Takt32 – ein Gespräch über das Ego
In einer Umfrage zur Musikrichtung, in der sich die größten Egos tummeln, würde Rap mit ziemlicher Sicherheit den ersten Platz belegen. In den USA brauchen Stars wie Drake oder Rick Ross mittlerweile Paläste mit dem Fassungsvermögen einer Kleinstadt, um ihr Ego zu beherbergen. Auch deutscher Rap hat sich mit narzisstischen Episoden und Anflügen von Größenwahn in der Vergangenheit nicht zurückgehalten. Das Berliner Urgestein Takt32 will sich davon gar nicht freisprechen, trotzdem nimmt er in der Szene eine Rolle ein, die ihn zu einem interessanten Gesprächspartner zum Thema macht: Als gefragter Songwriter für erfolgreiche Artists streicht er zwar respektables GEMA-Money ein, agiert dabei aber eher im Hintergrund. Beißt sich das mit seinem Ego? Wie hat er die Zeit als Backup von Kool Savas erlebt? Von welchen Umständen wurde sein Ego geprägt und wieso spielt es seiner Meinung nach allgemein so eine große Rolle in der Szene? Über diese und viele weitere Fragen haben wir mit Takt32 gesprochen.
MZEE.com: Rappern wird häufig nachgesagt, ein riesiges Ego zu haben – das kann einem in manchen Situationen im Weg stehen. Du selbst hast auf deinem mittlerweile fünf Jahre alten Song "Pyramiden" gerappt, dass dein Ego dein größter Feind sei. Würdest du das heute auch noch sagen?
Takt32: In Teilen schon, ja. Die Wahrnehmung des eigenen Ichs steht immer noch häufig der Realität im Weg. Natürlich ist man mit dem Alter wesentlich selbstkritischer geworden und hat vieles über sich gelernt. Dennoch gibt es Dinge, die man über sich selbst nicht weiß oder meint zu wissen und die in der Außenwahrnehmung ganz anders sind. Es ist vielleicht nicht mehr der größte Feind, aber immer noch einer.
MZEE.com: Hast du eher Probleme mit einem zu großen Ego oder könntest du manchmal auch mehr Selbstvertrauen gebrauchen?
Takt32: Ich glaube, an der Größe des Egos scheitert es nicht. Probleme macht eher die Wahrnehmung des eigenen Ichs im Verhältnis dazu, wie andere dich wahrnehmen. Da lernt man zwar dazu, aber perfektioniert es nie. Das merkst du schon, wenn du mit deinen Großeltern redest und sie eine Situation ganz anders wahrnehmen, als sie tatsächlich ist. Es ist nicht so, dass ich in einen Raum komme und denke, viel krasser als alle zu sein oder dass alle krasser sind als ich. Aber du willst eben ein bestimmtes Bild von dir repräsentieren, das nicht zu 100 Prozent so rüberkommt.
MZEE.com: Kannst du diesen Unterschied in der Wahrnehmung ein bisschen ausführen?
Takt32: Nehmen wir mal eine Live-Show als Beispiel. Ich habe Gigs gespielt, bei denen ich wusste, dass mich dort 100 Leute kennen und 500 nicht. Da willst du natürlich zeigen, dass du der Krasseste bist, ganz in Berliner Battlerap-Attitüde. Dann ist eben die Frage, ob die das auch so wahrnehmen oder ob du dich in dem Moment maßlos überschätzt. Vielleicht fragen die sich, warum ich so tue, als müssten die mich kennen, obwohl die mich noch nie gesehen haben. In solche Situationen geraten Künstler, glaube ich, häufig.
MZEE.com: Das lässt sich ja auch auf den Entstehungsprozess von Songs oder Alben beziehen. Da schwanken viele Künstler zwischen "Ich bin der Krasseste" und "Das ist gar nichts".
Takt32: Safe. Ich glaube, in jedem kreativen Schaffensprozess hast du diesen Konflikt mit der Selbsteinschätzung deines Egos. Daran kommt man vor allem im Rap nicht vorbei. Es geht so viel darum, die Eier auf den Tisch zu packen und sich zu profilieren. In vielen Bereichen ist Rap immer noch Competition und da stoßen Egos aufeinander. Das kann auch das Ego des Künstlers gegen 100 000 unbekannte potenzielle Hörer-Egos sein. Diesen Konflikt wirst du zumindest im Rap nie umgehen können. In anderen Genres ist das vielleicht etwas einfacher. Wenn du darüber singst, dass du Liebeskummer hast, knallst du wahrscheinlich weniger mit anderen aneinander.
