Der Nebel lässt vergessen, was mal war.
Doch was mal wird, kann er nicht sagen.
Es ist wirklich spannend zu beobachten, wie viele talentierte Newcomer sich aktuell in der Berliner Rapszene tummeln. Einer dieser vielversprechenden Künstler ist Savvy. Er entpuppt sich zudem noch als echtes Arbeitstier, denn mit seiner EP "35mm" liefert er bereits die dritte Platte innerhalb eines Jahres.
Nachdem Savvy bei seinem letzten Tape eher auf zeitgemäßen Trap und Boom bap als musikalischen Unterbau gesetzt hatte, schlägt er nun eine melodischere Richtung ein. Verantwortlich dafür zeigen sich die beiden Produzenten 24Seven und Jiby. Mit ihrem ruhigen Sound bilden sie das Fundament für eine EP, die durchzogen ist von nachdenklichen und melancholischen, aber auch sehr persönlichen Tracks. Eine solche Richtung einzuschlagen, birgt allerdings immer die Gefahr, sich in inhaltsleerem Phrasengedresche und hohlen Pseudolebensweisheiten zu verlieren. Zum Glück ist das beim Berliner nicht der Fall. Mit klugen Lyrics und seiner authentischen Art gibt er tiefe Einblicke in sein Seelenleben. So erzählt er beispielsweise von seinen inneren "Dämonen" oder den Risiken, die ein schneller Erfolg mit sich bringen kann. Obendrein setzt er sich auch noch mit der scheinheiligen Musikbranche auseinander, in der "jeder lieber blind und taub aus Angst vor Emotionen" ist. Das Ganze ist teilweise so ehrlich, dass es an manchen Stellen fast wirkt, als würde man Einsicht in sein Tagebuch bekommen. Um seine Texte mit Inhalt zu füllen, braucht Savvy "kein Ice auf der Uhr" und muss auch sonst nicht mit irgendwelchen Statussymbolen prahlen. Ihm reicht ein reflektierter Blick auf seine Lebensrealität vollkommen aus.
Mit "35mm" liefert Savvy eine EP, bei der atmosphärischer Sound mit einer tiefer liegenden Message versehen wird. Das Besondere dabei ist, dass er keine pseudo-deepen oder selbstverherrlichenden Klischees bedient, um diese zu transportieren, sondern immer wieder einen neuen Zugang findet. Und das ist eine Fähigkeit, die im Rapgame nicht allzu oft zu finden ist.
(Thomas Linder)