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Interview

Ghanaian Stallion – ein Gespräch über die HipHop-​Kultur in Afrika

"Es macht mich unglaub­lich stolz, das zusam­men mit einem gha­nai­schen Künst­ler zu schaf­fen. Die Jungs dort sehen, dass ich die­se Wur­zeln habe und sie auch in Deutsch­land reprä­sen­tie­re." – Gha­nai­an Stal­li­on im Inter­view über das Gefühl, auf Platz eins der Gha­na Top 100 zu stehen.

Gha­nai­an Stal­li­on ist schon seit vie­len Jah­ren als Pro­du­zent umtrie­big. Neben Alben mit Mega­loh, Chi­ma Ede und als Teil von BSMG ver­öf­fent­lich­te der Ber­li­ner auch meh­re­re Instrumental-​Releases und Sin­gles mit ver­schie­dens­ten Künstler:innen. Nach ver­ein­zel­ten Zusam­men­ar­bei­ten mit Musiker:innen aus Afri­ka erwei­ter­te Gha­nai­an Stal­li­on die­ses Spek­trum sei­ner Koope­ra­tio­nen im ver­gan­ge­nen Jahr: Auf­stre­ben­de Artists wie Black She­rif aus Gha­na, Awa Khi­we aus Sim­bab­we und Bus­ha­li aus Ruan­da rap­pen ihre Ver­ses jetzt auf Afrobeat-​inspirierte Instru­men­tals aus Ber­lin. Wir woll­ten von Gha­nai­an Stal­li­on wis­sen, wie die­se Kol­la­bo­ra­tio­nen ent­stan­den sind und wie er die HipHop-​Kultur und -Sze­nen in Afri­ka wahr­nimmt. Im Gespräch erklär­te er uns unter ande­rem, wel­chen Ein­fluss die all­täg­li­che Prä­senz von Musik in vie­len afri­ka­ni­schen Län­dern auf die Musik der jun­gen Gene­ra­ti­on hat. Außer­dem spra­chen wir über das Gefühl, mit einem Song auf Platz eins der gha­nai­schen Charts zu ste­hen, die Bedeu­tung eines Pro­du­cer Tags und kom­men­de Projekte. 

MZEE​.com: Du hast im ver­gan­ge­nen Jahr viel Musik mit Künstler:innen aus ver­schie­de­nen Län­dern in Afri­ka ver­öf­fent­licht – unter ande­rem mit Artists aus der Hei­mat dei­nes Vaters, Gha­na. Auch in dei­nen Instru­men­tals ver­ar­bei­test du immer mehr Afrobeat-​Elemente. Wie kam es dazu?

Gha­nai­an Stal­li­on: Ich habe als Halb-​Ghanaer natür­lich einen Bezug zu dem Land und den Men­schen dort. Bei uns zu Hau­se lief frü­her viel afri­ka­ni­sche Musik. Ich höre das im Pri­va­ten auch fast aus­schließ­lich neben UK-​Kram. In den letz­ten Jah­ren hat es sich her­aus­kris­tal­li­siert, dass ich immer mehr afri­ka­ni­sche Ein­flüs­se in mei­nen Sound ein­flie­ßen las­sen will. "Oyo­yo" vom "Regenmacher"-Album passt schon zu mei­nen aktu­el­len Beats. In Deutsch­land ist die Ziel­grup­pe für die­se Musik natür­lich etwas klei­ner. Aber ich kann nichts machen, was ich nicht zu hun­dert Pro­zent füh­le, nur um statt­zu­fin­den. Man will eine eige­ne Künst­ler­iden­ti­tät fin­den und Ein­flüs­se aus Afri­ka sind für mei­ne wich­tig. Diver­se Rei­sen haben dazu bei­getra­gen. Wir waren mit Viva con Agua in Ugan­da, wo die Reso­nanz auf unse­re Sachen super war. Auch wenn die Tex­te auf Deutsch sind, ist eine Con­nec­tion durch die Musik da. Das war für mich ein Wink mit dem Zaun­pfahl, dass da mehr geht und ich mit neu­en Men­schen zusam­men­ar­bei­ten kann. Ich bin ein ganz guter Netz­wer­ker und hab' ein Gespür für Leu­te, die Talent oder etwas Beson­de­res haben. Gleich­zei­tig füh­len Artists von dort die Beats viel­leicht auf eine ande­re Art als vie­le hier in Deutsch­land. So kam es, dass ich immer mehr mit Künst­lern und Künst­le­rin­nen aus Afri­ka gear­bei­tet habe.