MZEE.com: Du hast an mehreren Ausgaben von Rap am Mittwoch teilgenommen. Ich kann mir vorstellen, dass dort einige starke Egos aufeinanderprallen. Welche Rolle hat Battlerap bei der Entwicklung deines Egos gespielt?
Takt32: Auf jeden Fall eine große, weil du dort direktes Feedback bekommst. Das fehlt, glaube ich, heute vielen Rappern, die nur im Internet-Kosmos stattfinden. Wenn jemand bei YouTube einen Daumen hoch drückt, gehe ich zwar davon aus, dass er mich feiert, aber es könnte auch nur ein zutrauliches Klatschen sein. Digital ist es superschwer abzuschätzen, wie die Leute auf dich reagieren. Bei Rap am Mittwoch musstest du deinen Gegner battlen und zeigen, dass dein Ego größer ist. Selbst wenn der andere gewinnt, musst du trotzdem der Krasseste sein. (grinst) Gleichzeitig solltest du mit den 500 anderen Egos im Raum kommunizieren und dafür sorgen, dass du Applaus erntest. Das ist eine krasse Erfahrung, durch die du lernst, dich selbst besser einzuschätzen.
MZEE.com: Die Battle-Kultur hat vor Corona ja verstärkt wieder auf der Bühne stattgefunden, zum Beispiel bei Don't Let The Label Label You. Verfolgst du das?
Takt32: Ich hab' DLTLLY und RAM eher peripher verfolgt, ein paar Battles hab' ich mir angesehen. DLTLLY hat es ja etwas mehr beim Kerngedanken belassen, teilweise ohne Mikrofon und Bühne. Wenn man das hobbypsychologisch analysieren will, bringt das Rapper und Zuschauer natürlich egotechnisch mehr auf eine Ebene. Eine Bühne mit großen Lichtern bläst das Ego auf. Wenn jemand auf eine Bühne tritt, ist er für die Zuschauer offensichtlich jemand, der etwas Wichtiges zu sagen hat. Ich fand diesen "Started from the bottom"-Appeal bei DLTLLY sympathisch. Du musstest dich auf Augenhöhe mit allen herauskristallisieren. Respekt an jeden, der das macht.
MZEE.com: Denkst du, dass das Ego in der Rapszene eine größere Rolle spielt als in anderen Lebensbereichen und -räumen?
Takt32: Ich würde schon sagen, dass es eine Musikrichtung ist, in der das Ego eine riesengroße Rolle spielt. Man darf nicht vergessen, dass Rap in seinem Ursprung ein Spiegel der Straße und der "Unterschicht" ist. Er kam von Leuten, die finanziell im Nachteil waren und in einem kapitalistischen System das Gefühl vermittelt bekamen, dass sie ohne Geld nichts wert wären. Deshalb pusht man durch die Musik sein Ego so hoch, dass man irgendwann darübersteht. Man kauft Luxusartikel, um sein Ego aufzublasen. Das liegt daran, dass man uns früher gesagt hat, dass wir uns das nicht leisten könnten. Das kränkt das Selbstwertgefühl und wenn du dann die Kohle hast, kaufst du die Sachen eben. Das ist Überkompensation. Rap ist sehr prädestiniert für diese Vorgänge, aber am Ende des Tages geht es um die Klassenfrage. Jede Musikrichtung, die in kapitalistischen Systemen aus unteren Klassen hervorkommt, wird ein Ego-Problem haben. Das wird vermutlich auch noch eine ganze Weile so bleiben. Es sieht nicht so aus, als würde die Schere zwischen Arm und Reich in den nächsten Wochen kleiner werden.
MZEE.com: Das Ego-Ding im Rap zeigt sich ja schon dadurch, dass Rapper gerne ihre Zeilen mit ihrem Künstlernamen beginnen. Das gibt's in anderen Genres nicht.
Takt32: Ja, voll. Herbert Grönemeyer würde seine Strophe nicht mit einem "Herbert!" beginnen. (lacht) Künstler in anderen Genres sind aber meist psychologisch auch so getrimmt, dass sie wahrgenommen werden. Die kommen in einen Raum und sind Teil der Gesellschaft. Das war bei uns anders. Wir mussten schreien, wenn wir wahrgenommen werden wollten. Ich glaube, dass dieses Rausbrüllen von Namen damit zu tun hat. Im Graffiti ist es ja nicht anders. Dass du deinen Namen überall hinsprühst, ist am Ende des Tages auch ein Ego-Ding und ein Schrei nach Aufmerksamkeit.
