"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Mitte 2021 erschien das sechste Album von Maeckes, der sonst als Teil der Orsons auftritt. "POOL" wurde hochgelobt, war ausproduziert und das kommerziell erfolgreichste Werk des Rappers. Im Schatten dieses Großereignisses folgte nur etwas mehr als einen Monat später ein Tape, das zwar kürzer und weniger pompös daherkam, mich aber viel eher abholte: "EXCL TAPE".
Was als Werbung für das letzte Orsons-Album im Juli 2020 begann, entwickelte sich zu einem Highlight in der Promophase zum neuesten Soloalbum von Maeckes. Alle paar Wochen droppte der Künstler ein neues Exclusive, beispielsweise um auf eine neue Single aufmerksam zu machen oder auch um die aktuelle Corona-Situation zu besprechen, die viele Künstler:innen vor Existenznöte stellt. Dabei sprudeln die Tracks vor Spontanität und Kurzweiligkeit. Groß produzierte Hooks und komplexe, undurchsichtige Lyrics weichen lockeren Bars, die mir andere Seiten des Musikers zeigen. So erklärt er etwa Hintergründe der Tracks auf "POOL", was so manche verklausulierte Zeilen entwirrt und zeigt, welche Beweggründe hinter den Texten des Stuttgarters stecken. Auch die Klimakrise oder den Mord an George Floyd sowie den dazugehörigen Umgang in den sozialen Medien greift Maeckes auf und reflektiert den Zeitgeist mit seiner zynischen, sarkastischen Art. Dabei wird immer einfach so ins Mikrofon gerappt – Hooks, Bridges oder umfangreiche Intros sucht man hier vergebens. Struktur ist eher Nebensache. Und genau das macht die EP auch so besonders, denn der Stuttgarter macht einfach Rap. Ohne Schnickschnack auf fantastischen Beats.
Das "EXCL TAPE" zeigt, dass es nicht viel braucht, um mich über 26 Minuten komplett abzuholen und zu unterhalten. Der Fokus auf Rap ohne vielschichtige Inhalte, die man erst beim dritten Anlauf versteht, ist bei Maeckes immer wunderbar erfrischend. Man kann hören, dass er mit diesen simpleren, aber topaktuellen Tracks mindestens genauso viel Spaß hatte wie ich.
(Jakob Zimmermann)