"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Jeder kennt es: das eine Album, das man immer wieder hören kann und von dem man nicht genug bekommt. cluesos Release "Text und Ton" ist genau diese Art Platte für mich. 2003 – zwei Jahre nach der Veröffentlichung – bin ich darauf gestoßen und seitdem einfach nicht mehr davon weggekommen.
Es gibt so ein Gefühl, das einen manchmal ereilt, wenn man Musik hört. Es fühlt sich ein wenig an wie Verliebtheit und wird nicht von jeder Platte oder jedem Song getriggert. Aber "Text und Ton" schafft es, dieses Feeling in mir zu wecken. Wenn ich den Playbutton drücke und der erste Track anspielt, werde ich sofort mitgerissen. Das Intro transportiert Leichtigkeit und durch gut gesetzte Cuts einen absoluten Oldschool-Vibe. Doch Liebe ist vielfältig – und das ist cluesos Release auch. Denn es gibt nicht die eine Stimmung, die die Platte durchzieht. Vielmehr ereilt mich beim Hören eine Achterbahn der Gefühle. Je nach Anspielstation werde ich schwermütig, freudig, verträumt oder möchte tanzen. Musikalisch experimentell gestaltete Interludes verbinden diese Vielfalt. So wirkt das Zusammenspiel an keinem Punkt befremdlich. Sogar dann nicht, wenn teilweise Genres wie HipHop, Reggae und Drum 'n' Bass innerhalb der Songs miteinander vermischt werden. Genauso abwechslungsreich ist auch der Inhalt des Albums. Neben äußerst variablem Flow gibt es Rap auf Deutsch, englische Parts von Featuregästen und Gesang – vor allem in den Hooklines. Egal, ob Battlerap, Reggae-Song, positiv oder gefühlvoll melancholischer Track: Durch persönliche Lyrics reißt clueso mich stets mit.
"Text und Ton" ist eines der Alben, auf denen es gelungen ist, Genres stilvoll und stets passend miteinander zu vermischen. Durch eingängigen, sehr variablen Rap und cluesos Gesangstalent ensteht eine starke Bandbreite an Styles. Aber auch thematisch ist das Album nicht gealtert, sodass sich der Griff in die Plattenkiste nach wie vor lohnt.
(Dzermana Schönhaber)