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Kommentar

Chi Modu: ein Nachruf

An die­ser Stel­le möch­ten wir an den Foto­gra­fen Chi Modu erin­nern, der, wie am 22. Mai 2021 bekannt wur­de, von uns gegan­gen ist. Er war einer der ein­fluss­reichs­ten Foto­gra­fen der ame­ri­ka­ni­schen HipHop-Geschichte.

Peo­p­le always want to put art and artists into neat litt­le boxes.
My work does not fit into any one ste­reo­ty­pe and neither do I.

Der Mann hin­ter der Lin­se, der immer zur rech­ten Zeit am rech­ten Ort war und des­sen Foto­gra­fien die Legen­den unse­res Musik­gen­res zei­gen: Auch wenn sein Name vie­len nichts sagt, so hän­gen sei­ne Wer­ke seit Jahr­zehn­ten in den Zim­mern von HipHop-​Begeisterten auf der gan­zen Welt. Nahe­zu jeder Rap-​Fan wird das Bild von Tupac ken­nen, auf dem die­ser mit frei­em Ober­kör­per, wei­ßem Band­a­na und sil­ber­ner Kreuz­ket­te Rauch in die Luft bläst. Neben Pla­ka­ten hat er auch die pas­sen­de Optik zum Sound der 90er und eines der wohl bekann­tes­ten Alben­co­ver gelie­fert: "The Infa­mous" von Mobb Deep. Die Köp­fe von Pro­di­gy und Havoc nah anein­an­der, der läs­si­ge und zugleich durch­drin­gen­de Blick der bei­den jun­gen Künst­ler aus Queens­bridge, New York. Am 22. Mai wur­de publik, dass Chi Modu, des­sen Wer­ke bei HipHop-Enthusiast:innen welt­weit prä­sent sind, im Alter von 54 Jah­ren starb – die genau­en Umstän­de sei­nes Able­bens sind bis­her nicht wei­ter bekannt.

Doch wer war der Foto­graf, der zwar alle Grö­ßen vor der Lin­se hat­te, über den aber nicht viel bekannt ist? Chi Modu wur­de 1966 in Nige­ria gebo­ren. Im Jahr 1969 flo­hen sei­ne Eltern zusam­men mit ihm vor dem dort herr­schen­den Bür­ger­krieg. Auf­ge­wach­sen in New Jer­sey stu­dier­te er spä­ter Wirt­schaft und beschäf­tig­te sich neben dem Stu­di­um mit der Foto­gra­fie. Er bil­de­te sich in New York City in Foto­jour­na­lis­mus und Doku­men­tar­fo­to­gra­fie wei­ter und war zunächst für klei­ne­re loka­le Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten tätig. In den frü­hen 90ern kam er zu kei­nem gerin­ge­ren Maga­zin als The Source, des­sen Auf­ma­chung er mit sei­nen Wer­ken maß­geb­lich bestimm­te. Alles, was dann fol­gen soll­te, ist bes­tens fest­ge­hal­ten in sei­nen Foto­gra­fien, denn Chi Modu war fest in der Welt des ame­ri­ka­ni­schen Hip­Hops ver­an­kert: Eazy-​E vor einem Che­vro­let Impa­la Lowri­der, die Bad Boy-"B.I.G. Mack"-Kampagne mit The Noto­rious B.I.G., Did­dy und Craig Mack oder die Auf­nah­me vom jun­gen Snoop Dogg, die spä­ter das Cover zum Album "Neva Left" wur­de. Nicht zu ver­ges­sen all die ein­präg­sa­men Ein­zel­auf­nah­men wie Nas ein Jahr vor der Ver­öf­fent­li­chung sei­nes Albums "Ill­ma­tic" in sei­nem Schlaf­zim­mer, Ol' Dir­ty Bas­tard mit irrem Blick in die Kame­ra star­rend oder The Noto­rious B.I.G. im Coo­gi Swea­ter vor dem World Trade Cen­ter. Sämt­li­che Foto­gra­fien von Chi Modu lie­ßen sich mit weni­gen Wor­ten beschrei­ben – sie wür­den Szene-​Kennern sofort prä­sent im Kopf sein.

Sei­ne Wer­ke zie­ren nicht nur meh­re­re Alben- und Zeit­schrif­ten­co­ver, son­dern waren zuletzt auch in sei­ner Aus­stel­lung "Unca­te­go­ri­zed" sowie im gleich­na­mi­gen Foto­band mit unver­öf­fent­lich­ten Bil­dern von Tupac zu bestau­nen. Sei­ne Foto­gra­fien soll­ten allen zugäng­lich sein – die Prei­se für Ein­tritt oder Dru­cke waren ver­gleichs­wei­se erschwing­lich. Gleich­zei­tig bereis­te er die Welt und doku­men­tier­te Kul­tu­ren und Men­schen, weil er zuletzt mehr zei­gen woll­te als nur die Musik­bran­che. Egal, wen er vor der Kame­ra hat­te, Chi Modu hat­te stets die Gabe, mit sei­ner empha­ti­schen und ver­ständ­nis­vol­len Art einen per­sön­li­chen Touch des Gegen­übers in sei­nen Foto­gra­fien ein­zu­fan­gen. Genau das spie­gelt sich in all sei­nen Wer­ken wie­der und genau das macht die­se Foto­gra­fien so beson­ders. Er hielt die prä­gends­ten Jah­re der HipHop-​Kultur fest – die Zeug­nis­se des­sen wer­den der Nach­welt zum Glück immer erhal­ten bleiben.

(Lai­la Drewes)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)