MZEE.com: Du hast früher eine Zeit lang in Banlieues in Frankreich gelebt und warst dort in der Graffiti-Szene aktiv. Welche Rolle hat diese Zeit für die Entwicklung deines Egos gespielt?
Takt32: Ich war noch jung, zwischen 15 und 17. Mit Graffiti hatte ich schon in Berlin zu tun, dort ging es weiter. Es war dasselbe Prinzip. Die Verhaltensweisen, die das Ego und den Klassenkampf angehen, waren in Marzahn fast die gleichen wie in den Pariser Vorstädten. Natürlich ist es dort noch etwas brachialer geworden. Zu der Zeit, in der ich dort gelebt habe, wurden die Arbeiterschutzgesetze verändert. Da sind einige Leute durchgedreht. In der Innenstadt haben die Bullen deinen Ausweis kontrolliert. Wenn sie gesehen haben, dass du nicht in der Innenstadt wohnst, wurdest du festgehalten. Deine Bewegungsfreiheit wurde eingeschränkt und dir wurde zu verstehen gegeben, dass du nicht in das reiche Viertel gehörst, sondern schön in der Vorstadt bleiben sollst. Natürlich war ich nur Gast, aber ich habe gesehen, wie sich das auf die Egos meines Gastbruders und der anderen Jungs ausgewirkt hat. Natürlich sind die noch aggressiver rausgegangen und haben mehr Sachen gebombt und zugetaggt, um gesehen zu werden. Das ist das Interessante an Graffiti: 90 Prozent der Leute können das gar nicht lesen oder nehmen es nicht mal wahr. Die laufen an bunten Bildern vorbei und halten es für Schmiererei. Uns hat es trotzdem das Gefühl gegeben, wahrgenommen zu werden. Wir dachten, dass die Menschen so bemerken, dass es uns gibt.
MZEE.com: Du nimmst dir einen Raum in der Stadt, der dir sonst nicht eingeräumt wird.
Takt32: Du holst dir den Raum zurück, der deinem Ego genommen wurde. Mich fragt ja auch keiner, ob ich die Hämorrhoidensalben-Werbung über meinem Sitz in der U-Bahn haben will. Die ganze Stadt wird mit Werbetafeln zugekleistert. Das nimmt meinen Raum ein. Graffiti ist die Gegenbewegung dazu.
MZEE.com: Kannst du dich an konkrete Situationen erinnern, in denen dir ein zu großes Ego im Weg stand?
Takt32: Tatsache ist, dass man als Berliner immer ein bisschen auf alle anderen scheißt und sich für den Krassesten hält. (lacht) Bei meinen ersten Aufnahmen und Alben stand mir das schon etwas im Weg. Man hat eher nicht gesungen, weil das zu der Zeit einfach nicht der Vibe war. Da treffen wieder die Einschätzung der äußeren Wahrnehmung und Selbsteinschätzung aufeinander. Die ändert sich mit der Erfahrung. Du festigst dein Ego, scheißt drauf und singst einfach die Hook oder benutzt irgendwelche Country-Samples. Dazu kommt der Lokalpatriotismus als Identifikationsfaktor, der dein Ego pusht. Damals hat man keine Songs mit Hamburgern oder Frankfurtern gemacht. Das gehörte dazu und im Endeffekt fanden wir das lustig. Aber eigentlich war das ein bisschen blöd und hat dem musikalischen Prozess im Weg gestanden.
MZEE.com: Gab es auf der anderen Seite Situationen, in denen dir mehr Ego gutgetan hätte?
Takt32: Eigentlich haben wir immer ganz schön auf die Kacke gehauen. (lacht) Ich glaube, viel mehr wäre schon sehr größenwahnsinnig gewesen. Das war schon okay so, das hätte man nur mit Kokainkonsum noch toppen können. (grinst)
MZEE.com: Du schreibst als Songwriter unter anderem an Texten für badmómzjay, Elif oder Nico Santos mit. Vor allem badmómzjay kommuniziert sehr offen, dass du an den Tracks beteiligt bist. Ist es dir wichtig, diese Anerkennung zu bekommen?
