Curren$y – 3 Piece Set

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künst­ler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der Gesprächs­part­ner ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Curren$y ist in der HipHop-​Szene als einer der größ­ten Auto­lieb­ha­ber bekannt. Pas­send dazu sieht er das Rap­ga­me offen­sicht­lich als ewi­ges 24-​Stunden-​Rennen. Allein 2019 releas­te er acht Pro­jek­te und auch in die­sem Jahr gönnt er sich kei­nen Boxen­stop. So erschien, qua­si ohne Vor­ankün­di­gung, am 21. Febru­ar mit "3 Pie­ce Set" bereits die zwei­te Schei­be. Die­ses gelun­ge­ne Schman­kerl lädt sound­tech­nisch zwar nicht zum Rasen ein, dafür aber gewiss zu einer ent­spann­ten Run­de um den Block.

Auf den nur knapp sie­ben Minu­ten Fahr­zeit bekom­me ich exakt das, was ich als lang­jäh­ri­ger Spit­ta And­ret­ti-Fan erwar­te: eine Kom­bi­na­ti­on aus gelös­ten Instru­men­tals und ein­drucks­vol­len, halb genu­schel­ten Vocals. Genau wie der Vor­gän­ger, "3 Pie­ce Set: A Clo­sed Ses­si­on" aus dem Jahr 2012, rollt die Plat­te auf sam­ple­ba­sier­ten Beats von The­lo­nious Mar­tin, die mich immer wie­der auf einen ent­spann­ten Trip ein­stim­men. Wäh­rend­des­sen ver­setzt mich Curren$y mit sei­nen Lyrics gedank­lich auf den Leder­sitz sei­nes schwer ver­ne­bel­ten 64er Che­vro­let Impa­la. Sodass ich kurz ver­ges­se, dass ich in einem Opel Cor­sa sit­ze, bei dem die Rauch­schwa­den höchs­tens aus dem Aus­puff kom­men. Wäh­rend der kur­zen Spritz­tour geht es aber um mehr als nur um And­ret­tis Lieb­lings­in­hal­te Autos und Can­na­bis. Auch erns­te­re The­men wie die Erin­ne­rung an tote Rap-​Kollegen oder die Bezie­hung zu einer gelieb­ten Frau wer­den von ihm auf­ge­grif­fen. Aller­dings ohne dabei von sei­ner unauf­dring­li­chen Erzähl­wei­se abzu­wei­chen und mich von der Stra­ße abzulenken.

Das macht die EP für mich zum Sound­track mei­ner Wahl, um an einem Som­mer­abend durch die Gegend zu crui­sen, mich ein­fach zurück­zu­leh­nen und den All­tag zu ver­ges­sen. Eben der per­fek­te Bei­fah­rer, wäh­rend ich mit knapp 20 km/​h und offe­nem Ver­deck fah­re. Nichts am Wagen klap­pert und jedes noch so tie­fe Schlag­loch wird ein­fach abge­fe­dert – zumin­dest wäh­rend die­ser drei Songs.

(Nico Maturo)