"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Eine Show, bei der man nicht weiß, ob sie Polit-Talk, Drama, Reportage oder Comedyshow sein soll? Eine Show, die fesselt, zum Nachdenken anregt, einen schmunzeln, aber auch mit dem Kopf schütteln lässt? Eine Show, die einen immer wieder in ihren Bann zieht? Klingt fast schon unrealistisch, aber ich sage: "Welcome y'all to 'The Eminem Show'".
Der Beginn der 77 Minuten Spielzeit startet direkt mit einer Art Polit-Talk, bei dem Schlag auf Schlag Standpunkte zur amerikanischen Politik und Gesellschaft Anfang der 00er Jahre deutlich gemacht werden. Auf der einen Seite ist es das Rohe und Aggressive, auf der anderen Seite die Enttäuschung, aber auch die Zuversicht, die durch viele Zeilen mit entsprechender Wortwahl durchklingen. Eminem lässt zudem immer wieder persönliche Anekdoten aus seinem Leben einfließen und so kommt gerade durch die bildliche Sprache das Gefühl auf, Hörer einer akustischen Reportage zu sein. Dem gegenüber stehen Sequenzen, die einer Comedyshow gleichen: Es wird sich über alles, jede:n und sich selbst lustig gemacht, um nicht allzu ernst zu bleiben. Diese Aufführung ist einzigartig – durch die Art und Weise, wie der Künstler den Inhalt vermittelt, aber auch durch die, die neben ihm ein Teil davon sind wie Nate Dogg, Obie Trice, Jeff Bass oder auch seine Tochter Hailie Jade. Es sind die Produktionen, die durch harte Drums und melodische Klänge ein Wechselspiel an Emotionen und Stimmungen kreieren. Es sind die Skits und die Auswahl an verwendeten Samples. Es ist diese Liebe zum Detail, die mich auch nach unzähligen Malen Hören noch begeistert, denn es gibt immer wieder etwas, das mir zum ersten Mal auffällt.
"The Eminem Show" nimmt den Hörer mit auf eine Reise, die nicht nur mehrere Schauplätze beinhaltet, in denen man Höhen und Tiefen durchlebt, sondern bei der der Ausgang immer wieder für einen kurzen Moment ungewiss zu sein scheint. So oder so ist es ein Album, bei dem man mitfiebert und will, dass es nie aufhört.
(Laila Drewes)