Schon wieder hat ein neues Jahr begonnen – schon wieder gab es in den letzten Wochen musikalische Jahresbestenlisten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob generell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wurde rauf und runter bewertet, als gäb's kein Morgen mehr. Da machen wir natürlich mit! … kleiner Scherz. Aber: Über manche Songs und Alben möchten wir doch noch ein paar Worte verlieren. Musikalische Werke, die uns im vergangenen Jahr im Bereich Rap, vornehmlich deutschem Rap, begeistert und beeindruckt haben. Die in uns etwas ausgelöst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgendeinem weiteren Grund, den wir Euch gerne verraten, noch einmal besonders hervorheben möchten. In diesem Sinne: Vorhang auf für unseren Jahresrückblick, verpackt in die schöne Hülle des musikalischen MZEE Recaps 2024.
Bin ich in ihrer Welt schon tot …
Oder vielleicht einfach nur weiß?
Seit sich bei Mauli 2018 mit "autismus x autotune" ein stilistischer Wandel von Battlerap in Richtung gesungener Harmonien andeutete, warteten viele Fans auf den für 2021 angekündigten Nachfolger "Disney 808 Magic". Dem Lockdown, der Geburt seiner Tochter und der Popularität von "Die wundersame Rapwoche" war es vermutlich zu verdanken, dass zunächst nur Singles und Features releast wurden.
Zu Beginn des Jahres 2024 erschien die Single "Geisterfahrer", mit der sich endlich das disneyeske Album ankündigte – benannt nach dem eigens dafür erschaffenen Genre-Begriff: "Cinepop". Mauli verhandelt darin die erwachsen gewordene Beziehung zu seiner Partnerin und knüpft mit folgenden Zeilen gefühlt direkt an "Licht" aus 2018 an: "Gegen den Strom aus Instinkt, du wolltest nie wissen, warum ich so bin. Aus meinem Weg wurde unser Weg und seitdem sind wir zusammen unterwegs." Aber das Album nur aus kitschigen Gefühlsbekundungen aufzubauen, wäre zu wenig. Diese dienen – gemeinsam mit der Ouvertüre und dem Einschlafpodcast-Outro – eher als Rahmenhandlung zu allem, was sonst so in Maulis Leben los ist. In "Kapper" wird eine zerbrochene Freundschaft zu einem Polizisten verhandelt und in "Unsichtbar" bekommt die Klepto-Vergangenheit einen gesellschaftskritischen Twist: "Doch heute bleibt ein bitterer Beigeschmack, weil ich weiß, es wird mir zu leicht gemacht. Und irgendwie kriegt die Security mich so gut wie nie."
Generell war meine erste Reaktion auf das Durchhören des Albums: Schöner hat selten jemand zur Revolution aufgerufen – "Panzerglas" und "People Get Ready" seien Euch hierzu ebenfalls ans Herz gelegt. An meiner Reaktion hat sich in den letzten Monaten wenig geändert. Es ist immer genug los, dass man noch neue Zeilen findet, aber durch die harmonischen Produktionen wird es auch nie zu viel. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass es nicht wieder sechs Jahre dauert bis zum nächsten Geniestreich – no pressure!
(Kerstin Klein)