Schon wieder hat ein neues Jahr begonnen – schon wieder gab es in den letzten Wochen musikalische Jahresbestenlisten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob generell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wurde rauf und runter bewertet, als gäb's kein Morgen mehr. Da machen wir natürlich mit! … kleiner Scherz. Aber: Über manche Songs und Alben möchten wir doch noch ein paar Worte verlieren. Musikalische Werke, die uns im vergangenen Jahr im Bereich Rap, vornehmlich deutschem Rap, begeistert und beeindruckt haben. Die in uns etwas ausgelöst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgendeinem weiteren Grund, den wir Euch gerne verraten, noch einmal besonders hervorheben möchten. In diesem Sinne: Vorhang auf für unseren Jahresrückblick, verpackt in die schöne Hülle des musikalischen MZEE Recaps 2024.
Keiner kennt das Skript für die nächste Episode.
Und schon morgen wird sich alles wiederholen.
2024 – ein Jahr, in dem sich der Sound des hiesigen Rap-Kosmos weiter vervielfältigte. Viele Protagonist:innen entwickelten sich dabei in Richtung "lauter, schneller, krachender", denkt man zum Beispiel an die zahlreichen Hyperpop- und DnB-Produktionen. Mister Jones, Quasi und Tito Tentaculo flogen mit ihrem gemeinsamen Album "APOLLO" konsequent in die andere Richtung.
Das Trio aus Berlin veröffentlichte eine LP, die nicht dem aktuellen Zeitgeist hinterherläuft, sondern durch Zeitlosigkeit überzeugt. Der warme Sound der Beats von Tito, denen ein analoger Klang, eher geringe BPM-Zahlen und ein Fokus auf mittlere Frequenzen innewohnen, wird von Mister Jones und Quasi mit zahlreichen nachdenklichen Zeilen veredelt. Die beiden MCs finden auf allen Tracks die perfekte Mischung aus konkreten Aussagen und metaphorischen Bildern, die zum Nachdenken anregen: "Widersprüche sind das, was mich ausmacht!" Insgesamt gibt mir die Platte das Gefühl, ich würde den Soundtrack eines 80er-Jahre-Kultfilms hören: herrlich verspulte Beats, passende Vocalsamples, Skits und Lyrics, die sich mit immerwährenden Themen befassen. Wenn ich dem Album nur ein Schlagwort zuordnen dürfte, wäre es vermutlich "Selbstreflexion". Seit Veröffentlichung habe ich die Platte immer wieder aufgelegt, denn unterbewusst gab mir der Flug mit der "APOLLO" in hektischen Zeiten stets das Gefühl, einen bereits bekannten Zufluchtsort zu haben: "Komm und flieg mit mir weg!" Und sollte der Flug durch die jazzigen Loops von Tito mal enden, kann ich zum Glück einfach auf Repeat drücken und wieder zu Mister Jones und Quasi ins Raumschiff steigen.
Wenn ich also nach einer Hörempfehlung aus dem Jahr 2024 gefragt werde, stelle ich definitiv "APOLLO" ins "Spotlight". "Vor und zurück – der ewige Tanz!" – denn das Album ist kein musikalischer Schnellschuss. Es ist der erste Longplayer von Quasi, die sich mit den langjährigen Partnern Tito und Jones perfekt ergänzt. Dementsprechend hoffe ich, dass in Zukunft noch mehr von diesem Trio kommt.
(Alec Weber)