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Soundcheck

Coba

In der aktu­el­len Aus­ga­be unse­res Sound­checks stel­len wir Euch Coba aus Kiel-​Gaarden mit Kurz­in­ter­view und Steck­brief vor.

Kaum eine Sze­ne hier­zu­lande scheint so facet­ten­reich zu sein wie die Deutschrap­szene. Wäh­rend es bereits jetzt schon fast unmög­lich erscheint, jeden ein­zel­nen, eta­blier­ten Ver­tre­ter zu ken­nen, steigt die Zahl neu­er, noch unbe­kann­ter Künst­ler expo­nen­ti­ell wei­ter an. Den Über­blick zu behal­ten, gleicht einer Her­ku­les­auf­gabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-​Hydra gemerkt, tau­chen schon wie­der min­des­tens zwei neue auf. Gleich­zei­tig ist es für unbe­kannte, jun­ge Talen­te über­aus schwer, aus der über­wäl­ti­gen­den Mas­se an Musi­kern her­aus­zu­tre­ten und sich einen Namen zu machen.

Bei­den Sei­ten soll unser Sound­check eine Hil­fe­stel­lung bie­ten. Pro­du­cern, die bis­her noch in den Tie­fen des Unter­grunds unter­ge­gan­gen sind, eine Platt­form geben, auf der sie sich kurz, aber prä­gnant prä­sen­tie­ren kön­nen. Und Hörern und Fans ermög­li­chen, sich einen schnel­len Über­blick über nen­nens­werte Künst­ler zu ver­schaf­fen, die sie bis­her viel­leicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.

 

MZEE​.com: Du bist Pro­du­zent, rappst aber meist selbst auf dei­ne Instru­men­tals. Wie kann man sich dei­nen Arbeits­pro­zess vor­stel­len? Baust du zuerst einen Beat und schreibst dann dei­nen Text oder andersherum?

Coba: Meis­tens star­tet der Arbeits­pro­zess mit einem Gefühl, das ich gern los­wer­den will. Je nach Gele­gen­heit und Art der Emo­ti­on äuße­re ich mich in musi­ka­li­scher oder lyri­scher Form. Das Gan­ze füh­re ich dann meist abwech­selnd fort: Ich schrei­be bei­spiels­wei­se auf das Grund­kon­strukt des Instru­men­tals oder bast­le einen Beat für den ers­ten 16er.

MZEE​.com: Wel­cher der von dir pro­du­zier­ten Beats ist dein Favorit?

Coba: Ich habe zwei Favo­ri­ten. Zunächst "Mor­gen­son­ne", der auf mei­ner ers­ten EP zu fin­den ist – das ist einer der ers­ten voll­stän­di­gen Beats, die ich pro­du­ziert habe. Aus­nahms­wei­se saß ich nicht allei­ne vor FL Stu­dio, son­dern hat­te zwei sehr gute Men­schen bei mir, die Ideen bei­gesteu­ert und auf dem Track am Ende auch gerappt haben. Als der Beat ent­stan­den ist, kam Trap gera­de erst in Deutsch­land an und ich bin vor allem an die Drums sehr expe­ri­men­tell her­an­ge­gan­gen. Das war span­nend und anspruchs­voll, obwohl ich heu­te viel­leicht ganz ande­re Sounds wäh­len wür­de. Des Wei­te­ren wür­de ich "Kie­ler Smog" nen­nen, der auf mei­nem kürz­lich erschie­ne­nen Kol­la­bo­al­bum mit Brot­ha­Lehn zu fin­den ist. Für den Beat habe ich zum ers­ten Mal ein Sam­ple benutzt, näm­lich "The End of Ever­y­thing" von Tri­vi­um, was bes­ser geklappt hat als erwar­tet. Mit der düs­te­ren Atmo­sphä­re und der mehr­stim­mi­gen Hook ist das wahr­schein­lich sowie­so mein Lieblings-​Solotrack von mir. Außer­dem fasst er ein Stück weit mei­ne ers­te EP zusam­men, die sich viel mit mei­nem Weg vom Dorf in die Stadt aus­ein­an­der­ge­setzt hat – "Kie­ler Smog" setzt das Gan­ze in einen Kon­text zur neu­en Musik und schafft so eine Brücke.

MZEE​.com: Wie bereits erwähnt, berappst du dei­ne Beats meist selbst. Wel­chen ande­ren Rap­per wür­dest du unbe­dingt ein­mal auf einem dei­ner Beats hören wollen?

