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MZEE Recap 2024: #17 "off" von Alligatoah

2024 ist vor­bei, aber man­che Tracks und Alben blei­ben uns im Gedächt­nis – und in unse­ren Play­lists. Im MZEE Recap 2024 stel­len wir Euch noch mal musi­ka­li­sche Wer­ke vor, die uns beson­ders beein­druckt haben. Heu­te: "off" von Alligatoah.

Schon wie­der hat ein neu­es Jahr begon­nen – schon wie­der gab es in den letz­ten Wochen musi­ka­li­sche Jah­res­bes­ten­lis­ten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob gene­rell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wur­de rauf und run­ter bewer­tet, als gäb's kein Mor­gen mehr. Da machen wir natür­lich mit! … klei­ner Scherz. Aber: Über man­che Songs und Alben möch­ten wir doch noch ein paar Wor­te ver­lie­ren. Musi­ka­li­sche Wer­ke, die uns im ver­gan­ge­nen Jahr im Bereich Rap, vor­nehm­lich deut­schem Rap, begeis­tert und beein­druckt haben. Die in uns etwas aus­ge­löst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgend­ei­nem wei­te­ren Grund, den wir Euch ger­ne ver­ra­ten, noch ein­mal beson­ders her­vor­he­ben möch­ten. In die­sem Sin­ne: Vor­hang auf für unse­ren Jah­res­rück­blick, ver­packt in die schö­ne Hül­le des musi­ka­li­schen MZEE Recaps 2024.

 

Das gan­ze Lob gebührt nicht mir …
Son­dern dem Team und dem Teamgeist.
Mich zu ent­de­cken, war ein Geniestreich.

2024: Ein neu­es Kapi­tel der deut­schen Musik­sze­ne wird auf­ge­schla­gen – laut und kom­pro­miss­los. Alli­ga­to­ah, bekannt für sati­ri­sche und intro­spek­ti­ve Tex­te, über­rascht mit "off", einem Album, das radi­kal mit sei­ner bis­he­ri­gen Dis­ko­gra­phie bricht. Der Sound: eine explo­si­ve Mischung aus Metal, Cross­over und Punk – und eine gen­re­über­grei­fen­de Kampfansage.

Inspi­riert von der Ener­gie der Metal- und Rock­sze­ne und dem Drang, neue Wege zu gehen, ist "off" ein künst­le­ri­sches Wag­nis, das sich gelohnt hat. Wäh­rend vie­le Alben glatt und per­fekt pro­du­ziert wir­ken, ist hier jedes Gitarren-​Riff, jeder Drum­beat, jede Zei­le spür­bar leben­dig und roh. Die Zusam­men­ar­beit mit Künst­lern wie Fred Durst (Limp Biz­kit), den Gua­no Apes, Bau­sa, Tarek K.I.Z und Mil­le Petroz­za (Krea­tor) macht das Album nicht min­der beson­ders – und zu einer Platt­form für außer­ge­wöhn­li­che musi­ka­li­sche Syn­er­gien. Die Tracks sind inten­siv, facet­ten­reich und mit­rei­ßend. Neben gewohn­ten Alli­ga­to­ah-Ele­men­ten domi­nie­ren Metal-​Gitarren und expe­ri­men­tel­le Struk­tu­ren das Klang­bild. "Ich Ich Ich" wirkt wie ein musi­ka­li­scher Faust­schlag, aggres­siv und bra­chi­al, mit einem Gitar­ren­so­lo von Mil­le Petroz­za, das die zer­stö­re­ri­sche Kraft des Egos in Klang über­setzt. Beson­ders ist auch "Day­light" – eine düs­te­re Neu­in­ter­pre­ta­ti­on des No Angels-​Klassikers, die mit dunk­ler, kraft­vol­ler Ener­gie wie ein böser Zwil­ling des Ori­gi­nals wirkt. Einen uner­war­te­ten Kon­trast bie­tet "Part­ner in Crime", ein Duett mit Tarek K.I.Z, des­sen har­mo­ni­sche Zwei­stim­mig­keit und sanf­te Kla­vier­klän­ge in emo­tio­na­le Tie­fe ein­tau­chen, bevor der Song in dunk­le Abgrün­de drif­tet. Jeder Track des Albums erzählt eine Geschich­te – sub­til oder direkt – und ver­bin­det naht­los Alli­ga­to­ahs lyri­sche Fines­se mit der bra­chia­len Ener­gie des Metals. Von hym­ni­schen Refrains bis zu wüten­den Break­downs bie­tet "off" ein Wech­sel­bad der Gefüh­le, nach­denk­lich und auf­wüh­lend zugleich. The­ma­tisch furcht­los, greift es Iso­la­ti­on, gesell­schaft­li­chen Druck und die Suche nach Iden­ti­tät auf. Es reflek­tiert Selbst­zer­stö­rung und Zwän­ge, wäh­rend es gleich­zei­tig Expe­ri­men­tier­freu­de in die Sze­ne zurück­bringt. Dabei ist es mehr als nur ein Release – es ist eine Hom­mage an die rohe Ener­gie der Live-​Musik. Es ruft Bil­der von ver­schwitz­ten Clubs, Mosh­pits und der unbän­di­gen Dyna­mik einer Büh­ne her­vor. Die Songs sind wie geschaf­fen dafür, live zu explo­die­ren – eine unge­fil­ter­te Inten­si­tät, die Alli­ga­to­ah prä­zi­se ein­fängt. In einer oft glatt­ge­bü­gel­ten Welt wirkt die­ses Album wie eine Befrei­ung: laut, unbe­quem und vol­ler Energie.

"off" hat 2024 geprägt, hat inspi­riert und pola­ri­siert. Es setzt ein Zei­chen für Risi­ko und künst­le­ri­sche Inte­gri­tät. Ein wil­der, aber kon­trol­lier­ter Sturm, der Alli­ga­to­ahs Viel­sei­tig­keit in neu­em Licht zeigt – und ein Album, das Adre­na­lin zurück in die Play­lists bringt.

(Mela­nie Floßmann)