Takt32: Eigentlich nicht. Am Ende des Tages ist es ein Job und ich werde bezahlt. Und zwar für Kreativarbeit, die ich sowieso gerne mache. Ich kann mit Leuten arbeiten, auf die ich Bock habe und damit Geld verdienen. Das muss nicht immer öffentlichkeitswirksam bekannt gemacht werden. Es steht auch nicht jeder Mitarbeiter, der an einem Mercedes geschraubt hat, mit seiner Unterschrift auf dem Auto. Okay, beim AMG unterschreibt tatsächlich der Ingenieur, der den Motor gebaut hat, den Mercedes. Aber es haben auch andere daran gearbeitet, die sich nicht verewigen. Damit kann man es vergleichen. Ich flexe nicht damit, an Songs mitgeschrieben zu haben. Ich poste die Sachen, die ich supporte und geil finde.
MZEE.com: Die finanzielle Absicherung durch das Songwriting gibt einem eine gewisse Sicherheit, um kreativ und unabhängig an die eigene Musik herangehen zu können, oder?
Takt32: Voll. Ich mache das aber auch einfach gerne, weil ich mich austoben und mal etwas anderes machen kann. Textlich kann ich in Richtungen gehen, die ich nicht für mich verwenden würde, aber schon immer mal schreiben wollte. Ich kann Gesangslinien ausprobieren, die ich selbst nicht singen könnte. Es ist auch cool, eine andere Stimme die eigenen Worte performen zu hören. Das ist der kreative Aspekt. Und klar, der monetäre Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Es wäre Quatsch, zu verschweigen, dass ich damit gutes Geld verdiene. Wenn ich das machen kann statt irgendeiner anderen Scheiße, ist das doch Win-win.
MZEE.com: Einige Songs, an denen du mitgeschrieben hast, haben deutlich höhere Streaming-Zahlen als deine eigenen. Kratzt das manchmal an deinem Ego?
Takt32: Um mein Ego kurz zu pushen: Meine Zahlen sind mittlerweile ganz gut. (grinst) Tatsächlich habe ich teilweise mehr Streams als die Songs, an denen ich mitgeschrieben habe. Aber über die großen Hits müssen wir natürlich nicht reden. Ich weiß einfach, dass diese Songs nicht so erfolgreich geworden wären, wenn ich sie gerappt hätte. Meistens passt schon der Text gar nicht zu mir. Außerdem muss man vernünftig und reflektiert sein und sagen können: Es ist eben nicht nur der Text, der einen Song krass macht, sondern auch die Attitude, das Auftreten und alles drumherum. Wie gibt man sich auf der Bühne und auf Social Media? Wie kleidet man sich, was für ein Character ist man? Das muss mit dem Text harmonieren, dann wird es meistens erfolgreich. Wenn ich eine Nico Santos-Hook singe, wird das nicht so geil wie bei ihm. Er hat die Stimme und den Vibe dafür. Dafür kackt der wahrscheinlich ab, wenn er irgendwelche Oldschool-Flows auf einen 90 BPM-Beat rappen soll. Wenn die Selbstreflexion da ist, kann man in der Writing-Szene relativ weit kommen. Die meisten scheitern tatsächlich an ihrem Ego. Die denken, dass Artists nur wegen ihrer Texte erfolgreich wären. Dicker, halt die Fresse. Du hättest mit dem Song wahrscheinlich nicht so einen Erfolg gehabt.
MZEE.com: Das lässt sich teilweise auf Künstler übertragen, die behaupten, dass sie jederzeit auf den Zeitgeist aufspringen könnten und nur keinen Erfolg hätten, weil sie sich nicht "verkaufen". Die meisten davon könnten wahrscheinlich nicht auf Knopfdruck erfolgreiche Musik machen.
Takt32: Das stimmt. Die Leute versuchen, ihren nicht vorhandenen Erfolg zu kompensieren. Deshalb sagen sie, dass es nur daran liegt, dass sich die anderen "verkaufen". Gleichzeitig messen sie ihren Erfolg auch an Verkäufen und Zahlen. Wenn dein Album Gold gehen würde, würdest du dir auch einen darauf runterholen. Das ist scheinheilig. Und mit dem Argument, dass erfolgreiche Musik so einfach und anspruchslos wäre, kannst du dich auch überall herausreden. Teilweise sind die einfachen Sachen viel schwerer zu machen. Ich sag' dir ganz ehrlich: Ein Boom bap-Album schreib' ich dir in einer Woche. Für so ein Gunna-Ding brauche ich ein bis zwei Monate, bis das halbwegs identisch klingt. Diese Einfachheit ist nicht zu unterschätzen.
