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MZEE Recap 2024: #13 "CHROMAKOPIA" von Tyler, The Creator

2024 ist vor­bei, aber man­che Tracks und Alben blei­ben uns im Gedächt­nis – und in unse­ren Play­lists. Im MZEE Recap 2024 stel­len wir Euch noch mal musi­ka­li­sche Wer­ke vor, die uns beson­ders beein­druckt haben. Heu­te: "CHROMAKOPIA" von Tyler, The Creator.

Schon wie­der hat ein neu­es Jahr begon­nen – schon wie­der gab es in den letz­ten Wochen musi­ka­li­sche Jah­res­bes­ten­lis­ten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob gene­rell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wur­de rauf und run­ter bewer­tet, als gäb's kein Mor­gen mehr. Da machen wir natür­lich mit! … klei­ner Scherz. Aber: Über man­che Songs und Alben möch­ten wir doch noch ein paar Wor­te ver­lie­ren. Musi­ka­li­sche Wer­ke, die uns im ver­gan­ge­nen Jahr im Bereich Rap, vor­nehm­lich deut­schem Rap, begeis­tert und beein­druckt haben. Die in uns etwas aus­ge­löst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgend­ei­nem wei­te­ren Grund, den wir Euch ger­ne ver­ra­ten, noch ein­mal beson­ders her­vor­he­ben möch­ten. In die­sem Sin­ne: Vor­hang auf für unse­ren Jah­res­rück­blick, ver­packt in die schö­ne Hül­le des musi­ka­li­schen MZEE Recaps 2024.

 

Colors fade when I open my eyes.
But in my dreams, the palette's infinite.

"CHROMAKOPIA" als Gan­zes zu bespre­chen, ist für mich unum­gäng­lich. Wäh­rend auf dem neu­es­ten Werk von Tyler, The Crea­tor eine Viel­zahl tol­ler ein­zel­ner Songs zu fin­den sind, ent­fal­tet sich die Fas­zi­na­ti­on des Albums erst in der Sum­me sei­ner Tei­le. Lyrik, Sound­bild und Ästhe­tik sind wun­der­schön auf­ein­an­der abge­stimmt und funk­tio­nie­ren nur im Zusam­men­spiel so perfekt.

Im Zen­trum steht der mas­kier­te Prot­ago­nist St. Chro­ma, den Tyler bereits auf sei­nem vor­he­ri­gen Album "CALL ME IF YOU GET LOST" am Ran­de hat auf­tau­chen las­sen. Die­ser führt uns wie ein Erzäh­ler durch ein Thea­ter­stück, das der Iden­ti­tät des Rap­pers auf den Grund gehen soll. Die mono­chro­me Rea­li­tät, die St. Chro­ma ver­kör­pert, steht im star­ken Kon­trast zu Tylers leb­haf­ter Fan­ta­sie. Die­se Gegen­sät­ze – das strah­len­de Inne­re und das ver­drän­gen­de, äuße­re Grau – zie­hen sich wie ein roter Faden durch das ach­te Album des Rap­pers aus Los Ange­les. Auch die mili­tä­risch ange­hauch­te Ästhe­tik ver­stärkt die­ses Bild, indem sie Kon­trol­le und Unter­drü­ckung sym­bo­li­siert und damit die The­men des Albums wei­ter unter­mau­ert. An die­ser Stel­le möch­te ich auch die Musik­vi­de­os zu dem Pro­jekt emp­feh­len, die all das ästhe­tisch unter­strei­chen und unter Tyler als Direc­tor umge­setzt wurden.

Neben dem Erschei­nungs­bild von "CHROMAKOPIA" sticht aber natür­lich der ein­zig­ar­ti­ge Rap-​Stil des frü­he­ren OFWGKTA-​Mitglieds her­vor – ein Mar­ken­zei­chen, das ihn unver­kenn­bar macht. Zuge­ge­ben, sei­ne Musik ist for­dernd. Man hört sei­ne Alben zumin­dest zu Beginn nicht bei­läu­fig, son­dern muss sich dar­auf ein­las­sen. Sie ver­lan­gen Auf­merk­sam­keit – ähn­lich wie bei einem anspruchs­vol­len Arthouse-​Film. Sicher­lich ist nicht jeder Tag der rich­ti­ge dafür, aber wenn man die Zeit und Muße auf­bringt, kann die­se Art von Kon­zept­al­bum ergrei­fend sein. Die Beschäf­ti­gung mit solch einem Gesamt­kunst­werk regt zum Nach­den­ken an und kann in Aus­schnit­ten Fra­ge­zei­chen hinterlassen.

Ich möch­te hier­mit dazu ermu­ti­gen, sich die Zeit zu neh­men und die­sem Album die Auf­merk­sam­keit zu schen­ken, die es ver­dient. Es ist ein Werk, das gera­de ech­te Musikliebhaber:innen begeis­tern wird – sei es nur durch sei­ne ein­drucks­vol­le Mach­art oder die Lie­be zum Detail. "CHROMAKOPIA" ist eine Ein­la­dung, in Tyler, The Crea­tors ein­zig­ar­ti­ge Welt ein­zu­tau­chen. Eine Welt, die klas­si­schen Rap mit immer neu­en Ideen verbindet.

(Yas­mi­na Rossmeisl)