mütze wieder?
Nicht geheuer muß es sein,
Denn er geht schon auf und nieder.
Und auf einmal welch Gewühle
Bei der Brücke, nach dem Feld!
Horch! das Feuerglöcklein gellt:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Mühle!

Schaut! da sprengt er wütend schier
Durch das Tor, der Feuerreiter,
Auf dem rippendürren Tier,
Als auf einer Feuerleiter!
Querfeldein! Durch Qualm und Schwüle
Rennt er schon und ist am Ort!
Drüben schallt es fort und fort:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Mühle!

Der so oft den roten Hahn
Meilenweit von fern gerochen,
Mit des heilgen Kreuzes Span
Freventlich die Glut besprochen –
Weh! dir grinst vom Dachgestühle
Dort der Feind im Höllenschein.
Gnade Gott der Seele dein!
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Rast er in der Mühle!

Keine Stunde hielt es an,
Bis die Mühle borst in Trümmer;
Doch den kecken Reitersmann
Sah man von der Stunde nimmer.
Volk und Wagen im Gewühle!
Kehren heim von all dem Graus;
Auch das Glöcklein klinget aus:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennts! –

Nach der Zeit ein Müller fand
Ein Gerippe samt der Mützen
Aufrecht an der Kellerwand
Auf der beinern Mähre sitzen:
Feuerreiter, wie so kühle
Reitest du in deinem Grab!
Husch! da fällts in Asche ab.
Ruhe wohl,
Ruhe wohl
Drunten in der Mühle!


Keine Ahnung warum, aber ich hab ewig gebraucht, bis ich mir das für die schule auswendig eingebleut habe.
Normal null Probleme mit sowas, aber das hier hat gedauert.
 
dunkel wars der mond schien helle,
als ganz langsam blitzeschnelle
der gedicht rezitierer seine fresse hielt.
 
KLEINE ASTER von Gottfried Benn

Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.
lrgendeiner hatte ihm eine dunkelhellila Aster
zwischen die Zähne geklemmt.
Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle
zwischen die Holzwolle,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
kleine Aster!


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