MZEE.com: Du warst ab 2017 für mehr als zwei Jahre Backup von Kool Savas und hast somit bei seinen Shows eher im Hintergrund agiert.
Takt32: Ich bin jetzt seit gut einem Jahr nicht mehr Savas-Backup. Weil ich durch Songwriting und meine eigenen Sachen mittlerweile so viel zu tun habe, haben wir beschlossen, dass wir einen Nachfolger finden. Das wird er ankündigen, wenn das Live-Geschäft wieder losgeht. Es gibt jemand Neuen. Aber Savas und ich sind weiterhin sehr gute Freunde, alles gut.
MZEE.com: Wie hast du die Rolle als Backup mit deinem Rapper-Ego vereinbart?
Takt32: Das ist mir total egal gewesen. Wenn ich mit Savas auf der Bühne stand, war ich ja schon sichtbarer als vorher. Ich bin mit seiner Musik groß geworden. Machen wir uns nichts vor: Er ist für 90 Prozent der deutschen Rapper immer noch ein Idol. Dadurch war das für mich einfach krass. Man muss Savas zugutehalten, dass er mir Raum zum Rappen eingeräumt hat. Wir haben gefreestylet, er hat mir Props gegeben und so weiter. Außerdem ist es, genau wie das Songwriting, eben ein Job. Ich wurde dafür bezahlt und habe viel Erfahrung gesammelt. Es war eine krasse Schule, mit einem der besten auf dem Frauenfeld vor 80 000 Leuten auf der Bühne zu stehen. Oder eine splash!-Hauptbühnenshow mit Savas – dafür ist man einfach dankbar.
MZEE.com: Hast du von ihm etwas über den Umgang mit dem eigenen Ego gelernt – auch in Bezug auf deine Karriere?
Takt32: Ja, schon. Du lernst von Savas, dass es ein Marathon ist. Natürlich kannst du in drei Jahren so viel Cash machen, dass du ausgesorgt hast, aber für ihn war es immer eher ein langer Weg. Er hat nicht probiert, Radiohit nach Radiohit zu machen. 90 Prozent der Tracks auf seinen Alben sind immer noch Straight in die Fresse-Rap. Du lernst von ihm, dass du die Leute um dich rum vernünftig behandeln solltest. Du siehst sie wieder. Savas ist zu den Veranstaltern immer super akkurat, egal, ob es eine kleine oder große Show ist. Er weiß genau, dass es in einem anderen Jahr vielleicht nicht so gut bei ihm läuft. Dann wird er trotzdem gebucht, weil er sich nicht wie ein Arschloch aufgeführt hat. Es gibt Künstler, die ein oder zwei Jahre im Geschäft sind und sich benehmen, als gehörte ihnen die ganze Welt. Da denke ich mir: Wenn du in fünf Jahren nicht mehr angesagt bist, dann viel Spaß damit, wenn die Menschen dich so behandeln, wie du sie behandelt hast. Das größte Problem der meisten Rapper aktuell ist, dass ihr Ego schneller wächst als ihre Fähigkeiten. Das liegt auch daran, dass Hypes so schnell über das Internet entstehen. Die sind jung und hungrig. Dann sind sie ein Jahr am Start und haben Millionen Streams, aber waren noch nie auf einer Bühne und haben zehn Shows am Stück gespielt. Eine gewisse Professionalität ist noch gar nicht erreicht, aber das Ego ist schon da. Die überschätzen ihre Außenwahrnehmung und fallen meistens auf die Schnauze, wenn sie nicht mehr angesagt sind.
MZEE.com: Wir kommen zur letzten Frage. Der Singer-Songwriter Nisse schreibt wie du für verschiedene Künstler. Er hat mal gesagt, dass er es mag, dass seine Texte auch auf anderen Konzerten als seinen eigenen gesungen werden. Kannst du diesen Gedanken nachvollziehen?
Takt32: Ja, schon. Es ist ein Werk, an dem du beteiligt bist. Wenn jemand die "Deutschrap Brandneu"-Playlist oder "Modus Mio" hört, denke ich mir das auch bei vielen Songs. Das ist wie mit dem Mercedes vorhin. Du hast etwas dazu beigetragen und ein Stück von dir mit hineingegeben. Wenn Menschen das feiern, ist man auch ein bisschen stolz darauf. Das kann ich gut nachvollziehen. Ich feier' es auch, wenn Songs, an denen ich mitgeschrieben habe, live gespielt werden und funktionieren.
(Alexander Hollenhorst)
(Fotos von Dennis Hardt)