MZEE​.com: Wel­che Rol­le hat Musik in dei­nem Eltern­haus und dei­ner Kind­heit gespielt?

Gha­nai­an Stal­li­on: Bei uns waren häu­fig befreun­de­te Musi­ker zu Gast, die Shows in Ber­lin gespielt haben. Es lief vie­les Ver­schie­de­nes von Salif Kei­ta bis Fela Kuti. Reg­gae wie Bob Mar­ley, Peter Tosh, Bun­ny Wai­ler und Ähn­li­ches hat mein Vater auch sehr ger­ne gehört. Ich mag die Sound­ele­men­te wie Highlife-​Gitarren und Blä­ser in Afro­beats ein­fach super­ger­ne. Das ist ein Gefühl von zu Hau­se, das bestimm­te Erin­ne­run­gen zurück­bringt. Die jun­ge Gene­ra­ti­on in Afri­ka inter­pre­tiert den Sound für sich und macht etwas Neu­es dar­aus. Das ist super­span­nend und inspirierend.

MZEE​.com: Wür­dest du also sagen, dass sich die Musik von damals in dei­nem Sound heu­te wiederfindet?

Gha­nai­an Stal­li­on: Ja, defi­ni­tiv. Also, ich muss nicht Fela Kuti hören, um einen Beat wie "Jes­se Owens" zu machen. Aber die Typen, die die Gitar­ren und Blä­ser dafür ein­ge­spielt haben, spie­len alle in gha­nai­schen Highlife-​Bands. Das sind bestimm­te Ton­ab­fol­gen und Chords, die wie­der­keh­ren. Von daher kann es nicht scha­den, zu wis­sen, woher das alles kommt.

MZEE​.com: Ab dei­nem zwölf­ten Lebens­jahr hast du eini­ge Jah­re in Gha­na gelebt. Hast du dort damals schon eine HipHop-​Szene wahrgenommen?

Gha­nai­an Stal­li­on: Mit zwölf war ich noch gar nicht auf die­sem HipHop-​Film. Zum Ende der Zeit in Gha­na hat­te ein Kum­pel von einem Kum­pel Kas­set­ten mit den neu­es­ten Ami-​Tracks am Start. Der hat mir mal ein Mix­tape mit Tracks von Erick Ser­mon und den Fugees gege­ben, das hab' ich extrem gefei­ert. So ging das los. In die­ser Zeit lief in Gha­na viel Local Music, Afro­beats und Reg­gae. Das war schon immer groß in Afri­ka. Rap war eher Nischen­mu­sik. Mitt­ler­wei­le ist das kom­plett anders, Gha­na ist ein abso­lu­tes HipHop-​Land. Ich wür­de sogar sagen, dass Gha­na da in Afri­ka ganz vor­ne liegt.

MZEE​.com: Das sieht man auch an dei­nem Erfolg dort: Du stan­dest gemein­sam mit dem Rap­per Black She­rif und den Songs "Second Ser­mon" und "First Ser­mon" gleich­zei­tig auf Platz eins und zwei der Gha­na Top 100. Was ist das für ein Gefühl für dich?

Gha­nai­an Stal­li­on: Das ist total krass. Die­se Din­ge pas­sie­ren und man hat gar kei­ne Zeit, das wirk­lich zu begrei­fen. Es macht mich unglaub­lich stolz, das zusam­men mit einem gha­nai­schen Künst­ler zu schaf­fen. Die Jungs dort sehen, dass ich die­se Wur­zeln habe, die Spra­che spre­che, einen Bezug zu ihnen habe und sie auch in Deutsch­land reprä­sen­tie­re. Es ist ein gei­les Gefühl. Ich hab' schon vie­le Din­ge pro­du­ziert und war auch schon hier in den Charts. Das ist alles super­gut, aber das, was in Gha­na pas­siert, ist noch mal etwas ande­res. "Second Ser­mon" geht gera­de inter­na­tio­nal durch die Decke. Das ver­fol­gen Leu­te, die ich ohne die­sen Schritt nie­mals erreicht hät­te. Es ist krass, zu sehen, wel­che Türen ein Hit einem öff­nen kann. Ich bin ja nicht erst seit ges­tern dabei. Aber es muss eben alles zusam­men­pas­sen. Black She­rif ist der Shoo­ting­star in Gha­na und passt genau zu dem Sound, den wir gera­de ent­wi­ckeln. Der Jun­ge ist 19 Jah­re alt, das ist total cra­zy. Der gehört zur Young Gene­ra­ti­on und ver­bin­det Drill mit den Afrobeat-​Elementen, mit denen er auf­ge­wach­sen ist. Dass ich ein Teil davon sein kann, ist ein Blessing.

