Kategorien
Plattenkiste

Money Boy – 50s 100s

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Money Boy mit "50s 100s".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Es gibt kaum einen deutsch­spra­chi­gen Rap­per, der der­art ein Phä­no­men dar­stellt wie Money Boy. In der öffent­li­chen Wahr­neh­mung war er zunächst nur ein Meme, das in den ers­ten Jah­ren laut Edgar Was­ser dafür den "Gegen­be­weis erbracht" hat, dass es so etwas wie schlech­te Kunst nicht gäbe. Über legen­dä­re Auf­trit­te bei Joiz und dem splash! Fes­ti­val hat er schließ­lich einen Hype ver­ur­sacht, den er genutzt hat, um mit tat­säch­lich guter Musik zu zei­gen, dass viel mehr in ihm steckt als der nächs­te Witz. Ein Beweis dafür ist "50s 100s" aus dem Jahr 2021.

Der Song hat eini­ges mehr zu bie­ten, als beim ers­ten Hören zunächst fest­zu­stel­len ist. Nimmt man ihn nur für sich, sind es zugleich wit­zi­ge, aber auch tech­nisch star­ke Lines wie "Du bist ein Pen­ner und du trinkst wie­der ein Has­seröder. Wär' dein Name Röder, würd' ich sagen, ich has­se Röder", die mich gepaart mit der typi­schen Mbee­zy-Deli­very enter­tai­nen. Dass mir die Melo­die aus dem Young Kira-Beat bekannt vor­kam, ist auch kein Zufall. Dabei han­delt es sich näm­lich um ein Sam­ple aus dem 50 Cent-​Song "Posi­ti­on of Power". Auch der Flow in der Hook von "50s 100s" erin­ner­te mich immer mehr an den des 50-​Klassikers – mit Absicht, wie sich her­aus­stel­len soll­te. Schon beim Betrach­ten des Song­ti­tels ist klar, dass etwa­ige Biting-​Vorwürfe ins Lee­re lau­fen, da die Hom­mage voll­kom­men offen­sicht­lich ist. Spä­tes­tens das ani­mier­te Video, das an den Stil des Vide­os zu 50s "Pig­gy Bank" ange­lehnt ist, lässt dann kei­ne Zwei­fel mehr auf­kom­men: Der Boy hat sei­ne Haus­auf­ga­ben gemacht und payt dues.

Es gibt wahr­schein­lich nicht viel zwi­schen kom­plet­ter Ableh­nung und Fan-​Dasein gegen­über einer so pola­ri­sie­ren­den Figur wie Money Boy. Wozu er musi­ka­lisch in der Lage ist, zeigt er unab­hän­gig davon immer wie­der mit Songs wie "50s 100s". Auch wenn danach viel­leicht wie­der eine ver­rück­te Akti­on mit dem typi­schen Bee­zy-Humor folgt: Wie ernst man den Boy nimmt, dar­über hat nur er die Kontrolle.

(Micha­el Collins)