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Adventskalender

Adventskalender: Türchen #16 Beginner Doubles bei The Dome

Im dies­jäh­ri­gen Advents­ka­len­der von MZEE​.com und dem Hip Hop Archiv befin­det sich hin­ter jedem Tür­chen ein Foto, wel­ches eine skur­ri­le, emo­tio­na­le oder span­nen­de Anek­do­te aus dem Rap­kos­mos erzählt. Heu­te: Beg­in­ner Dou­bles bei The Dome.

Shirin David auf der "Wet­ten, dass..?"-Couch im Tag-​Team mit Hele­ne Fischer, der ers­te deut­sche Rap­per bei der Bache­lo­ret­te und Ber­li­ner Bau­ten, die als Phallus-​Symbol für ein Album-​Cover die­nen: Das Jahr 2024 hat ein­mal mehr vie­le skur­ri­le Momen­te geschaf­fen, die wir in unser "schwar­zes Foto­al­bum mit 'nem sil­ber­nen Knopf" kle­ben kön­nen. Die­se ganz eige­ne Samm­lung beinhal­tet Bil­der, die wir nicht immer im Kopf behal­ten woll­ten, aber wohl nie wie­der ver­ges­sen können. 

In unse­rem dies­jäh­ri­gen Advents­ka­len­der gemein­sam mit dem Hip Hop Archiv ver­ber­gen sich 24 Erin­ne­run­gen an außer­ge­wöhn­li­che Momen­te der Deutschrap-​Geschichte, die wir unbe­dingt mit Euch tei­len wol­len. Dabei ent­schul­di­gen wir uns jetzt schon für die teil­wei­se extrem schlech­te Bild­qua­li­tät, aber man­che Momen­te wur­den eben mit einem alten Nokia anstel­le der Spie­gel­re­flex­ka­me­ra ein­ge­fan­gen – wir hof­fen, Ihr könnt es uns nachsehen. 

Wir freu­en uns dar­auf, Euch damit wie­der die Tage bis Weih­nach­ten etwas ver­sü­ßen zu kön­nen und wün­schen Euch eine wun­der­schö­ne, besinn­li­che Weih­nachts­zeit. Und selbst, wenn Ihr das "Fest der Lie­be" nicht fei­ert, könnt Ihr Euch ja trotz­dem mit die­sen Erin­ne­run­gen ein wenig die Zeit vertreiben.

 

Im Jahr 1998 wur­den die damals noch Abso­lu­ten Beg­in­ner ein­ge­la­den, ihren Erfolgs­song "Lie­bes­lied" in der weit­hin belieb­ten Chart­show "The Dome" zu prä­sen­tie­ren, die nicht nur in Deutsch­land, son­dern auch in ande­ren euro­päi­schen Län­dern aus­ge­strahlt wur­de. Obwohl sie damit eine gro­ße Büh­ne für ihren Erfolg beka­men, mach­ten die Beg­in­ner kei­nen Hehl aus ihrer Abnei­gung gegen­über dem Main­stream und den Prak­ti­ken der Major-​Labels. Mit die­sem Auf­tritt bot sich ihnen die per­fek­te Gele­gen­heit, ihre Kri­tik krea­tiv umzusetzen:

Statt selbst auf­zu­tre­ten, schick­ten sie Dou­bles als Ersatz ins Ram­pen­licht. Die Auf­zeich­nung der Show – damals von einer fran­zö­si­schen Pro­duk­ti­ons­fir­ma umge­setzt – doku­men­tier­te, wie die fal­schen Beg­in­ner die Büh­ne betra­ten und "Lie­bes­lied" auf ihre ganz eige­ne Wei­se per­form­ten. Dabei wur­de die Ori­gi­nal­ver­si­on des Songs auf den Kopf gestellt: Gan­ze Stro­phen blie­ben uner­wähnt, Den­yo war plötz­lich weiß und die Tän­zer lie­fer­ten eine impro­vi­sier­te, unko­or­di­nier­te Cho­reo­gra­fie, die jeg­li­chem Takt­ge­fühl wider­sprach. Obwohl die Akti­on von den ech­ten Beg­in­nern dar­auf aus­ge­legt war, für Auf­se­hen zu sor­gen und mög­li­cher­wei­se auf­zu­flie­gen, pas­sier­te das genaue Gegen­teil: Nie­mand bemerk­te den Schwin­del. Statt­des­sen wur­den die fal­schen Beg­in­ner vom Publi­kum und spä­ter auch im Backstage-​Bereich für ihre ver­meint­lich "erst­klas­si­ge" Per­for­mance gefeiert.

Die Auf­zeich­nung wur­de unzen­siert in der Haupt­sen­dung auf allen Kanä­len aus­ge­strahlt, ohne dass irgend­je­mand Ver­dacht schöpf­te. Den Höhe­punkt setz­ten die Beg­in­ner selbst, als sie am Ende der Show – mas­kiert mit Fuchs­mas­ken – auf die Büh­ne zurück­kehr­ten und aus­ge­las­sen mit ihren Dop­pel­gän­gern tanz­ten. Mit die­ser genia­len Insze­nie­rung hiel­ten sie der Mainstream-​Industrie einen Spie­gel vor und schu­fen ein Ereig­nis, das bis heu­te als Mei­len­stein in der Musik­ge­schich­te gilt – ein Coup, über den auch 25 Jah­re spä­ter noch gespro­chen wird.

(Jan Hart­mann)
(Bild­quel­le: Uni­ver­sal)