MZEE​.com: Der Erfolg ist gera­de vor dem Hin­ter­grund beein­dru­ckend, dass es Songs mit einer kla­ren poli­ti­schen Mes­sa­ge sind. 

Gha­nai­an Stal­li­on: Voll. Ich spre­che auch viel mit Leu­ten in Gha­na dar­über, war­um der zwei­te Song noch mehr durch die Decke geht als der ers­te. Es kommt alles zusam­men. Black She­rif labert nicht irgend­ei­nen Shit. Du siehst ihm an, dass er alles ganz genau­so meint, wie er es sagt. Da gibt's nicht viel zu haten. Das ist ein Jun­ge, der erzählt, wie es ist, und der der Jugend in Afri­ka aus der See­le spricht. Das holt vie­le ab.

MZEE​.com: Black She­rif rappt nicht nur auf Eng­lisch, son­dern auch auf der gha­nai­schen Spra­che Twi. Genau­so rappt Awa Khi­we, mit der du bereits Songs ver­öf­fent­licht hast, auf der sim­bab­wi­schen Spra­che Nde­be­le. Die­ser Mix ist zum einen inter­es­sant zu hören und trans­por­tiert zum ande­ren Identität.

Gha­nai­an Stal­li­on: Ich ermu­ti­ge die Leu­te auch dazu. Frü­her woll­ten vie­le afri­ka­ni­sche Künst­ler auf Eng­lisch rap­pen oder sin­gen, um vie­le Leu­te zu errei­chen. Ich fin­de das immer schwie­rig, wenn du dich doch in dei­ner Mut­ter­spra­che viel bes­ser aus­drü­cken und kom­for­ta­bler flowen kannst. Das ist dei­ne Spra­che und wird sich aus­zah­len. Wiz­kid und Bur­na Boy sin­gen teil­wei­se auf Yoru­ba und welt­weit viben die Leu­te dazu. Aber es kommt natür­lich immer auf den Künst­ler an. Wenn jemand gut ist, hörst du das. Jeder in Gha­na, den USA oder Frank­reich, der sich mit Musik aus­ein­an­der­setzt, wird dir sagen, dass Mega­loh etwas drauf­hat. Dafür musst du nicht den Text ver­ste­hen. Das gilt auch für Awa. Da ver­ste­hen die Leu­te in Gha­na eben­falls kein Wort. Aber die hören, dass sie krass ist. Und das ist bei Black She­rif genau­so. Ich habe noch nie­man­den gese­hen, der mit so einer Power über die­se Art von Beats geht und sol­che Melo­dien bringt. Mich haben bereits Artists aus Deutsch­land ange­schrie­ben, die mit ihm con­nec­ten wol­len. Das ist schon crazy.

MZEE​.com: Was zeich­net für dich die HipHop- und Afrobeat-​Szenen in Afri­ka aus? Was sind Unter­schie­de und Gemein­sam­kei­ten zu unse­rer Szene?

