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MZEE Recap 2024: #23 "22:22" von Wa22ermann

2024 ist vor­bei, aber man­che Tracks und Alben blei­ben uns im Gedächt­nis – und in unse­ren Play­lists. Im MZEE Recap 2024 stel­len wir Euch noch mal musi­ka­li­sche Wer­ke vor, die uns beson­ders beein­druckt haben. Heu­te: "22:22" von Wa22ermann.

Schon wie­der hat ein neu­es Jahr begon­nen – schon wie­der gab es in den letz­ten Wochen musi­ka­li­sche Jah­res­bes­ten­lis­ten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob gene­rell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wur­de rauf und run­ter bewer­tet, als gäb's kein Mor­gen mehr. Da machen wir natür­lich mit! … klei­ner Scherz. Aber: Über man­che Songs und Alben möch­ten wir doch noch ein paar Wor­te ver­lie­ren. Musi­ka­li­sche Wer­ke, die uns im ver­gan­ge­nen Jahr im Bereich Rap, vor­nehm­lich deut­schem Rap, begeis­tert und beein­druckt haben. Die in uns etwas aus­ge­löst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgend­ei­nem wei­te­ren Grund, den wir Euch ger­ne ver­ra­ten, noch ein­mal beson­ders her­vor­he­ben möch­ten. In die­sem Sin­ne: Vor­hang auf für unse­ren Jah­res­rück­blick, ver­packt in die schö­ne Hül­le des musi­ka­li­schen MZEE Recaps 2024.

 

Du hast wohl Beef mit mir, aber mich juckt kein Pro­zent.Damals in 36, hat­te Migrä­ne schon mit 12.

Im Jahr 2024 hat die Musik­sze­ne vie­le bemer­kens­wer­te Ver­öf­fent­li­chun­gen erlebt, aber kei­ne hat mich so abge­holt wie Wa22ermanns Album "22:22". Das Zitat am Anfang die­ses Abschnitts stammt aus dem ers­ten Track "Naan & Las­si" und bringt für mich die gesam­te Atti­tü­de der "22:22"-Platte in zwei Zei­len auf den Punkt. Bis zum Jahr 2024 konn­te die Künst­le­rin bei mir bereits mit ihren Sin­gles und EPs punk­ten. Mit ihrem dann neu erschie­ne­nen Album hat sie ihre Atti­tü­de auf ein Level geho­ben, bei dem ich mich ernst­haft fra­ge: Wie kann sie das noch toppen?

Sie prä­sen­tiert mit ihrem Debüt­al­bum "22:22" ein kraft­vol­les State­ment, die Tracks sind geprägt von har­ten Beats und poli­ti­schen Tex­ten, die das Leben in Berlin-​Kreuzberg authen­tisch wider­spie­geln. Sie setzt auf eine Mischung aus Selbst­be­wusst­sein und kri­ti­scher Refle­xi­on. Ihre Fähig­keit, Geschich­ten mit einer Melan­ge aus Abge­klärt­heit und Selbst­be­wusst­sein zu erzäh­len, hebt sie von vie­len ande­ren Künstler:innen ab. Sie behan­delt kom­ple­xe The­men mit einer Leich­tig­keit, die sowohl unter­halt­sam als auch tief­grün­dig ist. Das Gan­ze hat sie mit der Aus­wahl ihrer Fea­tures – Don­na Sava­ge aus Wien und OG LU aus Frank­furt – in ein Album ver­packt. In "Naan & Las­si" rappt Wa22ermann schar­fe Zei­len über den Beat von Palaz­zo, der unter­malt ist von sanf­ten Bäs­sen. Sie nimmt ihre Kon­kur­renz ins Visier und bil­det text­lich einen span­nen­den Kon­trast zu dem eher ruhi­gen Beat. Die­se Dua­li­tät zieht sich durch das gesam­te Album. In "Khu­da­ha­fiz" schafft ATP Beatz bei­spiels­wei­se eine Balan­ce zwi­schen moder­nen Instru­men­tals und tra­di­tio­nel­len Ein­flüs­sen. Hier tref­fen ori­en­ta­li­sche Klän­ge auf moder­ne Rap-​Elemente und schla­gen so eine Brü­cke zwi­schen den zwei Kul­tu­ren, in denen Wa22ermann sozia­li­siert wur­de. Sie scheut sich nicht, ihre Wur­zeln und Iden­ti­tät in ihrer Musik zu thematisieren.

Mit der Wahl ihrer Fea­tures zeigt Wa22ermann zum einen, wie wich­tig ihr die Zusam­men­ar­beit mit Frau­en ist, zum ande­ren ehrt sie in genau die­sen bei­den Feature-​Tracks ande­re Rap­pe­rin­nen, die ihr und ande­ren Frau­en den Weg in die HipHop-​Szene geeb­net haben. "Kit­ty Kat Flow" mit OG LU zollt der Rap­pe­rin Kit­ty Kat Respekt – der Song ist eine Hom­mage an weib­li­che Vor­bil­der im Hip­Hop. "Dickes Fell" mit Don­na Sava­ge ehrt Künst­le­rin­nen wie Mis­sy Elliott oder Shirin David und betont die Bedeu­tung star­ker weib­li­cher Vorbilder.

Wa22ermann hat es mei­ner Mei­nung nach geschafft, ein Werk zu kon­zi­pie­ren, das sowohl zum Nach­den­ken anregt als auch zum Tan­zen ein­lädt. Die Tex­te sind durch­zo­gen von einer kla­ren Bot­schaft: Sie ist hier, um zu blei­ben und ihren eige­nen Weg zu gehen. Ihre Mischung aus Selbst­lob und kri­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zung mit gesell­schaft­li­chen Erwar­tun­gen macht "22:22" zu einem bemer­kens­wer­ten Debütalbum.

(Lena Pin­to)