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MZEE Recap 2024: #19 "ZEIT, DASS SICH WAS DREHT" von $OHO BANI und Herbert Grönemeyer

2024 ist vor­bei, aber man­che Tracks und Alben blei­ben uns im Gedächt­nis – und in unse­ren Play­lists. Im MZEE Recap 2024 stel­len wir Euch noch mal musi­ka­li­sche Wer­ke vor, die uns beson­ders beein­druckt haben. Heu­te: "ZEIT, DASS SICH WAS DREHT" von $OHO BANI und Her­bert Grönemeyer.

Schon wie­der hat ein neu­es Jahr begon­nen – schon wie­der gab es in den letz­ten Wochen musi­ka­li­sche Jah­res­bes­ten­lis­ten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob gene­rell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wur­de rauf und run­ter bewer­tet, als gäb's kein Mor­gen mehr. Da machen wir natür­lich mit! … klei­ner Scherz. Aber: Über man­che Songs und Alben möch­ten wir doch noch ein paar Wor­te ver­lie­ren. Musi­ka­li­sche Wer­ke, die uns im ver­gan­ge­nen Jahr im Bereich Rap, vor­nehm­lich deut­schem Rap, begeis­tert und beein­druckt haben. Die in uns etwas aus­ge­löst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgend­ei­nem wei­te­ren Grund, den wir Euch ger­ne ver­ra­ten, noch ein­mal beson­ders her­vor­he­ben möch­ten. In die­sem Sin­ne: Vor­hang auf für unse­ren Jah­res­rück­blick, ver­packt in die schö­ne Hül­le des musi­ka­li­schen MZEE Recaps 2024.

 

Ich sag', bald geh'n wir, wenn ihr so weitermacht.
Dicka, mei­ne Welt brennt, wo ist die Leidenschaft?

Schon wie­der ein neu gesam­pel­ter alter Song und schon wie­der ein Rap­song mit einem alt­ein­ge­ses­se­nen Musi­ker als Fea­ture­gast? Hat­ten wir davon nicht schon genug in letz­ter Zeit, wie Apache207 mit Udo Lin­den­berg und Ski Aggu mit Otto Waal­kes? Das sind mei­ne ers­ten Gedan­ken, als ich mit­be­kom­me, dass $OHO BANI einen Song mit dem musi­ka­li­schen Urge­stein Her­bert Grö­ne­mey­er raus­brin­gen wird. Mei­ne Mei­nung habe ich dann aber ganz schnell geän­dert. Denn $OHO BANI bleibt dem Ori­gi­nal treu und hat gleich­zei­tig einen Song geschrie­ben, der aktu­el­ler nicht sein könnte.

Genau­so wie Her­bert Grö­ne­mey­er es 2006 geschafft hat, den dama­li­gen Zeit­geist ein­zu­fan­gen, schafft das auch $OHO BANI: Das Ori­gi­nal erschien zur Fußball-​Weltmeisterschaft, letz­tes Jahr erschien der Song zur Euro­pa­meis­ter­schaft. $OHO BANI ent­wi­ckel­te den Song wei­ter und ver­lieh ihm, ganz in Grö­ne­mey­ers Sin­ne, einen sehr poli­ti­schen Ein­schlag. Von Hoff­nungs­lo­sig­keit und Schwarz­ma­le­rei jedoch kei­ne Spur. Mit Lyrics, die man – wie vom Rap­per auf­ge­for­dert – gut aus­wen­dig ler­nen kann, fing der Künst­ler das Gefühl von Frus­tra­ti­on und Taten­drang ein, das wohl vie­le von uns aktu­ell plagt. Auf sub­ti­le Art und Wei­se spricht er von Ras­sis­mus, er pran­gert den Sta­tus quo an, er ani­miert zum Unge­hor­sam. Dazu passt eben­so die düs­te­re Stim­mung im Musik­vi­deo, in dem Pro­tes­tie­ren­de auf Poli­zei­kräf­te treffen.

Die­se poli­ti­sche Mes­sa­ge fin­det sich auch in $OHO BANIs Äuße­run­gen im Rah­men sei­ner Machiavelli-​Session wie­der. Er distan­ziert sich bewusst von Rap, in dem es nur um Ober­fläch­lich­kei­ten geht und plä­diert für eine Umver­tei­lung von Res­sour­cen. Zudem ist er sich bewusst, dass ein Song kei­ne Ver­än­de­rung per se her­vor­brin­gen, aber womög­lich die Zuhö­ren­den dazu ani­mie­ren kann, auf eine Demo zu gehen und für ihre und die Rech­te ande­rer einzustehen.

Zu die­ser Auf­bruch­stim­mung in den Lyrics passt wun­der­bar die volu­mi­nö­se Melo­die, die von Streicher:innen und Chor getra­gen und von Eric­son, den Drun­ken Mas­ters sowie dem Rap­per selbst mit einem epi­schen Beat unter­mau­ert wur­de. Ich bekom­me bei so viel Rap-​Orchestermusik direkt Gän­se­haut und habe mir die Machiavelli-​Session gleich ein paar mal hin­ter­ein­an­der rein­ge­zo­gen. Der Song funk­tio­niert ver­mut­lich nicht als Par­ty­lied und doch kann er wahr­schein­lich eine gro­ße Men­ge Men­schen zum Beben brin­gen. Da kann man ja nur in Auf­bruch­stim­mung kommen.

(Emi­ly Niklas)