Gha­nai­an Stal­li­on: Ein gro­ßer Unter­schied ist, dass dort alles viel intui­ti­ver ist. Die gehen anders an die Sache ran. Wenn du mit Leu­ten in einer Ses­si­on bist, schmeißt du ein­fach den Beat an, es wird gefree­styl­et und getopli­net. Dadurch kommst du zu einem Song. Es gibt kei­ne Berüh­rungs­angst mit der Musik. Die Melo­dien sind bekannt, weil sie damit auf­ge­wach­sen sind. Ich sage nicht, dass hier nichts von null in Ses­si­ons ent­steht. Aber oft wird erst mal zu Hau­se geschrie­ben, bevor man etwas auf­nimmt. Es geht weni­ger über den Vibe, son­dern mehr über den Kopf, Theo­rie, Song­wri­ting und so wei­ter. Dabei bleibt das ande­re manch­mal auf der Stre­cke. Seit eini­gen Jah­ren wach­sen jetzt Men­schen mit Deutschrap auf, aber zu dei­ner und mei­ner Zeit haben wir immer ins Aus­land geblickt. Die Künst­ler hier las­sen sich fast aus­schließ­lich im Aus­land inspi­rie­ren. Es ist viel­leicht schwie­ri­ger, eine eige­ne Iden­ti­tät zu ent­wi­ckeln, weil man es nicht von klein auf kennt. Da gibt es in Afri­ka eine ganz ande­re musi­ka­li­sche Sozia­li­sie­rung. Wenn in dei­ner Kind­heit die gan­ze Zeit Rhyth­men um dich her­um sind, die dich zum Tan­zen ein­la­den, ent­wi­ckelst du eine Ver­bin­dung dazu. Musik hat eine viel grö­ße­re und all­täg­li­che­re Prä­senz als in Deutsch­land. Hier hörst du Fahr­stuhl­mu­sik und bescheu­er­te Pophits, die im Radio rauf und run­ter gespielt wer­den. Ich will das nicht gene­rell schlecht­ma­chen. Aber es ist nichts, was dich in einen Vibe bringt.

MZEE​.com: Wie genau sind dei­ne Kon­tak­te zu den ver­schie­de­nen afri­ka­ni­schen Künstler:innen entstanden? 

Gha­nai­an Stal­li­on: Die Rei­sen nach Afri­ka waren immer wie­der Aus­lö­ser. Vor allem die, die wir 2016 und 2017 mit Viva con Agua und dem Goethe-​Institut gemacht haben. Mega­loh und ich haben eine klei­ne Afrika-​Tour durch Ugan­da, Ruan­da, Sim­bab­we, Kenia und den Kon­go gemacht. Auf dem Trip habe ich Octo­piz­zo aus Kenia ken­nen­ge­lernt. Der ist dort einer der größ­ten Artists. Wir haben uns gut ver­stan­den und sind in Kon­takt geblie­ben. Er hat direkt erkannt, dass ich ein Talent dafür habe, afri­ka­ni­sche Sounds in ein moder­nes Gewand ein­zu­bau­en. Den Beat für den Song "SEMA!" gemein­sam mit Mega­loh, Bobi Wine und Kna­cke­boul hat er gepickt. Den Sound hat er schon län­ger gesucht und ange­strebt. So hat das alles ange­fan­gen. Wenn eine gewis­se Che­mie da ist, erge­ben sich Sym­bio­sen und Zusam­men­ar­bei­ten. Auf Rei­sen mit dem Goethe-​Institut arbei­test du häu­fig mit loka­len Künst­lern zusam­men. In Ruan­da waren das Bus­ha­li und sei­ne Crew. Wir haben direkt gemerkt, dass er kras­ses Poten­zi­al hat. Über Social Media sind wir ver­bun­den geblie­ben und ich hab' ihm Beats rüber­ge­schickt. Er woll­te auf alle Instru­men­tals etwas auf­neh­men und so haben wir dann eine EP mit­ein­an­der gemacht. Wenn ich jeman­den feie­re und das Gefühl habe, dass ich auch einen Teil mei­ner Visi­on damit ver­wirk­li­chen kann, ent­steht das ganz organisch.

MZEE​.com: Du hast gera­de unter ande­rem Bobi Wine ange­spro­chen. Er sitzt seit eini­gen Jah­ren im Par­la­ment von Ugan­da. Wel­che Rol­le spie­len poli­ti­sche Inhal­te – Macht­ge­fäl­le, Sys­tem­fra­gen, Dis­kri­mi­nie­rung – in dei­ner Wahr­neh­mung in der popu­lä­ren Musik?

