Schon wieder hat ein neues Jahr begonnen – schon wieder gab es in den letzten Wochen musikalische Jahresbestenlisten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob generell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wurde rauf und runter bewertet, als gäb's kein Morgen mehr. Da machen wir natürlich mit! … kleiner Scherz. Aber: Über manche Songs und Alben möchten wir doch noch ein paar Worte verlieren. Musikalische Werke, die uns im vergangenen Jahr im Bereich Rap, vornehmlich deutschem Rap, begeistert und beeindruckt haben. Die in uns etwas ausgelöst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgendeinem weiteren Grund, den wir Euch gerne verraten, noch einmal besonders hervorheben möchten. In diesem Sinne: Vorhang auf für unseren Jahresrückblick, verpackt in die schöne Hülle des musikalischen MZEE Recaps 2024.
Ich hab' neun Leben, vielleicht ist das hier das letzte davon.
Bis hier war gut, doch die nächste wird meine beste Saison.
Was haben JACE und Dexter da gemacht? Mit dem Album "9 Leben" veröffentlichten die beiden Musiker mit Sicherheit eines der überraschendsten Projekte des deutschen Rap-Jahres 2024.
Hörte man JACE bisher hauptsächlich über Trap-Instrumentals rappen, schusterte Beat-Gott Dexter dem jungen Artist für die gemeinsame Platte Sample-lastige "Oldschool"-Beats. Geschrieben in Anführungszeichen, denn "Oldschool" wäre wahrlich die falsche Bezeichnung für das Album – zu frisch und modern klingt das alles. Das liegt unter anderem an Dexters Wahl der Drums, die häufig reduziert oder gar ganz weggelassen wurden, etwa im Opener "Atlantis". JACE' Flow lässt mich dennoch mit dem Kopf nicken. Textlich wird Rap-typisch geflext wie auf "Weg des Jacek" oder "Mohnblumen", aber es treten auch philosophischere Gedanken zutage. Auf "Freitag der Dreizehnte" verarbeitet Jacek den Tod zweier Menschen, auf "Einstein" behandelt er Glaubensfragen: "Einstein war kein Atheist, ich hab' das nachgelesen, sogar die Smartesten von uns glauben an Fabelwesen." Die Zeile blieb mir auf jeden Fall hängen. Hängen bleiben auch die Feature-Parts von Ahzumjot, der von ignoranten Fans verwechselt wird, und Young Krillin, der mit gewohnter Coolness seinen Part im Salzburger Dialekt vorträgt.
Die Kombination aus JACE und Dexter geht einfach auf. Der Flow des Hamburgers und die verspielten Instrumentals des Stuttgarters harmonieren wie Sonntag und Ausschlafen. Für dieses Jahr wünsche ich mir noch eine Platte der beiden – aber nächstes Jahr wäre auch okay.
(Tim Herr)