"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Die Battlerapszene ist in Teilen, um es wohlwollend auszudrücken, innovationsscheu. Es wird eher an Altem festgehalten, statt zeitgemäßen Werten und Vorstellungen Raum zu geben. Und genau hier kommt Falk ins Spiel, denn kaum jemand steht so sehr für progressives Denken in der Battlerapszene wie er. So ist sein Album "Bitter" etwas Besonderes.
Auf der Platte sind mehrere Aspekte zu finden, die für einen Rapper, der sich auch heute immer wieder in den Ring stellt, fast gänzlich untypisch und neu erscheinen. Er ist offen und gibt tiefe Einblicke in seine Persönlichkeit: So arbeitet er etwa seine problematische Kindheit auf, verbindet sie mit seiner aktuellen Situation und sorgt dabei mit seiner schamlosen Ehrlichkeit immer wieder für Gänsehaut. Ein anderes Thema ist der Umgang mit seinem Geschlecht und den Attributen, die damit im Rap oft verknüpft sind: Ein Mann habe hart zu sein – egal, wie er sich fühlt. Dieses Klischee stellt der Rapper infrage und hebt sich damit von vielen seiner Kollegen ab, die sich oft noch über Alphatier-Gehabe definieren. Auch wenn es im restlichen deutschen Rap häufiger mal mal persönlich zugeht, bei dem Duisburger besteht ein entscheidender Unterschied: Er ist ein aktiver Battlerapper, bei dem jede persönliche oder progressive Zeile mehr gewichtet werden muss, da sie im nächsten Battle schließlich eine potenzielle Angriffsfläche bietet.
Auf "Bitter" finden sich neben guten Features und starken Beats auch ein exzellentes Gespür für Melodien. Für mich als Battlerapfan steht allerdings im Fokus, dass Falk mit seiner fortschrittlichen Art und seinen Themen dafür sorgt, dass sich die Szene weiterentwickelt und modernisiert. Und mehr kann man sich als Fan wohl nicht wünschen.
(Jakob Zimmermann)