Gha­nai­an Stal­li­on: Die Künst­ler, mit denen ich zusam­men­ar­bei­te, spre­chen eigent­lich alle über sol­che Inhal­te. Wir haben ja schon über Black She­rif gespro­chen, der nicht irgend­ei­nen Bull­shit erzählt, son­dern von den Strug­gles sei­ner Gene­ra­ti­on. Gha­na ist eins der Län­der, denen es im afri­ka­ni­schen Ver­gleich noch sehr gut geht. Aber selbst dort kommt viel vom "Wohl­stand" nicht viel bei den Leu­ten an. Trotz des gro­ßen Poten­zi­als gibt es viel Frus­tra­ti­on. Awa Khi­wes gesam­tes Schaf­fen beruht dar­auf, Schwar­ze Frau­en nach vor­ne zu brin­gen. Sie spricht viel von häus­li­cher Gewalt und ande­ren The­men. In Deutsch­land rap­pen Mega­loh und Ame­wu über sozi­al­kri­ti­sche The­men. Das zieht sich wie ein roter Faden durch. Nicht jeder Song, den ich mache, muss poli­tisch sein. Aber es ist mir wich­tig, Musik mit Leu­ten zu machen, die empa­thisch sind. Musik ist etwas Inti­mes – ich könn­te nie Herz­blut in ein Pro­jekt mit jeman­dem ste­cken, der auf einer ganz ande­ren Wel­len­län­ge ist. Bestimm­te Wer­te sind mir wich­tig, damit ich hin­ter einem Song ste­hen kann. Wenn es um die brei­te Mas­se geht, den­ke ich nicht, dass die poli­ti­sche Mes­sa­ge bei den gro­ßen Artists an ers­ter Stel­le steht. Gleich­zei­tig gibt es jeman­den wie Kendrick, der zwar nur alle fünf Jah­re etwas droppt, aber dafür jedes Mal ein State­ment setzt. Er steht für eine gan­ze Grup­pe von Men­schen. Ich wür­de mir wün­schen, dass jemand auf die­se Art auch in Deutsch­land kom­mer­zi­ell erfolg­reich sein könn­te. Aber ich wüss­te gera­de nicht, wer das sein soll. Es gibt bestimmt gro­ße Bands, die so was schon gemacht haben, aber die Regel ist es eher nicht.

MZEE​.com: In Deutsch­land arbei­test du vor allem mit Mega­loh zusam­men, den du schon sehr lan­ge kennst. Inwie­weit unter­schei­det sich die Arbeit mit ihm von der mit den afri­ka­ni­schen Artists?

Gha­nai­an Stal­li­on: Der größ­te Unter­schied liegt, den­ke ich, dar­in, dass Mega schon super­lan­ge im Game ist. Er ist ein Vete­ran, der sich ste­tig wei­ter­ent­wi­ckelt und neu erfin­det. Er hat schon viel mehr gese­hen und gehört als Künst­ler, die zwi­schen 19 und Mit­te 20 sind. Die kön­nen sich viel­leicht auch noch schnel­ler für bestimm­te Din­ge begeis­tern. Sie sind natür­lich noch mehr dabei, sich zu fin­den und einen Sound zu ent­wi­ckeln, als jemand, der seit 20 Jah­ren zu den bes­ten Rap­pern des Lan­des gehört.

MZEE​.com: Ent­ste­hen die Beats für die inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­bei­ten meist auf Rei­sen oder schickt ihr auch häu­fi­ger Spu­ren hin und her?

Gha­nai­an Stal­li­on: Natür­lich macht man auf Rei­sen Musik, aber vie­les ent­steht danach zu Hau­se. Wenn man sich ken­nen­ge­lernt und gebond­et hat, kann man sich auch Sachen schi­cken. Selbst Mega und ich haben in den gan­zen Jah­ren häu­fig Musik hin und her geschickt. Das haben wir mehr gemacht, als vom ers­ten Sound bis zum letz­ten Wort zusam­men im Stu­dio zu sit­zen. Für die­se Roman­tik hat man oft gar nicht die Zeit. Mit Black She­rif zum Bei­spiel habe ich mitt­ler­wei­le einen gemein­sa­men Sound gefun­den. Ich weiß, was ich ihm geben kann. Die Beats für "First Ser­mon" und "Second Ser­mon" waren im ers­ten Paket, das ich ihm geschickt habe. Da wuss­te ich noch gar nicht, in wel­che Rich­tung es genau gehen soll.

