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MZEE Recap 2024: #25 "Dietrich Vol. 1" von Dietrich

2024 ist vor­bei, aber man­che Tracks und Alben blei­ben uns im Gedächt­nis – und in unse­ren Play­lists. Im MZEE Recap 2024 stel­len wir Euch noch mal musi­ka­li­sche Wer­ke vor, die uns beson­ders beein­druckt haben. Heu­te: "Diet­rich Vol. 1" von Dietrich.

Schon wie­der hat ein neu­es Jahr begon­nen – schon wie­der gab es in den letz­ten Wochen musi­ka­li­sche Jah­res­bes­ten­lis­ten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob gene­rell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wur­de rauf und run­ter bewer­tet, als gäb's kein Mor­gen mehr. Da machen wir natür­lich mit! … klei­ner Scherz. Aber: Über man­che Songs und Alben möch­ten wir doch noch ein paar Wor­te ver­lie­ren. Musi­ka­li­sche Wer­ke, die uns im ver­gan­ge­nen Jahr im Bereich Rap, vor­nehm­lich deut­schem Rap, begeis­tert und beein­druckt haben. Die in uns etwas aus­ge­löst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgend­ei­nem wei­te­ren Grund, den wir Euch ger­ne ver­ra­ten, noch ein­mal beson­ders her­vor­he­ben möch­ten. In die­sem Sin­ne: Vor­hang auf für unse­ren Jah­res­rück­blick, ver­packt in die schö­ne Hül­le des musi­ka­li­schen MZEE Recaps 2024.

 

Wir gehen in die Fins­ter­nis rein.
Du ver­kaufst dein Arsch für paar Insta­gram Likes.

Ich weiß ehr­lich gesagt immer noch nicht genau, war­um ich "Diet­rich Vol. 1" von Diet­rich so mag. Man könn­te näm­lich mit den nega­ti­ven Facet­ten, die sich auf dem Album fin­den, auch ein­fach einen Ver­riss schrei­ben, wenn man ganz ehr­lich ist. Da wären die voll­kom­men unnö­ti­gen homo­pho­ben Lines – von den frau­en­feind­li­chen ganz zu schwei­gen – oder die teil­wei­se wirk­lich unglaub­lich faul geschrie­be­nen Songs. Wer ganz viel Lan­ge­wei­le hat, kann ja mal hören, wie vie­le der Zei­len mit "Und ich" begin­nen. Auch die Beats sind teil­wei­se wirk­lich so ein­falls­los, dass sich kein zwei­tes Mal Hören zu loh­nen scheint. The­ma­tisch pas­siert sowie­so nicht viel neben Streit auf der Stra­ße, Dro­gen ver­kau­fen, Dro­gen kon­su­mie­ren und Ver­rat auf der Stra­ße. Auf den ers­ten Blick sticht das Album kein Stück aus der Mas­se heraus.

Auf den Zwei­ten aber passt hier trotz­dem alles her­vor­ra­gend. Ja, die Beats sind teil­wei­se tat­säch­lich nicht das Gel­be vom Ei. "Zu Tief" und "Fins­ter­nis" zum Bei­spiel sind aber rich­ti­ge Bre­cher. Auch passt der musi­ka­li­sche Zusam­men­hang. Das Album lässt sich ohne Pro­ble­me am Stück durch­hö­ren, weil die geschaf­fe­ne Atmo­sphä­re über jeden Track hin­weg trägt. Dar­an hat selbst­ver­ständ­lich auch der Rap­per selbst einen gro­ßen Ver­dienst. Ja, Diet­rich hät­te sich auch den ein oder ande­ren Gedan­ken mehr über sei­ne Tex­te machen kön­nen. Aller­dings schafft er gera­de dadurch, dass die Zei­len manch­mal fast gefree­styl­et wir­ken, eine Unmit­tel­bar­keit, die die­se Schwä­che mehr als aus­gleicht. Hier wer­den eben die Emo­tio­nen, die gera­de gefühlt wer­den, direkt auf den Song gepackt. Da bleibt kei­ne Zeit für gro­ße Revi­sio­nen. "Authen­ti­zi­tät und kein Fick geben vor Fein­geis­tig­keit" scheint das Kon­zept zu sein – und es funk­tio­niert fan­tas­tisch. Und auch dass 2024 immer noch "Schwuch­tel" gesagt wird, ohne sich dafür zu schä­men, wirkt irgend­wie nicht mehr ganz so pein­lich, wenn zwei Songs spä­ter von sich selbst als "Kaker­la­ke" gere­det wird. Und das ohne jeg­li­che Iro­nie oder dop­pel­ten Boden.

Ins­ge­samt wer­de ich das Album in zwei Jah­ren wahr­schein­lich nicht mehr hören. Aber im ver­gan­ge­nen Jahr hat es unglaub­lich Spaß gemacht und mit "Gold­ket­ten Sil­ber­ket­ten" einen der bes­ten Tracks 2024 gelie­fert. Das reicht voll­kom­men für jetzt und macht Hoff­nung, dass da noch viel mehr kom­men wird.

(Simon Back)