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Reportage

Eine kurze Geschichte wichtiger HipHop-​Alben: #06 "The Money Store"

"Eine kur­ze Geschich­te wich­ti­ger HipHop-​Alben" beschäf­tigt sich mit der His­to­rie von ein­fluss­rei­chen Wer­ken im Rap. Die­ses Mal geht es um die Defi­ni­ti­on von Expe­ri­men­tal Hip­Hop, den Ein­fluss des Inter­nets und unor­tho­do­xe Sam­ple­me­tho­den – und damit um das Debüt­al­bum von Death Grips "The Money Store".

Da Musik bekannt­lich Geschmacks­sa­che ist, wür­de man auf die Fra­ge nach prä­gen­den HipHop-​Alben wahr­schein­lich sehr unter­schied­li­che und indi­vi­du­el­le Ant­wor­ten erhal­ten. Den­noch wür­den bestimm­te Alben wohl häu­fi­ger genannt wer­den als ande­re. Man­che Plat­ten schaf­fen es schließ­lich, bei nahe­zu jedem einen blei­ben­den Ein­druck zu hin­ter­las­sen. Sie prä­gen ihr Gen­re nach­hal­tig und wir­ken sich direkt oder indi­rekt auf die Musik ande­rer Künst­ler aus. Was aber macht die­se Alben so beson­ders? Sicher ist es vor allem wich­tig, alte Mus­ter zu durch­bre­chen und einen neu­en Weg vor­zu­ge­ben. Dabei ist es essen­zi­ell, den ganz eige­nen Sound zu fin­den. Eine stan­dar­di­sier­te Ant­wort gibt es hier­für aber wohl nicht. Ein­fluss gilt es, stets indi­vi­du­ell zu betrach­ten – und ein Blick in die Geschich­te des ein­fluss­rei­chen Raps lohnt sich. Die­ses Mal mit einem der iko­nischs­ten Expe­ri­men­tal HipHop-​Alben: "The Money Store" von Death Grips.

 

Abseits des Weges

Expe­ri­men­tal Hip­Hop ist ein selt­sa­mes Gen­re. Wer in Plat­ten­lä­den stö­bert oder durch Musik­fo­ren scrollt, stol­pert sicher öfter über die­sen Begriff. Doch neben bekann­ten Kate­go­rien wie Trap oder Boom bap wirkt Expe­ri­men­tal Hip­Hop etwas deplat­ziert. So rich­tig ein­ord­nen kann man das Gen­re nicht. Die meis­ten schei­tern wohl schon an der Fra­ge: Was ist Expe­ri­men­tal Hip­Hop eigent­lich? Denn die Ant­wort ist gar nicht mal so ein­fach zu fin­den. Die sim­pels­te Defi­ni­ti­on ist wohl die der Abgren­zung: Expe­ri­men­tal Hip­Hop ist alles, was sich den Kon­ven­tio­nen von klas­si­schen Rap-​Tracks wider­setzt. Daher wird das Sub-​Genre oft auch ein­fach als Alter­na­ti­ve Hip­Hop bezeichnet.

Die Anfän­ge lie­gen in den spä­ten 80er Jah­ren. Zu den ers­ten Releases zäh­len Klas­si­ker wie "3 Feet and Rising" von De La Soul oder das Debüt­al­bum von A Tri­be Cal­led Quest, "People's Instinc­ti­ve Tra­vels and the Paths of Rhythm". Zu die­ser Zeit ist Rap zwar schon ein Begriff, aber kein wirk­lich defi­nier­ter. Somit ist es leicht, neue Wege zu gehen und das Release eines Rap-​Albums ist schon fast eine Beson­der­heit an sich. Doch 30 Jah­re spä­ter hat sich eini­ges geän­dert: Im Jahr 2012 ist Rap eines der belieb­tes­ten Gen­res und uner­forsch­te Gebie­te wei­chen Tram­pel­pfa­den. Wie man das Rad trotz­dem neu erfin­det – oder eher kaputt haut –, zei­gen Death Grips mit ihrem Debüt­al­bum "The Money Store" eindrucksvoll.

