Rot, Gelb, Blau. Lass den Urmenschen heraus!
Schon mit seinem Debütalbum hat Ostassi Finch Asozial sämtliche Rahmen gesprengt. Geschmacklich war die Mischung aus Imagerap und Mallorca-Urlaub zwar kontrovers, der Erfolg und die Zahlen sprechen aber für sich selbst. Auch sein neuestes Album "Finchi's Love Tape" hat wieder wenig mit lyrischer oder musikalischer Finesse zu tun – die Chartplatzierung ist damit also gesichert.
Vor dem Auftritt im Bierkönig mal kurz zum Raven? Mit Finchs neuer Platte durchaus möglich. Der ostdeutsche Hasselhoff bleibt bei seinem bekannten Konzept: Es geht um Party, Kokain und Frauen. Wer intellektuelle Texte oder Tiefe erwartet, der ist selbst schuld. Romantik bedeutet, seiner dauerhaft besoffenen Freundin den Zopf beim Kotzen zu halten. Und ein richtiger Mann sein heißt, sich die Plauze mit Fleisch vollzustopfen. Diese und viele weitere zweifelhafte Messages finden sich hauptsächlich auf 90er-Beats der Stammproduzenten Dirty Dasmo und Mania Music. Die Beatmaker sorgen für eine nicht zu unterschätzende Produktionsqualität und machen ihre Instrumentals durch Referenzen an Klassiker von Scooter bis Kriss Kross recht eingängig. Letztendlich ordnen sich die Beats dann aber größtenteils zwischen New-Kids, Jamba-Spar-Abo und Schlagerromanzen ein und bleiben damit genau so stumpf wie die Lyrics des Künstlers. Für ein müdes Lächeln zwischen dem ganzen Gestampfe reicht es in seltenen Momenten doch mal. Wenn der Rapper auf einer Scooter-Hommage mit bestem deutschen Akzent Ansagen à la H.P. Baxxter macht, ist das angenehm selbstironisch, was der Platte in größeren Mengen gutgetan hätte.
Vor allem bei Imagerap lässt sich am Ende immer mit der Rolle des Rappers argumentieren. Allerdings fehlt im Fall von "Finchi's Love Tape" der zweite Boden, der das Image mit einem schlauen Twist versieht. So bleibt ein zweites Album, das sicherlich seine Zielgruppe erreichen wird, aber – plump gesagt – neben Sexismus und Drugtalk auf 90er-Beats nicht viel mehr zu bieten hat.
(Jakob Zimmermann)