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2021 – Same procedure as last year?

2021 hat­te neben all den schlim­men auch vie­le schö­ne Momen­te, auf die es sich lohnt, zurück­zu­schau­en. Ein Rück­blick auf das deut­sche HipHop-​Jahr und die zahl­rei­chen posi­ti­ven Aspek­te, die es mit sich gebracht hat.

Es ist wie­der soweit. Das Jahr neigt sich dem Ende zu und daher wird schon über­all flei­ßig zusam­men­ge­fasst. Es ist die Zeit der mit Bil­der­col­la­gen voll­ge­pack­ten Maga­zin­co­ver und der span­nends­ten Award-​Shows aller Zei­ten. Auch wir wol­len in die­ser gla­mou­rö­sen Lis­te natür­lich nicht feh­len. Es gab die­ses Jahr genug Schlim­mes, Ner­vi­ges und schwer zu Ertra­gen­des. Des­halb soll sich hier auf posi­ti­ve Ereig­nis­se und Aktio­nen fokus­siert wer­den, die sich in unser aller Her­zens­sze­ne beob­ach­ten lie­ßen. Dabei ver­su­chen wir, zumin­dest eini­ger­ma­ßen chro­no­lo­gisch zu blei­ben, denn Ord­nung ist das hal­be Leben.

 

Nicht nur euer liebs­ter Kampf­s­por­trap­per weiß, dass ein gro­ßer Schat­ten auch immer ein Licht braucht. Als das Jahr los­ging, stand natür­lich alles wegen des Lock­downs still. Öffent­li­ches sowie pri­va­tes Leben lagen wei­test­ge­hend auf Eis und an Kon­zer­te oder Fes­ti­vals war ohne­hin nicht zu den­ken. Her­vor­ra­gen­de Vor­aus­set­zun­gen eigent­lich, um den künst­le­ri­schen Kopf in den Sand zu ste­cken und nur noch zu ver­su­chen, über Eis­tee und Tief­kühl­piz­za Geld zu ver­die­nen. Eini­ge Künstler:innen aus ver­schie­de­nen Musik­sze­nen boten jedoch die­ser aus­weg­lo­sen Situa­ti­on die Stirn und ent­war­fen kur­zer­hand Pro­jek­te, um mit den ihnen ver­füg­ba­ren Res­sour­cen etwas Sinn­vol­les anzu­fan­gen. Das Pro­jekt "All Hands on Deck" bei­spiels­wei­se ent­stand aus einer Art inner­sze­ni­schen Soli­da­ri­tät. Um Künstler:innen und ande­re in die­ser Bran­che täti­ge Per­so­nen, die durch die Pan­de­mie in finan­zi­el­le Nöte gera­ten sind, unter­stüt­zen zu kön­nen, wur­den zwei "Live-​Stream-​Spenden-​Jams" ver­an­stal­tet. Die Erlö­se aus die­sen Ver­an­stal­tun­gen kamen dann den Musiker:innen und Konzertmitarbeiter:innen zugu­te, die auf­grund der Pan­de­mie in mone­tä­re Schief­la­ge gera­ten waren. Unter­stützt wur­de und wird das Gan­ze auch von zahl­rei­chen Musiker:innen aus der Deutschrap-​Szene: Roger Rekless, Afrob, Bau­sa und auch Mo-​Torres und Eko Fresh gaben sich die Ehre. Mit einem noch stär­ke­ren soli­da­ri­schen Ansatz geht das Pro­jekt "Tour d'Amour" vor­an, das aber aus der glei­chen Mise­re her­aus ent­stan­den ist. So ent­schie­den sich im Zuge der "Tour d'Amour" eini­ge Kul­tur­schaf­fen­de für eine etwas ande­re Tour­nee. Die gera­de nutz­los her­um­ste­hen­den Bus­se, die nor­ma­ler­wei­se für Kon­zer­te und Fes­ti­vals benutzt wor­den wären, wur­den zu Spen­den­mo­bi­len umfunk­tio­niert. Die­se wur­den bereit­ge­stellt, um Geflüch­te­te aus den Lagern Moria und Lipa sicher nach Deutsch­land zu brin­gen, bezie­hungs­wei­se Klei­dung, Hygie­ne­ar­ti­kel und ande­re Sach­spen­den in die Lager zu trans­por­tie­ren. Unter­stützt wur­de das Gan­ze zum Bei­spiel von Audio88 & Yas­sin, Ebow, Fiva MC, Soo­kee und Ame­wu. Bei­de Pro­jek­te sind beein­dru­cken­de Bei­spie­le geleb­ter Soli­da­ri­tät, die gera­de ob der für die Initiator:innen und Unterstützer:innen schwie­ri­gen Lage, in der sie sich wegen der Pan­de­mie befin­den, umso beein­dru­cken­der wirkt.