 

Die Band­ge­schich­te

Death Grips sind, damals wie heu­te, ein ziem­li­ches Mys­te­ri­um und erschei­nen 2011 das ers­te Mal auf der Bild­flä­che. Über die drei Band­mit­glie­der ist wenig bekannt. Ein paar Anhalts­punk­te gibt es aber trotz­dem: Der trei­ben­de Kern der Band, Zach Hill, wird am 28. Dezem­ber 1979 gebo­ren. Über sei­ne Kind­heit weiß man kaum etwas, jedoch beginnt er unge­fähr im Jahr 1995 mit dem Schlag­zeug­spie­len, was er sich selbst bei­bringt. Vier Jah­re spä­ter spielt er dann das ers­te Mal in einer Band, Legs on Earth, zusam­men mit dem E-​Gitarristen Spen­cer Reim. Als sich die­se jedoch im April 2000 auf­löst, beschlie­ßen Zach Hill und Spen­cer Reim, als Duo wei­ter­zu­spie­len. Sie grün­den die Math Rock-​Band Hel­la. Dabei wid­men sie sich weni­ger kon­ven­tio­nel­len Sound­bil­dern und expe­ri­men­tie­ren von Release zu Release immer mehr. Es ent­ste­hen Pro­jek­te wie das Doppel-​Solo-​Album "Church Gone Wild/​Chirpin Hard", bei wel­chem Zach Hill und Spen­cer Reim jeweils eine Disc des Albums befül­len. Dabei ist Zach Hills Anteil eine kom­plet­te Solo-​Produktion, die pri­mär auf Noi­se setzt. Klas­si­sche Instru­men­te wie Gitar­ren wei­chen Geräu­schen und ver­zerr­ten Samples, denn Hill ent­wi­ckelt sich immer mehr zum Multi-Instrumentalisten.

So spielt er unter ande­rem auch noch Bass, Key­board, Trom­pe­te oder Sam­pler – am bekann­tes­ten ist er aller­dings als ein wil­der und maso­chis­ti­scher Drum­mer. "I want it to be biting me, gra­ting on me while I'm doing it", gesteht er in einem Inter­view für das Buch "The Drum Thing", im Hin­blick auf sei­nen Spiel­stil. Auch bemer­kens­wert ist die gigan­ti­sche Aus­wahl an Bands, in denen Zach Hill über die Jah­re spielt. Bei einer die­ser vie­len Zusam­men­ar­bei­ten lernt er den Pro­du­cer und Sound­en­gi­neer Andy Mor­in ken­nen, der vie­le von Zach Hills Pro­jek­ten kopro­du­ziert. Die­se Ein­flüs­se sind maß­geb­lich bei der Ent­ste­hung der Band Death Grips.

Hel­la - Bibli­cal Vio­lence Live

Zwar blei­ben vie­le Details über Death Grips unbe­kannt, aller­dings ver­dich­ten sich die Spu­ren an einem Ort: Sacra­men­to, Kali­for­ni­en. Dort wohnt Zach Hill Ende der 2000er und lernt sei­nen Nach­barn, Ste­fan Bur­nett, ken­nen. Die bei­den ver­ste­hen sich gut, denn Ste­fan Bur­nett ist auch Musi­ker. Schon zehn Jah­re zuvor rapp­te er unter dem Namen Mxlplx in der Grup­pe Fyre. Den bei­den wird schnell klar: Sie haben ein "mutu­al desi­re to do new things with rap music". Für die­se Mis­si­on greift Ste­fan Bur­nett erneut zum Mikro­fon und nimmt das Pseud­onym MC Ride an. Neben MC Ride als Front­mann und Zach Hill als Pro­du­cer und Drum­mer kommt noch Hills Freund Andy Mor­in hin­zu, der die Pro­duk­ti­on mit­ge­stal­tet. So ent­steht der ers­te Song am 21. Dezem­ber 2010, dem Grün­dungs­tag der Band.

