"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Fällt heute noch der Name Rufmord im Deutschrap-Kontext, dann fast ausschließlich im Bezug auf die Entdeckung von K.I.Z. Wahrscheinlich hört das Wissen über den Berliner MC bei den meisten hier aber auf. Ich hingegen werde nie vergessen, wie ich mich auf das einzige Solo-Werk des Imagekillers – "Reanimator" – freute.
Im Jahr 2005 steckte der Royal Bunker gerade inmitten der sogenannten Street-Offensive. Im Speziellen hieß das: Es sollten im Abstand von jeweils zwei Wochen sieben Alben erscheinen. Ich war regelrechter Fanatiker des Berliner Untergrunds zu dieser Zeit und fieberte jeder weiteren CD frenetisch entgegen. Als dann "Reanimator" von Rufmord angekündigt wurde, stiegen meine Erwartungen ins Unermessliche. Denn ich wartete seit dem "Erstschlag"-Tape der Battlemiliz aus dem Jahr 2002 auf ein Lebenszeichen der Jungs. Als ich die CD dann endlich einlegte, dauerte es nicht lange, bis ich komplett begeistert war. Noch während des episch gestalteten Intros beginnt das erwartete Punchline-Massaker. Die Beats untermalen die Texte perfekt und schon auf dem dritten Lied erfüllte sich mein Wunsch: Hassanfall und Rufmord sind wieder vereint. Im Allgemeinen ist das Album voller starker Feature-Gäste. So geben sich unter anderem Rhymin Simon, NgaFsh und Nico K.I.Z die Ehre, was fast schon das Feeling eines Labelsamplers vermittelt. Zusätzlich scheinen viele Lieder auf Live-Auftritte ausgelegt zu sein. Unter anderem "Madraboom" und "Weg der Waffe" sorgen mit hartem Geflexe direkt für Partystimmung. Komplettiert wird das Album von humoristischen Skits an genau den richtigen Stellen.
Im Nachhinein betrachtet sind es wohl die Debüt-Alben von Tua und K.I.Z, die die Erinnerung an die Royal Bunker-Street-Offensive dominieren. Dennoch spricht es Bände, dass Rufmords "Reanimator" meine viel zu hohen Erwartungen noch übertreffen konnte. Im Prinzip ist das Album mit Star Wars zu vergleichen: ein epischer Blockbuster mit der richtigen Portion Humor. Im Gegensatz zur Filmreihe blieb es hier aber leider bei einem Werk.
(Blan P)