Ähn­lich ermu­ti­gend waren auch die Reak­tio­nen vie­ler Rapper:innen auf die Flut­ka­ta­stro­phe, die im Som­mer in Tei­len West- und Süd­deutsch­lands für zahl­rei­che Todes­op­fer und groß­flä­chi­ge Zer­stö­rung in den betrof­fe­nen Gebie­ten ver­ant­wort­lich war. Auch hier wur­den unter ande­rem von Capi­tal Bra, Xatar, Milon­air und ande­ren Sze­ne­grö­ßen Sach­spen­den gesam­melt oder finan­zi­el­le Unter­stüt­zung bereit­ge­stellt. Eko Fresh fuhr mit sei­ner Frau Sarah sogar direkt in die betrof­fe­nen Gebie­te, um die Aufräum- und Ber­gungs­ar­bei­ten vor Ort zu unterstützen.

Weni­ger Einig­keit strahl­te die Deutschrap-​Szene bei einem ande­ren gro­ßen The­ma aus, das zumin­dest alle Social Media-​Bubbles in der Jah­res­mit­te beschäf­tig­te. Die von Nika Ira­ni erho­be­nen Vor­wür­fe sexua­li­sier­ter Gewalt gegen einen der erfolg­reichs­ten Rap­per des Lan­des führ­ten dazu, dass die Bewe­gung deutschrap­me­too ins Leben geru­fen wur­de. Dort ver­net­zen sich Opfer sexua­li­sier­ter Gewalt aus dem Deutschrap-​Kosmos und wer­den beim Umgang mit ihren Erleb­nis­sen unter­stützt. Eini­ge Rapper:innen jen­seits ihrer bes­ten Tage sahen dar­in direkt den Unter­gang jeg­li­cher HipHop-​Ideale. Sie atta­ckier­ten und dif­fa­mier­ten deutschrap­me­too sowie Aktivist:innen der Bewe­gung und zeig­ten damit deut­lich, wie wenig sie ver­stan­den haben. Erfreu­li­cher­wei­se spran­gen aber auch vie­le Protagonist:innen der Sze­ne deutschrap­me­too soli­da­risch gegen die­se Atta­cken zur Sei­te. Ins­be­son­de­re LGo­o­ny tat sich hier her­vor, der sich nicht zu scha­de war, eini­ge der ver­meint­li­chen Schüt­zer der Kul­tur öffent­lich auf die von ihnen geäu­ßer­ten Absur­di­tä­ten anzusprechen.

Doch auch musi­ka­lisch hat­te das Jahr eini­ges zu bie­ten. Dan­ger Dan und Nura ver­öf­fent­lich­ten zwei star­ke poli­ti­sche Alben, die sich sowohl gut ver­kauf­ten, als auch in den Feuil­le­tons posi­tiv rezi­piert wur­den. Apro­pos gute Ver­kaufs­zah­len: Fema­le Rap war sel­ten so erfolg­reich wie die­ses Jahr. Shirin Davids Album "Bit­ches brau­chen Rap" kann dafür stell­ver­tre­tend als Bei­spiel her­hal­ten. Auch in der kur­zen Zeit, in der Kon­zer­te mög­lich waren, tat sich etwas und auch gro­ße, rekord­ver­däch­ti­ge Ver­an­stal­tun­gen waren mög­lich. So spiel­ten bei­spiels­wei­se Sym­ba und Pash­anim im Novem­ber ihr ers­tes eige­nes Kon­zert. Und das direkt mal vor 3 500 Leu­ten. Kann man als New­co­mer schon mal so machen.

So viel Schlech­tes es auch die­ses Jahr wie­der gab, so vie­le schö­ne und gute Erin­ne­run­gen blei­ben trotz­dem. Sowohl musi­ka­lisch wie auch als geleb­te Pop­kul­tur. Tat­säch­lich sind es sogar noch viel mehr Sachen als nur die oben im Text genann­ten: Roger Rekless' Toi­let­ten­pa­pier gegen Ras­sis­mus, die Machia­vel­li Ses­si­ons, die run­den Geburts­ta­ge von Money Boy (40) und Torch (50), die deut­sche "Up in Smoke"-Tour – die Lis­te von schö­nen Din­gen und Ereig­nis­sen, die Spaß gemacht haben, lie­ße sich belie­big fort­set­zen. Und das stimmt doch auch posi­tiv mit Blick auf die Zukunft! In die­sem Sin­ne: Ver­bringt die Fei­er­ta­ge mit euren Liebs­ten, lasst euch imp­fen und folgt alle Hany­bal auf Twitter.

(die MZEE​.com Redaktion)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)