 

Mis­si­on State­ment Death Grips

Death Grips ent­ste­hen aus dem Ver­lan­gen, Rap in neue Rich­tun­gen zu len­ken. Das Trio nimmt den ers­ten Song "Full Moon (Death Clas­sic)" in Sacra­men­to auf – ohne Stu­dio. "Being that we were all bro­ke, we star­ted craf­ting our sound the only place we could … whe­re we were at the time", erklärt Ste­fan Bur­nett in einem der sel­te­nen Inter­views. So ist der Song vor allem eins: rough. Es scheint, als wol­le die Band ihr Publi­kum ver­ja­gen, bevor es über­haupt eins gibt. Auch Zei­len wie "Cour­se I'm just fuck­in' around, but never­mind the way it sound, ever­y­ti­me we make it pound, straight into the pave­ment now" geben Ein­bli­cke in den musi­ka­li­schen Ansatz der Band. MC Ride schreit die­se Zei­len in den chao­ti­schen Mix aus Vocal-​Glitches und Drum-​Sounds, die wie hef­ti­ge Schlä­ge auf Schreib­ti­sche klin­gen. Das Ergeb­nis der Ses­si­on über­zeugt die Band­mit­glie­der und das Mis­si­on State­ment der Band ist gesetzt. Sie ver­öf­fent­li­chen den Song zusam­men mit ihrer nach sich selbst benann­ten EP am 8. März 2011. Aller­dings ist die EP nur der Anfang. Direkt einen Monat spä­ter folgt das Mix­tape "Exmi­li­ta­ry", das in Musik­fo­ren und Internet-​Boards wie 4chan rasch an Beliebt­heit gewinnt. Gera­de die Lead-​Single "Guil­lo­ti­ne" und deren Musik­vi­deo sor­gen für Auf­se­hen. Es wächst eine Fan­ba­se um die wüten­de, um sich schla­gen­de Band.

Death Grips - Full Moon (Death Classic)

 

Von einer Nischen­band zu Major Artists

Den andau­ern­den Lärm aus dem Musik­un­ter­grund bemer­ken aber nicht nur Musik­re­dak­tio­nen und Nerds. Das Musik­vi­deo zu "Guil­lo­ti­ne" weckt auch das Inter­es­se von Per­so­nen in hohen Posi­tio­nen der Musik­bran­che. So kommt es zu einer uner­war­te­ten Begeg­nung: Ange­li­ca Cob-​Baehler, Vice-​President of Mar­ke­ting des Labels Epic Records, trifft sich mit der Band. Doch im Gegen­satz zu ihrem rebel­li­schen Image reagiert das Trio posi­tiv auf die Vor­schlä­ge des Labels. In nur fünf Stun­den wird ein Deal aus­ge­ar­bei­tet: Death Grips sind jetzt Major Artists; bei einem Label, das Künstler:innen wie Katy Per­ry oder Future unter Ver­trag hat. Jedoch wird das Cha­os dadurch nicht gebän­digt, son­dern nur unter­stützt. "We're in con­trol. […] [Epic] is here to help us with what we say we need help with. And that's how it's going down", kom­men­tiert Zach Hill das Sig­ning spä­ter. Die Fans bekom­men davon erst mal nichts mit. Erst nach dem Release zwei­er Sin­gles ver­kün­digt die Band ihr Sig­ning bei Epic Records sowie ihr Debüt-​Album "The Money Store". Ins­ge­samt sol­len aber zwei Alben erschei­nen, bei­de noch im Jahr 2012.

