Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
Rap ist – insbesondere in der öffentlichen Wahrnehmung – oft hedonistisch. Viele Songs handeln davon, wer das meiste Geld hat, das ausschweifendste Leben führt, die teuersten Schuhe trägt oder das dickste Auto fährt. Gerade die letzten zwei Beispiele sind nicht zufällig gewählt, denn so war und ist es nicht immer. Manchmal geht es gar nicht darum, mit Statussymbolen anzugeben, sondern einfach über ein gutes Gefühl zu rappen. Genau diesen Ansatz findet man sowohl im Jahr 1986 als auch in 2012.
Vor 35 Jahren veröffentlichten Run-D.M.C. mit "My Adidas" die erste Single ihres dritten Albums. Damals war der Grundgedanke von HipHop noch stärker verbreitet: Es ging nicht darum, dass man sich die krassesten Schuhe leisten kann. Es ging darum, was man mit den Schuhen erlebt hat – es wurde einfach gerappt. Der Song wurde so populär, dass es zum ersten Mal in der Geschichte zu einer Markenkooperation zwischen Musikern und einem Sportartikelhersteller kam – obwohl das gar nicht von den Künstlern beabsichtigt war. 26 Jahre später kam DCVDNS mit seinem Debütalbum und der Single "Mein Mercedes" um die Ecke. Der Song ist die perfekte Hommage an "My Adidas". Er sampelt nicht nur das Original und imitiert in der Hook den Flow der Vorlage, sondern persifliert auch den Gangsterrap der 2000er Jahre, den man durchaus als Gegenentwurf zur Run-D.M.C.-Ära verstehen kann. Denn dessen Protagonisten waren in beinahe jedem Musikvideo vor den beeindruckendsten Karosserien zu sehen – dass diese meistens gemietet waren, sei an dieser Stelle nur eine Randnotiz. Stattdessen rappt DCV darüber, wie sehr er seine Karre liebt, auch wenn diese nur 100 auf der Autobahn schafft. Es geht eben um das Gefühl, auch wenn er im zweiten Part etwas über die Stränge schlägt – "mein Benz macht mich objektophil" ist da noch die harmloseste Zeile.
DCVDNS zeigte – trotz seines schwer einzuordnenden Images zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere –, dass er HipHop und seine Geschichte verstanden hat. Mit "Mein Mercedes" lieferte er eine wunderbare Hommage an einen Meilenstein, an den man sich auch 35 Jahre nach Release noch gerne erinnert.
(Michael Collins)
(Grafik von Daniel Fersch)