"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Acht Jahre ist es mittlerweile her, dass Veedel Kaztro sein Debüt, die "Büdchen EP", rerecordet über das Label Melting Pot Music releast hat. Seitdem gibt sich der Rapper soundtechnisch vielseitig: Mal geht es Richtung 80er, dann setzt er auf Autotune-Hooks oder macht mit Lugatti & 9ine eingängige Trapbanger. 2013 war das alles noch ein bisschen simpler und eindimensionaler – die "Büdchen EP" setzt auf klassischen Boom bap. Sie zeigt schon damals, was den Undergroundrapper thematisch ausmacht und was an Veezys Musik begeistert.
Über die acht Songs der EP rücken zwei Stärken von Veedel Kaztro in den Fokus. Die liegen nicht etwa in der Reimtechnik oder seinem Taktgefühl, die damals an manchen Stellen noch ein bisschen ungeschliffen oder zumindest sehr eigen waren. Vielmehr zeichnet sich die EP durch ihren Humor, gleichzeitig aber auch durch ehrliche und direkte Sozialkritik aus. Einerseits ist es eine wahre Freude, in einem Skit der kölschen Version eines stereotypischen Deutschrappers dabei zuzuhören, dass keiner der anderen Rapper mehr real sei. Die HipHop-Szene wird hier mit unterhaltsamen Übertreibungen ihrer Klischees aufs Korn genommen und durch den Rapper gespiegelt. Auf der EP finden sich außerdem allerlei bewusst platte, aber amüsante Wortspiele wie "Beweg' die Massen wie ein fetter Mann". Andererseits stehen daneben klare, schonungslose Beobachtungen aus seiner Umwelt, die viel von sozialer Ungleichheit, Drogenmissbrauch oder Arbeitslosigkeit handeln. Man merkt, dass Veedel Teil einer kaputten Welt ist, aus der er genau deswegen so authentisch berichten kann.
Die "Büdchen EP" hat schon 2013 gezeigt, was Veedel Kaztro ausmacht: lockerer und unterhaltsamer Rap aus dem Veedel versehen mit einem Blick für das Zerstörte und das, was oft niemanden interessiert. Alles in allem eine Perspektive, die in der Rapszene auch in den Jahren nach Release oft niemand einnehmen wollte und die den Rapper bis heute auszeichnet.
(Jakob Zimmermann)