Nach der Ankün­di­gung sind die Erwar­tun­gen groß: Was pas­siert, wenn eine Band wie Death Grips von einem Major Label Geld bekommt? Doch Angst vor einem ange­pass­ten Sound haben die Fans nicht. Death Grips blei­ben sich treu, das bewei­sen die ers­ten bei­den Sin­gles "Black­jack" und "Get Got". Sie füh­ren das aggres­si­ve und bizar­re Wesen der Band wei­ter fort. Auch die Musik­vi­de­os blei­ben wei­ter­hin kryp­tisch und DIY.

Gene­rell merkt man dem Roll­out des Album nicht an, dass die Band von einem Major Label ver­tre­ten wird. Doch das braucht es auch nicht, denn die Sin­gles über­zeu­gen sowohl Fans als auch die Kri­tik. Die fünf­te Sin­gle­aus­kopp­lung, "I've seen Foo­ta­ge", wird vom Szene-​Magazin Pitch­fork sogar als "Best New Music" bezeich­net. Ins­ge­samt scheint für Death Grips alles per­fekt zu lau­fen. Selbst ein Leak des kom­plet­ten Albums, zehn Tage vor dem geplan­ten Release, passt per­fekt zum Image der Band. "The Money Store" schlägt in die HipHop-​Szene ein.

 

Eine neue Art des Samplings

Trotz der fünf Sin­gle­aus­kopp­lun­gen über­rascht das Album mit jedem sei­ner 13 Tracks. "The Money Store" beginnt mit der Sin­gle "Get Got" ver­hält­nis­mä­ßig ruhig. Das Instru­men­tal zeigt aber: Pro­duk­ti­ons­tech­nisch muss sich die Band vor nie­man­dem ver­ste­cken. Gera­de die ver­wen­de­ten Samples machen den Song inter­es­sant. Das Main-​Riff des Tracks sam­plet Papi­tos "Yerey­ira" von dem Album "Music from Saha­ran Cell­pho­nes". Der Titel des Albums ist dabei wört­lich zu neh­men: eine Kom­pi­la­ti­on aus Songs, die auf Han­dys in der Sahara-​Wüste gefun­den wur­den. Es ist der ers­te Hin­weis auf die vie­len unor­tho­do­xen Samples, die auf dem Album ver­wen­det wer­den. Zum Bei­spiel sam­pelt das Trio auf dem Track "Sys­tem Blower" die Schreie der Williams-​Schwestern Venus und Sere­na bei einem Ten­nis­spiel oder die Geräu­sche des Van­cou­ver Sky­Train. Sogar Zach Hill selbst gibt zu, dass der Pro­zess dahin­ter ver­rückt ist: "We're sam­pling our day-​to-​day along with the filt­hie­st things off of You­Tube and try­ing to build powerful music out of all this stuff that's usual­ly seen as trash." Aber auch Legen­den wie Jimi Hen­drix oder John Len­non wer­den ver­zerrt, gepitcht und in einen neu­en Kon­text gerückt. Die­se neue, bra­chia­le Art von Sam­pling gibt dem Album einen ganz spe­zi­el­len Klang.