Coba: Lak­mann One. Es gibt mei­ner Mei­nung nach nie­man­den im deutsch­spra­chi­gen Raum, zumin­dest nicht im mir bekann­ten, der einen so locke­ren und gleich­zei­tig genia­len Flow hat wie Lak­mann. Außer­dem ist er unglaub­lich sym­pa­thisch und hat mir eine klei­ne Review zu mei­ner ers­ten EP geschrie­ben, als ich ihm den Link geschickt habe. Das hat mich krass moti­viert und mir sei­ne Lie­be zur Musik gezeigt. Des­halb wäre ein Lakmann-​Part auf einem Coba-​Beat für mich die größ­te Ehre.

MZEE​.com: Apro­pos ande­re Rap­per: Dei­ner Mei­nung nach fehlt es den gro­ßen Künst­lern ja an State­ments und an Herz. Wel­che Bot­schaft möch­test du denn mit dei­ner Musik vermitteln?

Coba: Ich fin­de, Musik soll­te sich nicht auf den Unter­hal­tungs­wert redu­zie­ren, son­dern zum Nach­den­ken anre­gen. Gera­de Hip­Hop muss dabei für jene spre­chen, deren Stim­men nicht gehört wer­den – das ist die rie­si­ge Chan­ce, die die­ses Gen­re auf­grund des Hypes gera­de hät­te. Die­se Mög­lich­keit ver­spielt der Groß­teil der erfolg­rei­chen Rap­per, indem er sich auf Sta­tus­sym­bo­lik und Besitz­tü­mer kon­zen­triert und dabei oft kei­ne Wer­te oder sol­che, die völ­lig rück­wärts­ge­rich­tet sind, ver­mit­telt. Ich bin kein Old­schoo­ler, aber für mich ist Hip­Hop gera­de als Stim­me der Nicht-​Privilegierten eine beson­de­re Musik­rich­tung. Wenn man die Wur­zeln des Hip­Hop respek­tie­ren wür­de, dürf­te man mit sei­ner Musik nicht im Sin­ne des kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tems han­deln, das uns allen den Kopf fickt. Man darf aber auch nicht ver­ges­sen, dass es unzäh­li­ge Rap­per gibt, die noch immer wert­vol­le Musik machen, unab­hän­gig davon, ob sie damit finan­zi­ell erfolg­reich sind oder nicht.

MZEE​.com: Letz­tes Jahr hast du die EP "Wohn­zim­mer Kai­ser­stra­ße" ver­öf­fent­licht. Denkst du, dass ein Producer-​Album den­sel­ben Stel­len­wert haben soll­te wie das Album eines Rappers?

Coba: Ein gutes Rap­al­bum soll­te ein schlüs­si­ges Gesamt­bild abge­ben. Das hat viel mit der Atmo­sphä­re und der Klang­äs­the­tik der Beats zu tun, aber auch mit der Stim­me und den Tex­ten. Bewun­derns­wert ist es, wenn ein Rap­per – wie Tua – selbst sei­ne Beats pro­du­ziert und damit ein Meis­ter­werk wie "Grau" erschafft, das von vor­ne bis hin­ten im Sound und in der gan­zen Mes­sa­ge schlüs­sig ist. Wenn ein Duo sowohl rappt, als auch pro­du­ziert, wie bei Mobb Deep oder Gene­tikk, trägt das viel dazu bei, dass ein Album atmo­sphä­risch rund wird. Außer­dem umgeht man das Risi­ko der feh­len­den Wert­schät­zung für den Pro­du­zen­ten, der ansons­ten lei­der häu­fig nicht ein­mal erwähnt wird. Bei Crews wie bei­spiels­wei­se der 187 Stras­sen­ban­de ist es wie­der­um cool, dass Jam­beatz als haus­ei­ge­ner Pro­du­zent häu­fig auf Tracks erwähnt wird, was jedoch auch nach­ge­las­sen hat. Wenn ein Pro­du­zent es schafft, ver­schie­de­ne Künst­ler zu picken, auf eige­nen Beats zusam­men­zu­füh­ren und damit ein über­zeu­gen­des Kunst­werk zu erschaf­fen, soll­te das unbe­dingt wert­ge­schätzt werden.

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(Dani­el Fersch)
(Gra­fi­ken von Puffy Pun­ch­li­nes, Logo von KL52)