Schon wieder hat ein neues Jahr begonnen – schon wieder gab es in den letzten Wochen musikalische Jahresbestenlisten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob generell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wurde rauf und runter bewertet, als gäb's kein Morgen mehr. Da machen wir natürlich mit! … kleiner Scherz. Aber: Über manche Songs und Alben möchten wir doch noch ein paar Worte verlieren. Musikalische Werke, die uns im vergangenen Jahr im Bereich Rap, vornehmlich deutschem Rap, begeistert und beeindruckt haben. Die in uns etwas ausgelöst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgendeinem weiteren Grund, den wir Euch gerne verraten, noch einmal besonders hervorheben möchten. In diesem Sinne: Vorhang auf für unseren Jahresrückblick, verpackt in die schöne Hülle des musikalischen MZEE Recaps 2024.
Leute sagen: 'Hässlich!' Doch für mich: A100, mieses Panorama!
Und die Sonn'nallee runter riecht es schon nach Shisha und Shawarma.
Sarkasmus, Humor, F*ck-deine-Mutter-Witze – aber fast immer mit ernster Message. Das fasst die Musik von K.I.Z einigermaßen stabil zusammen. Was die drei Berliner außerdem auszeichnet, ist ihre Verschlossenheit. Auch wenn sie kein Geheimnis aus ihrer politischen Haltung machen, ihr privates Leben blieb immer privat. Bis Juni 2024 zumindest, denn mit "Görlitzer Park" releaste die Crew ihr bis dato persönlichstes Album.
Was beim ersten Hören für viele Fans nicht den gewohnten K.I.Z-Effekt erzeugt, schafft beim mehrmaligen Abspielen Platz für eine neue Dimension. Die Ernsthaftigkeit, mit der Tarek, Nico und Maxim biografische Elemente rüberbringen, wirkt absolut ungewohnt. Doch gerade der Kontrast zwischen all der altbekannten Ironie und der "Neuen Sachlichkeit" sorgt für ein ganz neues Hörerlebnis. Nüchtern rappen K.I.Z auf dem titelgebenden Track "Görlitzer Park" über den Ruf ebenjenes Parks, dessen Besucher:innen und Anwohner:innen. Darüber, dass dort nicht alles rund läuft, es aber am Ende eben "doch nur ein Park" ist, der aber kaum mehr als Grünfläche, sondern nur noch als Politikum wahrgenommen wird. Die ganze Platte beschäftigt sich viel mit den Schattenseiten Berlins, die für Außenstehende immer spannend und "edgy" klingen. Doch diejenigen, die diese Seiten in ihrer Kindheit und Jugend erleben mussten, hätten gerne darauf verzichtet. Instrumental wird das Ganze untermalt von einer Bandbreite an Stilrichtungen, die ebenfalls die Vielfalt der Hauptstadt widerspiegeln. Von softem Klavier über nach vorne schiebende Elektro-Beats ist alles dabei und rundet den Inhalt des Albums perfekt ab. Die Produktionen stammen von Nico selbst, natürlich den Drunken Masters und unter anderem Produzenten-Größen wie Bazzazian.
Wer aus 2024 also etwas Bekanntes und doch Neues mitnehmen will, dem lege ich "Görlitzer Park" ans Herz. Und wer nach einem Mal Hören die gewohnte K.I.Z-Manier vermisst, der sollte noch mal genauer hinhören. Denn auch wenn das Album nicht auf Kompensation durch Humor baut, K.I.Zs Wortgewandtheit werdet ihr nicht vermissen.
(Sandra Heuler)