MZEE​.com: Dei­ne bes­ten Afrobeat-​inspirierten Instru­men­tals ent­ste­hen also im ver­reg­ne­ten Berlin.

Gha­nai­an Stal­li­on: Das killt sofort die Stim­mung, ne? (lacht) Natür­lich ist es gene­rell ein ande­res Gefühl, wenn ich in Gha­na bei 29 Grad auf der Veran­da sit­ze und höre, wie die Man­gos vom Baum fal­len. Und es ist auch etwas ande­res, wenn alle Leu­te um dich her­um den Afro-​Vibe füh­len. Du fährst in die Stadt und hörst über­all Afro­beats, das ist ein ganz ande­rer Vibe. Nichts­des­to­trotz kannst du ja nicht die Arbeit ein­stel­len, nur weil du in Ber­lin bist und es reg­net. Das ist nicht immer leicht, aber man bekommt es schon irgend­wie hin.

MZEE​.com: In dei­nen neu­en Pro­duk­tio­nen ist dein Pro­du­cer Tag "Stal­li­on on the Beat" pro­mi­nent zu hören. Wie nimmst du die Wert­schät­zung von Produzent:innen mitt­ler­wei­le wahr?

Gha­nai­an Stal­li­on: Ich fin­de, da ist immer noch Luft nach oben. Das hat mit mei­nem Tag erst mal nichts zu tun, aber ich fin­de es wich­tig, dass Pro­du­zen­ten ihr Hak bekom­men. Sie haben gera­de im Deutschrap einen erheb­li­chen Anteil dar­an, dass die Musik ein amt­li­ches Level hat. Mitt­ler­wei­le muss man ja nicht mehr ein Jahr war­ten, bis Plug Ins und so wei­ter aus den Staa­ten rüber­schwap­pen. Ich kann nicht ver­ste­hen, wenn ein Künst­ler einen Song ver­öf­fent­licht und den Pro­du­zen­ten nicht erwähnt. Das gilt auch für die ande­ren Leu­te, die am Song betei­ligt sind. Was spe­zi­ell das Producer-​Tag angeht: Das ist bei Afro­beats ein­fach super­prä­sent. Frü­her woll­te ich das nicht, aber Musa und Mega­loh haben das vor eini­gen Jah­ren ange­regt. Als ich ange­fan­gen hab', Artists aus Afri­ka Beats zu schi­cken, haben die die Songs teil­wei­se ein­fach ver­öf­fent­licht. (lacht) Das ist eben auch der Vibe. Des­halb woll­te ich mich wenigs­tens etwas absi­chern und die Beats bran­den. Da geht's um Sicht­bar­keit. Es hat auch echt gehol­fen, um mich als Pro­du­zent zu präsentieren.

MZEE​.com: Lass uns zum Ende noch ein Stück in die Zukunft schau­en: Wel­che musi­ka­li­schen Pro­jek­te ste­hen bei dir in nächs­ter Zeit an? 

Gha­nai­an Stal­li­on: Man kann sich immer über­ra­schen las­sen, manch­mal weiß ich es selbst nicht. (grinst) Ich arbei­te an vie­len Sachen. Eine EP mit Kwa­me Yesu aus Gha­na steht in den Start­lö­chern. Über den bin ich damals auf Black She­rif auf­merk­sam gewor­den, weil er ihn gefea­tur­et hat. Die waren gemein­sam im Stu­dio und haben was auf einen Beat von mir auf­ge­nom­men. Auf einem Remix auf der EP wird Mega­loh gefea­tur­et sein. Die soll­te noch in die­sem Jahr kom­men. Mit Awa Khi­we hab' ich zwei oder drei Alben in der Pipe­line, die aber frü­hes­tens im nächs­ten Jahr releast wer­den. Musa hat ton­nen­wei­se neue Musik, an der ich mit­ge­ar­bei­tet habe. Black She­rif hat 20 Beats von mir. Patri­ce war neu­lich hier, gleich kommt Aisha Vibes vor­bei. Ich hab' auf jeden Fall immer zu tun.

(Alex­an­der Hollenhorst)
(Fotos von Antho­ny Kurtz, Mar­co Fischer und NikArt Photography)