Die Pro­duk­ti­on spie­gelt aber vor allem die Umge­bung der Band wider: die Stadt Sacra­men­to. Die Hei­mat­stadt der Band ist rich­tungs­wei­send für den Sound des Albums. MC Ride beschreibt Sacra­men­to als eine "slow but watch your back kind of town stuck insi­de the down­ward spi­ral of a never ending Twin Peaks trip". In Inter­views rund um das Jahr 2012 spricht die Band immer wie­der von einem exem­pla­ri­schen Vor­fall: Eine Frau ließ sich köp­fen, indem sie ihren Kopf auf die Bahn­glei­se leg­te. Es ist eine von vie­len düs­te­ren Geschich­ten, wel­che die Band sound­tech­nisch zu ver­ar­bei­ten scheint. Wäh­rend der Pro­duk­ti­on des Albums trägt jedes der Band­mit­glie­der einen Cam­cor­der mit sich, um spon­tan Geräu­sche auf­zu­neh­men. Dabei ent­ste­hen Instru­men­tals, die über­la­den, zusam­men­ge­wor­fen und ver­zerrt wir­ken. Doch hört man genau­er hin, bemerkt man Struk­tu­ren im Cha­os. "You hear our songs, it's not dis­tor­ted at all, it's crys­tal clear. There's just a lot going on in the­re", erklärt Andy Mor­in, der Sound­en­gi­neer der Grup­pe. Unter­stützt wird die sam­ple­las­ti­ge Pro­duk­ti­on noch durch eine Mischung aus syn­the­ti­schen und rea­len Percussion-​Elementen. Eine Stil-​Entscheidung, die Zach Hill nicht leicht fällt. Denn um das Album stär­ker wir­ken zu las­sen, wer­den die Drums simp­ler – eine har­te Übung für den noto­risch wil­den und tech­ni­schen Drum­mer, der auf die­sem Album mit sei­nem Schlagzeuger-​Ego kämpft.

Every Sam­ple From Death Grips The Money Store

 

Geplan­tes Chaos

Die lau­ten und ver­zerr­ten Instru­men­tals las­sen fast kei­nen Platz mehr für die Vocals des Front­manns. Dabei hat es auf dem Album den Anschein, als rap­pe MC Ride um sein Leben. Das Album beginnt mit kas­ka­den­ar­ti­gen Flows auf "Get Got". Der Track beschreibt die men­ta­le Gesund­heit des Rap­pers: "Losin' mys­elf, I get the sta­res, what I'm loo­kin' at, wasn't the­re." Die Lyrics sprin­gen skiz­zen­haft von Dro­gen­miss­brauch zu bewaff­ne­ten Raub­über­fäl­len und Auto­dieb­stäh­len. Dabei ist nie geklärt, was Rea­li­tät und was Ima­gi­na­ti­on ist. "How'd you know? Cau­se I was the­re", beteu­ert Ride im zwei­ten Song "The Fever (Aye Aye)". Eine Sin­nes­flut an Ein­drü­cken beginnt – stell­ver­tre­tend für das gesam­te Album. MC Ride schreit und kämpft mehr mit dem Instru­men­tal, als dar­über zu rap­pen. Doch trotz der mani­schen, Spo­ken Word-​artigen Per­for­mance des Rap­pers fühlt sich das Album nicht ori­en­tie­rungs­los an. Blickt man hin­ter die Fas­sa­de, so hat nahe­zu jeder Song gän­gi­ge Song­struk­tu­ren und Hooks. Letz­te­re haben zudem einen unge­ahn­ten Ohrwurmfaktor.

Neben der Hei­mat­stadt Sacra­men­to spielt auch das Inter­net eine gro­ße Rol­le auf dem Album. Der Track "I've seen Foo­ta­ge" beschreibt die Aus­wir­kun­gen, die das Inter­net als Tor zu nahe­zu allem haben kann. Die titel­ge­ben­de Zei­le "I've seen Foo­ta­ge" stammt dabei von einem Obdach­lo­sen in Sacra­men­to namens Snake-​Eye. Die­ser behaup­tet, Vide­os von Struk­tu­ren und Bau­ten auf dem Mond gese­hen zu haben. Die Aus­sa­ge des Tracks: Ein Ort, an dem man TED Talks und unge­fil­ter­te Por­no­gra­phie gleich­zei­tig kon­su­mie­ren kann, macht Men­schen "noided", also para­no­id. "And peo­p­le are doing both tho­se things at once. We want our music to work the same way: all at once", erklärt Drum­mer Zach Hill. Das Wort "noided" wird schnell zum Erken­nungs­zei­chen der Fans, vor allem im Inter­net. Auch der letz­te Song "Hacker" ist dem Inter­net gewid­met. Er ist das Ergeb­nis des rund 40-​minütigen Gewal­t­rau­sches des Albums und steckt vol­ler pop­kul­tu­rel­ler Refe­ren­zen und über­heb­li­chen Zei­len über das Trio.

