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Plattenkiste

Kitana – Projekt

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Kita­na mit "Pro­jekt".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Kita­na releas­te eini­ge Vor­bo­ten für ihr im April 2025 erschie­ne­nes Album "Fata­li­ty". Die Songs bewe­gen sich alle zwi­schen den Polen "emotional-​verletzlich" und "aggres­siv". Die­se gewäh­ren uns so einen umfas­sen­den Ein­blick in die Welt der Rap­pe­rin. Der Track "Pro­jekt" ist dabei die Speer­spit­ze der aggres­si­ven Hälf­te des Albums.

Ich fin­de es immer wie­der erschre­ckend, wie sehr Musik dazu in der Lage ist, die eige­nen Emo­tio­nen zu ver­stär­ken. Mit "Pro­jekt" lie­fert Kita­na den Sound­track, um sich – zumin­dest zwi­schen­zeit­lich – Wut und Aggres­sio­nen hin­zu­ge­ben. "Pro­jekt: Ich zie­le jetzt auf den Kek. Mach' ihn kalt!" Ein stump­fer Gedan­ke, den ich defi­ni­tiv nur meta­pho­risch umset­ze. Doch gera­de die­se unver­blüm­te Aus­spra­che des Vor­ha­bens der Rap­pe­rin, macht aus "Pro­jekt" den per­fek­ten Kata­ly­sa­tor für ange­stau­te Emo­tio­nen. Für Kita­na selbst scheint der Song auch eine Form der Kathar­sis zu sein, zumin­dest wenn man ihre Lyrics näher betrach­tet: "Moodswings real, nenn' es PTSD. Größ­ter Ene­my war ein Trieb wie Epstein. Kei­ne Ener­gie mehr für Memes und Slap­stick!" Ihre Angriffs­lust spie­gelt sich auch im Beat von Vitto­ria PS wider, der die Mes­sa­ge mit ver­zerr­ten Gitar­ren­sounds und kra­chen­den Drums sau­ber abrun­det. Kita­na ist sich der ener­ge­ti­schen Kraft des Instru­men­tals durch­aus bewusst – und so darf sich ihr Pro­du­cer in der letz­ten Minu­te des Songs kom­plett aus­to­ben. Ein epo­cha­les Fina­le des Tracks, in dem die Gitar­ren­sounds noch­mal kom­plett auf­ge­dreht wer­den, ein Vocals­am­ple in sei­ne Ein­zel­tei­le zer­legt wird und der Bass sich schön in den Vor­der­grund drückt. Mit die­sem Song kann ich mich von ange­stau­ter Wut befrei­en, auch wenn das zum Glück nicht so oft vorkommt.

"Jede Snitch kriegt, was sie ver­dient" – manch­mal darf es auch ein simp­les State­ment sein. Kita­na lie­fert mit "Pro­jekt" den per­fek­ten Track, um sei­nen Emo­tio­nen mal für drei Minu­ten frei­en Lauf zu las­sen und am Rad zu dre­hen. Und wenn man sich dann beru­higt hat, kann man auch die ruhi­ge­ren Songs ihres zuge­hö­ri­gen Albums genie­ßen, denn die gefal­len mir eben­falls hervorragend.

(Alec Weber)