Doch mir egal, wie gefährlich du bist.
Gefährlich ist nur der, der revolutionär ist.
"STR8 INGE INGE" ist definitiv etwas Besonderes: Hinter dem kryptisch anmutenden Namen steckt ein Konzeptalbum, das sich auf die deutsche Schauspielerin Inge Meysel bezieht. Das wirkt sich auf unterschiedlichen Ebenen aus und macht die ganze Platte recht skurril, aber auch genauso interessant.
Betrachtet man zunächst nur die Oberfläche, finden sich zwölf Tracks, die alle vom Bremer Duo Dramadigs produziert wurden. Sie sorgen für einen entspannten, jazzigen Sound, der das Album sehr gut hörbar macht. Auf den Instrumentalsongs kommt man teilweise auf den Gedanken, eine "Beats to study"-Playlist eingeschaltet zu haben. Was aber ausschließlich positiv gemeint ist, denn das ruhige Soundbild der Produzenten ist enorm stilsicher und harmoniert ideal mit der Stimme von Sonne Ra. Hört man sich dann genauer durch die Songs, lässt sich abseits von Wortspielen wie "Lauf der Inge" oder Reime auf "Straight Inge" viel finden. Der Erfurter widmet sich mit seinem eigenen Stil aus smoothem Rap und Gesang diversen Themen. Neben Diskriminierung und Pazifismus gibt es Texte übers Kiffen und Geschlechtsverkehr, die durch den unverwechselbaren Style von Sonne Ra verbunden werden und sehr entspannt wirken – egal, wie ernst ihr Inhalt ist. Allerdings bleibt der Bezug auf Inge Meysel wenig greifbar, vor allem wenn man sich nicht mit ihrem Lebenswerk auskennt. Ihr Engagement gegen Sexismus oder für gleichgeschlechtliche Liebe bleibt beispielsweise nahezu komplett unerklärt und lässt somit den Bezug auf die Schauspielerin oft deplatziert wirken.
Das soll der Platte als Ganzes aber keinen Abbruch tun – "STR8 INGE INGE" ist ein kurzweiliges Musterbeispiel für Harmonie zwischen Rapper und Produzenten. Sonne Ra wird ein perfekter stilistischer Untergrund geboten. So lässt sich nur auf eine ständige Zusammenarbeit mit Dramadigs hoffen.
(Jakob Zimmermann)