 

Nach dem Sturm

Die­ser krö­nen­de Abschluss des Albums wird auch prompt aus­ge­zeich­net. Pitch­fork ernennt "Hacker" direkt nach Release des Albums zur "Best New Music", genau­so wie auch das Album. Das Maga­zin beschreibt das Release als "about as intellec­tu­al an expe­ri­ence as a scraped knee. But it's just as good at remin­ding you that you're ali­ve." Doch auch ande­re Musik-​Outlets sind über­zeugt. Antho­ny Fan­ta­no, der im Inter­net wohl mitt­ler­wei­le belieb­tes­te Musik­kri­ti­ker, gibt dem Album auf sei­nem YouTube-​Kanal sei­ne ers­te 10 von 10. Es ist das ers­te Album, das eine per­fek­te Bewer­tung von ihm erhält. Wäh­rend­des­sen bil­det sich um die Band eine treue Fan­ba­se, ein regel­rech­ter Kult. Dar­un­ter sind auch eini­ge Pro­mi­nen­te wie Robert Patt­in­son, Iggy Pop oder Tyler, the Crea­tor. Death Grips errei­chen einen unge­ahn­ten Bekannt­heits­grad. Der Major Deal mit Epic Records scheint ein vol­ler Erfolg zu sein – aller­dings nicht für lan­ge Zeit.

Denn eigent­lich muss auf so ein erfolg­rei­ches Album eine Tour fol­gen, doch die­se wird abge­sagt. Das Trio will sich nur auf ihr zwei­tes Album, "No Love Deep Web", fokus­sie­ren. Immer­hin hat­ten sie ihren Fans zwei Alben im Jahr 2012 ver­spro­chen. Als das Label jedoch das Release des Albums ver­schie­ben will, kommt es zu einem Streit. Wie "The Money Store" wird auch "No Love Deep Web" vor Release gele­akt – die­ses Mal jedoch von der Band selbst. Das Cover der LP zeigt den eri­gier­ten Penis des Drum­mers Zach Hill, auf wel­chem, mit Edding geschrie­ben, der Album­ti­tel steht. Dar­auf­hin trennt sich Epic Records von der rebel­lie­ren­den Grup­pe. Death Grips agie­ren fort­an independent.

Eine zen­sier­te Ver­si­on des Covers zu "No Love Deep Web".

"The Money Store" beein­flusst Expe­ri­men­tal Hip­Hop maß­geb­lich, denn es legt unter ande­rem den Grund­stein für das Album "Yee­zus" von Kanye West, das ein Jahr spä­ter erscheint. Aber auch gene­rell bewegt sich Expe­ri­men­tal Hip­Hop mehr und mehr in die Industrial- und Noise-​Richtung. Künstler:innen wie Dan­ny Brown oder JPEG­Ma­fia wären ohne die­se Vor­ar­beit undenk­bar. Doch auch Künstler:innen fern­ab von Rap sind beein­druckt: David Bowies Kol­la­bo­ra­teur und Saxo­pho­nist Don­ny McCas­lin nennt Death Grips als eine der Inspi­ra­tio­nen für Bowies letz­tes Album "Black Star". Ein Album, auf dem sich David Bowie exzes­siv mit sei­nem eige­nen Tod beschäftigt.

"The Money Store" steht für "the glo­ri­fi­ca­ti­on of the gut". Genau das macht das Album so ein­zig­ar­tig und damit uner­setz­bar. Sei es die ver­rück­te Sample-​Arbeit oder der gewalt­vol­le Rap­stil von MC Ride: "The Money Store" ver­wen­det HipHop-​Konventionen, um sich von Hip­Hop abzu­gren­zen. Damit ist das Album die Defi­ni­ti­on von Experimental.

(Fejo­so)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)