"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Sexismus ist nach wie vor ein großes Thema in der HipHop-Szene. Die meisten Hörer:innen haben mit Sicherheit schon Lines gehört, die sie auf eine unangenehme Art getriggert haben. So geht es mir als Frau zumindest öfter. Umso erfrischender ist es, wenn Männer Rückgrat beweisen und genau diese Umstände kritisieren – so wie Danger Dan in seinem Song "Sand in die Augen".
Der Track gehört zum Album "Reflexionen aus dem beschönigten Leben" und transportiert eine für mich und alle anderen Frauen absolut wichtige Message. Denn der Rapper kritisiert neben den immer noch vorherrschenden Geschlechterklischees in unserer Gesellschaft vor allem die strukturelle Benachteiligung von Frauen. Dabei hat man stets das Gefühl, dass er sich mit gewissen Situationen, in die Frauen im Laufe ihres Lebens geraten, wirklich auseinandersetzt. Diese beschreibt Danger Dan aus der Sicht eines Vaters heraus und stellt sich zum Beispiel die Frage, wie er seiner Tochter, wenn sie älter ist, erklären solle, wieso es unter anderem Gender-Pay-Gaps oder patriarchale Rollenklischees gibt. Eine Line wie "Jeden Tag wird sie mal jemand begutachten wie Ware" triggert viel mehr, wenn man sich vor Augen führt, dass es auch das eigene Kind sein könnte, das irgendwann mal sexistisch bewertet werden könnte. Trotz dieser traurigen Tatsache hat der Künstler keinen melancholischen Beat gepickt, sondern ein Instrumental, das auch klangtechnisch mit prägnanten Drums und einer eingängigen Melodie sein Statement unterstreicht.
Als ich den Track das erste Mal hörte, fühlte ich mich als Frau sehr verstanden. Mittlerweile werden immer mehr Stimmen in Bezug auf Sexismus im Deutschrap laut. Das war vor fast vier Jahren, als "Sand in die Augen" erschien, noch nicht der Fall. Danger Dan war damit einer der ersten Rapper, die sich so klar positioniert haben. Deshalb ist dieser Track absolut hörenswert und hoffentlich irgendwann ein wichtiger Bestandteil der Deutschrap-Geschichte.
(Dzermana Schönhaber)