Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
Was wäre unser Adventskalender ohne ein passendes Weihnachts-Sample? Gut, dass Juse Ju ein Künstler ist, der textlich immer wieder mit popkulturellen Referenzen spielt und zum Teil auch Soundtracks und Filmzitate in seine Musik miteinfließen lässt. 2014 schnappte er sich dann gleich eine der berüchtigtsten Weihnachtsfiguren: den Grinch.
Der Antagonist der fröhlichen Weihnachtszeit besticht durch seinen Pessimismus und Argwohn. Kein Wunder also, dass sich Juse diese Figur zu eigen macht. Schließlich ist insbesondere der Pessimismus ein wiederkehrendes Element in seiner Diskographie. In "Motherfuckin Grinch" treibt er dies auf die Spitze und lebt seinen persönlichen Pessimismus aus: "Komm, erzähle mir, wer du bist, und ich erzähle dir, warum du scheiterst." Passend dazu hat V.Raeter ihm einen rumpelnden und etwas düsteren Beat gebastelt. In dieser bedrückenden Soundwelt taucht dann auch immer wieder der "echte" Grinch auf und erinnert uns daran, wie schlecht es um uns bestellt ist: "You put your glasses back on and face the facts." Im Original stammt die Stimme des Grinch' aus Zeichentrickfilmen der 60er und 70er Jahre. Seine gruselige und zynische Ausdrucksweise verdankt er dabei den Sprechern Boris Karloff und Hans Conried, während der Autor Dr. Seuss die Figur 1957 in seinem Klassiker "How the Grinch Stole Christmas" zum Leben erweckte. Das Monster passt so gar nicht in das gewohnte Bild der fröhlichen Weihnachtsfiguren – und gerade dieser Umstand lässt es irgendwie auch liebeswürdig erscheinen. Dementsprechend können sich sogar einige mit ihm identifizieren, wie auch der Jus-Meister, der sich selbst zum Ungeheuer erklärt: "Ich bin der motherfucking Grinch, ich werde Weihnachten stehlen."
Es ist vollkommen legitim – aus welchen Gründen auch immer –, nicht nur fröhlich-pfeifend durch die Weihnachtszeit zu gleiten, sondern auch mal andere Gefühle auszuleben. Auch wenn Juse Ju hier mit lustigen Überspitzungen seiner pessimistischen Ader arbeitet, so bietet "Motherfuckin Grinch" trotzdem eine Grundlage für ernste Überlegungen: "Leute sagen: 'Alles wird gut', aber ich glaub's nicht." Und so ist am Ende egal, ob nun der Grinch oder Juse Ju Weihnachten stiehlt.
(Alec Weber)
(Grafik von Daniel Fersch)