"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Ich freue mich immer sehr, wenn Künstler:innen es schaffen, mich aus meiner soundtechnischen Komfortzone herauszuholen. Einer, der das schafft, ist Sir Mantis. Denn seine "Floating EP" lebt von eher elektronischen Klängen – die mir sonst meistens weniger gefallen. Doch in diesem Fall sticht seine Musik aus meinen Playlisten immer wieder positiv hervor.
Die EP beginnt mit der scheinbar einfachen Frage: "Hast du Angst?" Der zugehörige Track "Monster" spielt herrlich mit der typischen Erzählung von Kids, die Angst vor einem Monster unterm Bett oder im Schrank haben. Sir Mantis spult dabei allerdings nicht irgendwelche Klischees ab, sondern zeigt sich in den Lyrics nahbar und verletzlich: "Wenn ich mir in die Augen sehe, dann sind da Monster." Diese persönlichen Erzählungen durchziehen auch alle folgenden Tracks und haben eine Tiefe, die mich immer wieder berührt. Konterkariert wird die inhaltliche Ausrichtung durch den Sound der Beats, die ebenfalls von Sir Mantis produziert wurden. Paradebeispiel hierfür ist sicherlich "Sorry not Sorry 2": Das Instrumental lädt sofort zum Tanzen ein, während der Rapper uns über den ewigen Struggle berichtet, sich mit dem Jobcenter anlegen zu müssen. "Jeden Tag kommt ein neuer Job, doch mit Rap ist leider wieder einmal nichts dabei." Sir Mantis schafft es, alle Songs einzigartig aufzubauen, sodass nichts eintönig klingt. Auf dem Soundteppich zeigt sich der Rapper ebenfalls enorm wandelbar: Gefühlvoll gesungene Melodien und Hooks treffen auf stürmisch gerappte Verse.
Insbesondere auf dem Track "Jeremy Fragrance" entdecke ich einzelne Zeilen immer wieder neu, mit denen ich mich irgendwie identifizieren kann und darum jetzt den Weg zu mir suche: "Hau mir ein letztes Mal selbst eine rein!" Mit Sir Mantis im Ohr klappt das sicherlich.
(Alec Weber)