Schon wieder hat ein neues Jahr begonnen – schon wieder gab es in den letzten Wochen musikalische Jahresbestenlisten auf die Ohren, so weit das Auge reicht. Ob generell Musik oder "nur" Rap, ob Alben oder Tracks – alles wurde rauf und runter bewertet, als gäb's kein Morgen mehr. Da machen wir natürlich mit! … kleiner Scherz. Aber: Über manche Songs und Alben möchten wir doch noch ein paar Worte verlieren. Musikalische Werke, die uns im vergangenen Jahr im Bereich Rap, vornehmlich deutschem Rap, begeistert und beeindruckt haben. Die in uns etwas ausgelöst und uns bewegt haben. Oder die wir aus irgendeinem weiteren Grund, den wir Euch gerne verraten, noch einmal besonders hervorheben möchten. In diesem Sinne: Vorhang auf für unseren Jahresrückblick, verpackt in die schöne Hülle des musikalischen MZEE Recaps 2024.
Ich heb' den Kopf, ein paar Kräne ragen …
Über der Stadt aus den Nebelschwaden.
In der Nacht glüht 'n roter Rubin;
Immer wenn ich an mei'm Paper zieh'.
Paula Hartmann – das ist doch Musik für gutbürgerliche Großstadtbewohner:innen Mitte 20, die ein bisschen mehr Drama in ihrem ziemlich normalen Alltag brauchen … dachte ich. Bis mich "kleine Feuer" Anfang 2024 komplett gehooked hat. Und dabei zwar Klischees bestätigte, gleichzeitig aber zeigen konnte, dass das gar nichts Schlechtes ist.
Weil es eben nicht so einfach ist. Auf der einen Seite hören sich Geschichten von einer Mädchengruppe, die in der Existenzkrise Substanzmissbrauch begeht wie auf "7 Minuten", genau nach diesen Klischees an, aber auf der anderen Seite … Da reißt die Paula Hartmann-Kombi mit. Mit ihrer leicht rauchigen, leicht nuscheligen Stimme erzählt sie märchenhaft schnörkellose Geschichten aus der dreckigen Großstadt und beleuchtet die Ups and Downs des jungen Erwachsenseins. Dabei hat sie immer ein unfassbar gutes Ohr für Melodien, sowohl bei ihrem Gesang als auch bei den Beats. Die kommen von Biztram und spielen sowieso in einer anderen Liga. Vor allem die, die nach vorne gehen, bleiben im Gedächtnis. Mal eher elektronisch, mal mit Bläsern unterlegt, bilden sie oft einen Gegensatz zu Paula Hartmanns Stimme, es passt aber immer perfekt zusammen. Doch auch in den ruhigen Momenten, von Gitarre und Drums begleitet, zieht mich die Künstlerin in den Bann, wie auf dem Track "sag was", auf dem ein überraschend guter und dramatischer t-low zu Gast ist. Damit kommen wir zum letzten Teil, der "kleine Feuer" so gut macht: Die sieben (neun mit Deluxe-Version) hochkarätigen Features, von Trettmann über Domiziana und verifiziert bis hin zu Levin Liam, fügen sich perfekt ein und runden das Album ab.
Mit dieser Kombi hat Paula Hartmann es geschafft: Sie nimmt mich komplett mit, ich übernehme ihr Drama, ihren Schmerz, ihre Geschichten. Kann man nichts machen. Sie schafft auf "kleine Feuer" einen dunklen, abgefuckten Vibe, der durch ihre poetische Erzählweise, ihre Stimme und die Beats auch noch extrem eingängig ist. Spätestens jetzt wird klar, dass ich genauso zum Klischee der PH-Hörerschaft gehöre wie alle anderen – aber mit Stolz.
(Jakob Zimmermann)